"Hätte gewünscht, dass der Brief stärker wahrgenommen würde"

Papst kritisiert erneut Rezeption seines Briefes zum Synodalen Weg

Veröffentlicht am 04.01.2024 um 11:09 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ 2019 schrieb Papst Franziskus einen mahnenden Brief zum damals noch jungen Synodalen Weg der Kirche in Deutschland – Beachtung fand das Schreiben nach Ansicht des Pontifex in Deutschland aber zu wenig. Das hat er bei einer Begegnung mit deutschen Publizisten nun erneut deutlich kritisiert.

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Papst Franziskus hat sich erneut kritisch zur Rezeption seines Briefes zum Synodalen Weg durch die katholische Kirche in Deutschland geäußert. "Die Kirche in Deutschland hat einen synodalen Weg eingeschlagen, zu dem ich 2019 einen Brief geschrieben habe, von dem ich wünschte, dass er stärker wahrgenommen, bedacht und umgesetzt würde", sagte Franziskus am Donnerstag bei einer Begegnung mit einer Delegation der Gesellschaft katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP) im Vatikan. Anlass des Treffens war das 75-jährige Bestehen der Vereinigung.

Sein Brief habe zwei Aspekte zum Ausdruck gebracht, die er für grundlegend halte, "um nicht auf Abwege zu geraten", so der Papst weiter. "Da ist vor allem die Pflege der geistlichen Dimension, also die konkrete und beständige Angleichung an das Evangelium und nicht an die Leitbilder der Welt, indem man die persönliche und gemeinschaftliche Umkehr durch die Sakramente und das Gebet wiederentdeckt, die Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist und nicht gegenüber dem Zeitgeist." Wichtig sei zudem die universale Dimension – die katholische Dimension –, damit das Glaubensleben nicht als etwas begriffen werde, das sich bloß auf den eigenen kulturellen und nationalen Bereich beziehe. "Die Teilnahme am Prozess der Weltsynode ist unter diesem Gesichtspunkt hilfreich", so Franziskus.

Mit sich selbst beschäftigte Kirche "erkrankt an Selbstbezogenheit"

Er betonte zudem, dass es "in jedem Fall" wichtig sei, keine nach innen gerichtete Haltung einzunehmen, sondern "hinauszugehen", um die christliche Botschaft in alle Bereiche des Lebens zu tragen und dabei die heute verfügbaren Mittel und Möglichkeiten zu nutzen. "Eine Kirche, die sich hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, erkrankt an Selbstbezogenheit", mahnte der Papst.

Joachim Frank
Bild: ©KNA

"Wir nehmen den Appell des Papstes mit, in unserer Arbeit als Journalistinnen und Journalisten von den Problemen und Hoffnungen der Menschen auszugehen und dabei – wenn nötig – gegen den Strom zu schwimmen", sagte der GKP-Vorsitzende Joachim Frank nach der Begegnung mit Franziskus.

In dem Ende Juni 2019 veröffentlichten Brief "an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" hatte der Papst einerseits das Engagement und die Reformanstrengungen der deutschen Katholiken gelobt. Zugleich mahnte er jedoch die Einheit mit der Weltkirche an. Leitkriterium der Erneuerung müsse die Evangelisierung sein. Die Kirche dürfe nicht als Organisation verstanden werden, die man allein über Strukturdebatten, eine bessere Verwaltung und einen perfekten Apparat verändern könne. Nicht eine Anpassung an den Zeitgeist, Umfragen und Medien dürften den Reformprozess bestimmen.

Päpstlicher Appell an katholische Medienschaffende

Mit Blick auf die gesellschaftliche Situation in Deutschland sagte Franziskus, dass es auch in einem wohlhabenden und hochentwickelten Land "nicht wenige Nöte" gebe. Unter anderem erwähnte er in diesem Zusammenhang das Problem der Kinderarmut, die teilweise schwierige finanzielle Situation von Familien sowie die Situation von Migranten und Flüchtlingen, die Deutschland in großer Zahl aufgenommen habe. "Dort wartet der Gott der Liebe auf die frohe Botschaft unserer Nächstenliebe. Er wartet auf Christen, die hinausgehen und sich zu den Menschen begeben, die am Rande stehen." Dazu brauche es auch Medienschaffende, die die Geschichten und Gesichter derjenigen ins Bewusstsein holten, auf die kaum jemand oder niemand achte.

An die anwesenden katholischen Publizisten gerichtet ergänzte Franziskus: "Wenn Sie also etwas mitteilen, denken Sie immer an die Gesichter der Menschen, besonders der Armen und der Einfachen, und gehen Sie von ihnen aus, von ihrer Wirklichkeit, von ihren Problemen und ihren Hoffnungen, auch wenn dies bedeutet, gegen den Strom zu schwimmen und sich die Sohlen abzulaufen." Der GKP-Vorsitzende Joachim Frank sagte dazu nach der Begegnung mit dem Pontifex: "Wir nehmen den Appell des Papstes mit, in unserer Arbeit als Journalistinnen und Journalisten von den Problemen und Hoffnungen der Menschen auszugehen und dabei – wenn nötig – gegen den Strom zu schwimmen. Auf dem Synodalen Weg hat auch die deutsche Kirche den Versuch unternommen, den Anliegen der Menschen und dem Wunsch vieler Katholikinnen und Katholiken nach einer Kirche auf der Höhe der Zeit gerecht zu werden. Vielleicht müsste das aus der Berichterstattung auch in Rom noch deutlicher werden." (stz)

04.01.24, 11:45 Uhr: Ergänzt um weitere Aussagen des Papstes und ein Zitat des GKP-Vorsitzenden.