Knop und Kranemann kritisieren vatikanisches Segensdokument
Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop und der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann halten die Segenserklärung des vatikanischen Glaubensdikasteriums für keinen Grund zum Jubeln, dafür sei die Krise der Kirche zu schwer und der Vertrauensverlust zu groß. In einem am Montag auf dem Blog der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt veröffentlichten Kommentar schreibt die Dogmatikerin, das Dokument sei keine "angemessene Antwort auf die Vertrauensfrage der Katholiken", vor allem jener, die wegen ihrer sexuellen Identität von der Kirche "verurteilt und ausgeschlossen werden". Es reiche nicht aus, "queere Paare nebenbei zu segnen", dafür sei die Schuld der Kirche zu groß.
Knop kritisiert in ihrem Beitrag unter anderem die traditionelle Ekklesiologie, das veraltete Verständnis von Sakramenten und Liturgie sowie die "paternalistisch konzipierte" Seelsorge. Die kulturellen und politischen Entwicklungen in Bezug auf die Gleichstellung von LGBTQ-Personen scheinen "nicht der Rede wert", da die Kirche keine Selbstkritik in Bezug auf die Sexuallehre übe. Die Segenserklärung "Fiducia supplicans", mit der der Vatikan vor Weihnachten die Segnung homosexueller und wiederverheirateter Paare unter bestimmten Umständen erlaubt hatte, sei nichts anderes als "ein Armutszeugnis und eine pastorale Zumutung". Sie wirft Papst Franziskus vor, das ideologische Gerüst von Kirche und Morallehre nicht aufbrechen zu wollen. Ihm ginge es nur darum, die kirchlichen Kulturen zu verändern, nicht aber die Hierarchie und die Morallehre. "Eine Revision der kirchlichen Ämter und Strukturen kommt aber nicht in Frage", so Knop.
Fixierung auf Irregularität
Der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann schließt sich der Kritik Knops zum vatikanischen Segensdokument an. "Geht es den Texten überhaupt um den Segen eines Paares? Kein Mal ist mit Blick auf die Paare von einer Liebesbeziehung die Rede, so sehr dominiert die Fixierung auf die Irregularität", so Kranemann in seinem Kommentar. Für ihn ist ein solcher Segen peinlich, "einer Kirche und der Menschen unwürdig". Auch das Beispielgebet habe nichts mit einer Paarsegnung zu tun.
Kranemann kritisiert unter anderem die Unterscheidung zwischen Liturgie und Ritual sowie die Vorstellung, dass die Gläubigen leicht verwirrt werden könnten. Nach den Erläuterungen des vatikanischen Glaubensdikasteriums müssten ein einfaches Gebet und ein Kreuzzeichen genügen. "Was wäre weniger Ritual als ein Segensgestus? Und was weniger ritualisiertes Sprechen als ein Gebet, das mit verschiedenen Anliegen an Gott gerichtet ist", schreibt er. Für ihn gibt es keinen Segen, "der nicht in irgendeiner Weise Ritual ist". Da helfe es auch nicht, einen solchen Segen als "Angelegenheit von 10 oder 15 Sekunden zu deklarieren", etwas "das schnell abgetan ist". Das entspreche in keiner Weise dem pastoralen Anliegen des Papstes, betont der Liturgiewissenschaftler.
Positiv hervorgehoben werde aber der Schutz Homosexueller vor Gewalt und Todesstrafe sowie die Verteidigung der Menschenwürde. Dennoch stelle sich die Frage, ob mit einer solchen Segnung nicht eher ein diskriminierender Segen propagiert werde, so Kranemann abschließend. (mtr)