Preisträger Sarto: Große Zeit der Theologie Ratzingers kommt noch
Der diesjährige Träger des Ratzinger-Preises, Pablo Blanco Sarto, sieht ein zunehmendes Interesse an der Theologie Joseph Ratzingers. "Das Beste von Ratzinger kommt noch", sagte der Theologieprofessor und Priester des Opus Dei in einem Interview mit dem spanischen Magazin "Vida Nueva" am Donnerstag. Besonders unter jungen Menschen gebe es eine große Rezeption der Figur und des Denkens Ratzingers, so Sarto. Es fehle noch eine grundlegende Übersicht über die Theologie des späteren Papstes Benedikt XVI. "Ich glaube, dass diese breite und unaufgeregte Würdigung mit der Zeit kommen wird."
Das Pontifikat Benedikts habe eine "unbeirrbare" Rezeption des theologischen Denkens Ratzingers verhindert, sagte der spanische Theologe weiter. "Es waren vielmehr Kriterien fernab von Wissenschaft und Theologie im Spiel." Von Ratzinger könnten Theologen "Ernsthaftigkeit und einen Geist der Dienstbarkeit" lernen, so Sarto. Der bayerische Theologe habe sich weder von Ideologien treiben lassen noch den Fehler begangen, Antworten schon vor dem Formulieren von Fragen zu geben.
Ökumene brauche Kopf, Herz und Hände
Ratzinger habe zudem nicht wie andere große deutsche Theologen umfangreiche dogmatische Abhandlungen vorgelegt, sondern sich den "pastoralen Notwendigkeiten der Kirche" gestellt, sagte Sarto. Sein Dienst als Erzbischof, Kardinal, Glaubenspräfekt, Papst und Papa emeritus sei eine Beschränkung der theologischen Arbeit gewesen, habe aber auch zur Größe der Theologie Ratzingers geführt, weil sie von einem "größeren Realismus" geprägt sei. Ratzinger habe aufgrund dieser Umstände seine Theologie nur "mehr schlecht als recht" realisieren können. Er habe sich in der Hervorhebung der pastoralen Dimension der Theologie "auf einer Linie mit Papst Franziskus" befunden.
Sarto selbst habe durch seine umfangreiche Beschäftigung mit dem Denken Ratzingers gelernt, wie bedeutend die Vernunft im Christentum sei. "Aber auch Themen, wie die Idee von Kirche des Zweiten Vatikanums, die Bedeutung der Liturgie, die Notwendigkeit der biblischen Exegese, die zentrale Bedeutung der Christologie." Beim Thema der Ökumene habe er von Ratzinger gelernt, "dass sie Kopf, und auch Herz und Hände haben muss", sagte Sarto. Ratzinger sei sein großer Lehrmeister der Theologie gewesen.
Der 59-jährige Sarto lehrt an der spanischen Universität von Navarra, die sich in Trägerschaft des Opus Dei befindet, Ökumene, Sakramententheologie und Seelsorge. Er ist Autor zahlreicher Schriften über das Leben, Denken und Werk Ratzingers und arbeitet unter anderen mit dem Institut Papst Benedikt XVI. in Regensburg zusammen. Gemeinsam mit dem zweiten Preisträger, dem katalanischen Philosophen Francesc Torralba, erhält Sarto den Ratzinger-Preis am 30. November im Vatikan. Die "Vatikanische Stiftung Joseph Ratzinger – Benedikt XVI." vergibt den Preis seit 2011 jährlich für herausragende Beiträge zum wissenschaftlich-theologischen Diskurs. Bislang wurden mehr als zwei Dutzend Personen aus rund 16 Ländern prämiert. In diesem Jahr wird der Preis erstmals nach dem Tod Benedikts XVI. an Silvester vergangenen Jahres verliehen. (rom)