Kölner Kirchengericht verurteilt Geistlichen

Missbrauch: Priester aus Bistum Trier wird aus Klerikerstand entlassen

Veröffentlicht am 23.11.2023 um 12:24 Uhr – Lesedauer: 

Trier ‐ Er wurde des sexuellen Missbrauchs mehrerer Minderjähriger für schuldig befunden: Nun wird der 69-jährige Trierer Priester aus dem Klerikerstand entlassen. Der Fall beschäftigt die Kirche schon seit etlichen Jahren.

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Nach fünf Jahren Verfahren gibt es für Betroffene, den Beschuldigen und Verantwortliche Klarheit: Das Kölner Kirchengericht hat einen Priester aus dem Bistum Trier des sexuellen Missbrauchs mehrerer Minderjähriger für schuldig befunden. Wie das Bistum am Donnerstag mitteilte, wird der 69-Jährige aus dem Klerikerstand entlassen. Im Kirchenrecht ist das die höchste Strafe für Missbrauchstaten. Gegen die Entscheidung kann der Priester Einspruch bei der Glaubensbehörde im Vatikan einlegen.

Auch von einem staatlichen Gericht wurde der Mann zwischenzeitlich wegen sexueller Nötigung eines 14-Jährigen rechtskräftig verurteilt. Das Landgericht Saarbrücken verhängte im Februar eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Mehrere Staatsanwaltschaften hatten in der Vergangenheit aufgrund von Beschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt gegen den Priester ermittelt, die Verfahren aber unter anderem wegen Verjährung eingestellt.

Der Prozess vor dem Kirchengericht Köln lief seit 2018. Die Kirche befasst sich jedoch bereits deutlich länger mit Vorwürfen gegen den früher im Saarland tätigen Priester. Sie steht für ihren Umgang mit dem Fall, dem Priester und Betroffenen in der Kritik. Ein Kritikpunkt ist, dass das Bistum Trier nach einer Anzeige 2006 bereits Hinweise zu Anschuldigungen hatte, diesen aber nicht ausreichend nachging. Der Mann arbeitete bis 2015 als Priester in seiner Gemeinde. Deshalb bearbeitete nach einer Anordnung des Vatikans auch das Kirchengericht in Köln den Fall.

Bischof Stephan Ackermann steht in einem Kreuzgang in Trier
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht (Archivbild)

Triers Bischof Stephan Ackermann begrüßte den Abschluss des Prozesses.

Das Kirchengericht befand den Priester den Angaben zufolge in allen fünf berücksichtigten Fällen für schuldig. Darüber hinaus erkennt das Bistum Trier weitere Personen als Betroffene an. Deren Fälle wurden demnach im Verfahren nicht berücksichtigt, weil sie entweder zum Tatzeitpunkt nicht minderjährig waren oder Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine ausreichenden Hinweise ergaben. Alle Betroffenen können Zahlungen in Anerkennung ihres Leides beantragen, wie das Bistum bestätigte. Vier Anträge gegen den Priester seien in diesem Jahr eingereicht und bisher zwei bewilligt worden.

Ackermann begrüßt Abschluss des Prozesses

Bischof Stephan Ackermann begrüßte den Abschluss des Prozesses. Er wisse, dass es für Betroffene belastend gewesen sei, so lange auf eine Entscheidung zu warten. "Ich hoffe und wünsche den betroffenen Personen, dass sie nun, wo das Gericht den Priester schuldig gesprochen und damit die Aussagen der Betroffenen als glaubhaft erachtet hat, eine Art Abschluss und vielleicht Frieden finden können", betonte er. Er wiederholte zudem, dass im Umgang mit dem Fall und Betroffenen "Fehler passiert" seien. Mehrere hochrangige Geistliche hatten mit dem Fall zu tun – darunter die heutigen Bischöfe von Trier, München und Limburg, Ackermann, Reinhard Marx und Georg Bätzing.

Der Betroffene Timo Ranzenberger sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er sei "heilfroh", dass es nach einer "gefühlten und gelebten Ewigkeit" nun ein kirchenrechtliches Urteil gebe. Die Entscheidung sei im Sinne der Opfer, da die Übergriffe nun belegt seien. Er freue sich, dass niemand mehr behaupten könne, die Vorwürfe gegen den Priester seien erfunden und der Mann Opfer einer Rufmord-Kampagne. Er wünsche sich, dass die Aufarbeitungskommission im Bistum zügig auch Fehler der mit dem Fall befassten Bischöfe und Vorgesetzten des Priesters untersuche. Ranzenberger hatte den Priester 2006 angezeigt.

In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Zwischenbericht hatte die Aufarbeitungskommission ebenfalls den Umgang des Bistums mit dem Fall und die lange Laufzeit des kirchenrechtlichen Prozesses kritisiert. Das habe zur Frustration und Verbitterung der Betroffenen beigetragen und ihnen den Eindruck vermittelt, dass die Kirche keine ernsthafte Aufarbeitung wünsche. Der Fall werde zudem in einer historischen Studie untersucht. (KNA)

23.11., 13:45 Uhr: Ergänzt um weitere Details.