Beinert: Argumente gegen Frauenweihe "stehen auf sehr tönernen Füßen"
Der Regensburger Theologe und frühere Ratzinger-Schüler Wolfgang Beinert sieht keinen hinreichenden theologischen Grund gegen eine Priesterweihe für Frauen in der katholischen Kirche. Auch das oft zitierte Papstschreiben "Ordinatio Sacerdotalis" Johannes Pauls II. von 1994 habe nur die Geltungskraft einer Mitteilung, sagte Beinert der "Rheinischen Post" (Dienstag). Alle Argumente darin seien, "um es vorsichtig zu sagen, schwach und stehen auf sehr tönernen Füßen".
Von der großen Mehrzahl ernstzunehmender Theologen würden sie darum auch nicht akzeptiert, sagte Beinert. Der einzige Grund für die Verweigerung einer Priesterinnenweihe sei die Tradition. Diese sei aber nicht gottgegeben, sondern von Menschen in etlichen Jahrhunderten so geschaffen worden, argumentiert der 90-Jährige. Johannes Paul II., dem Papst aus Polen, wirft Beinert einen versuchten Rollback der Vorhaben des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) vor; unter anderem im Sinne einer überholten Sexualmoral.
Beinert fordert darüber hinaus eine dringende Reform des Priesteramts: "Es wäre doch überhaupt nichts gewonnen, wenn heute auch Frauen einfach nur geweiht werden dürfen, und alles andere bliebe beim Alten." Mit Frauen als Priester müsse die Hierarchie in der Kirche vollkommen neu bedacht werden. Zu einem historischen Vorbild des Frauenpriestertums, Maria Magdalena, sagte der Marienforscher: "Man könnte ein wenig zugespitzt formulieren: Wenn Maria von Magdala nicht vom auferstandenen Jesus beauftragt worden wäre, die Osterbotschaft zu verkünden, dann wüssten wir sie heute noch nicht."
Synodaler Weg als kalte Dusche
Der einstige Ratzinger-Schüler sieht die katholische Kirche an einem Scheideweg: "Entweder sie bleibt dort, wo sie jetzt ist – dann wird sie zumindest auf der nördlichen Halbkugel zu einer großen Sekte verkümmern. Oder sie geht den Weg der Reformen; dann kann ihre wunderbare Botschaft wieder aufblühen." Reformen bräuchten aber Zeit, so Beinert; und da sei der Synodale Weg in Deutschland für die Gesamtkirche wie eine kalte Dusche gewesen. Aber: "irgendeiner musste anfangen", so Beinert. "Diesmal war es die katholische Kirche in Deutschland. Und der, der zum ersten Mal etwas anderes macht, wird meistens verdammt."
Der Kirche schreibt der 90-jährige Dogmatiker ins Stammbuch: "Wir müssen immer wieder neu lernen. Veränderungen sind ein Zeichen von Vitalität. Den Status, an dem sich nichts ändert, nennen wir Tod. Wenn ich mich Veränderungen verweigere, stehe ich langsam, aber kontinuierlich auf der Seite der Verlierer." – Wolfgang Beinert wurde 1933 in Breslau geboren. Er studierte Theologie und Philosophie in Bamberg und Rom, wo er 1959 zum Priester geweiht wurde. 1972 wurde er Professor für Dogmatik in Bochum, ab 1978 bis zu seiner Emeritierung 1998 in Regensburg. Beinert ist Herausgeber des "Lexikons der katholischen Dogmatik" und des "Handbuchs der Marienkunde". Zu seinen jüngeren Veröffentlichungen zählt das Buch "Kann man dem Glauben trauen?". (KNA)