DBK-Vollversammlung: Neuer synodaler Konflikt in der "Friedensstadt"
"Trotz eines vollen Programms hoffe ich, dass meine Mitbrüder im bischöflichen Dienst auch etwas Zeit haben werden, die Schönheit und den Geist der Friedensstadt Augsburg aufzunehmen", sagte der Gastgeber, Augsburgs Bischof Bertram Meier, vergangene Woche. Doch dafür dürften die deutschen Bischöfe nun eher keinen Kopf mehr haben. Denn wenige Tage vor dem Beginn ihrer Frühjahrsvollversammlung gab es erneut einen Brief aus dem Vatikan zum Synodalen Weg – die nächste Intervention in einer inzwischen schon ziemlich langen Reihe. Darin werden sie gebeten, ihre Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses von der Tagesordnung ihrer an diesem Montag beginnenden Frühjahrsvollversammlung zu streichen. In der "Friedensstadt" – so wird Augsburg wegen seiner Historie genannt – dürften daher erneut kontroverse Debatten unter den deutschen Diözesan- und Weihbischöfen anstehen.
Mit dem Synodalen Ausschuss startete zuletzt ein Zwischenschritt in dem 2019 begonnenen Reformprozess der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Er soll sich weiter um bestimmte Reformthemen kümmern und schließlich in einen bundesweiten Synodalen Rat aus Bischöfen, Priester und Laien münden. Der Konflikt ist bekannt: Der Vatikan ist gegen die Einführung eines Synodalen Rates, weil er ihn im Gegensatz zur sakramentalen Amtsstruktur der Kirche sieht. Vier deutsche Diözesanbischöfe verweigerten ihre Zustimmung zur Finanzierung des Synodalen Ausschusses, sodass diese nicht über den Verband der deutschen Diözesen (VDD) erfolgen kann – und kündigten folglich ihre Nicht-Teilnahme an. Reformbefürworter sehen einen Synodalen Rat vom Kirchenrecht gedeckt, da die Letztverantwortung für Entscheidungen bei den Bischöfen bleibe.
Appobation stünde in "Widerspruch"
Trotz aller Debatten kam der Synodale Ausschuss vergangenen November zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen und erarbeitete eine Satzung, über die die Bischofskonferenz in Augsburg eigentlich abstimmen wollte. Der Vatikan weist in seiner neuesten Intervention erneut auf die päpstlich approbierte Aufforderung vom Januar 2023 hin, die Einrichtung eines Synodalen Rates nicht weiter zu verfolgen. Er wiederholt seine Bedenken, um schließlich deutlich zu werden: Ein Organ wie der Synodale Rat sei "vom geltenden Kirchenrecht nicht vorgesehen und daher wäre ein diesbezüglicher Beschluss der DBK ungültig – mit den entsprechenden rechtlichen Folgen". Hier klingt das Wort "Schisma" mit.
Und auf einen weiteren Punkt verweist der neue vatikanische Brief: Die deutschen Bischöfe und die Römische Kurie hatten vereinbart, die ekklesiologischen Fragen, die der Synodale Weg behandelt hat, gemeinsam bei einem kommenden Treffen zu vertiefen. "Sollte das Statut des Synodalen Ausschusses vor diesem Treffen verabschiedet werden, stellt sich die Frage nach dem Sinn dieses Treffens und ganz allgemein des laufenden Dialogprozesses", heißt es.
Die deutschen Bischöfe wollen es offenbar nicht auf einen Eklat ankommen lassen: Die Abstimmung über den Synodalen Ausschuss sei von der Tagesordnung genommen worden, teilte die DBK am Wochenende mit. Sie ist zumindest bis auf Weiteres aufgeschoben. Dass ZdK-Vertreter dafür wenig Verständnis aufbringen würden, war erwartbar. Das Laienkomitee, das seinerseits bereits für die Satzung votiert hatte, forderte die Bischöfe auf, trotzdem abzustimmen. "Ich gehe davon aus, dass die deutschen Bischöfe verlässlich zu ihren eigenen Beschlüssen stehen. Wir erwarten eine zeitnahe Entscheidung, die Ratifizierung der Satzung und die konstruktive Weiterarbeit auf dem Synodalen Weg", sagte ZdK-Vizepräsident Thomas Söding. Auch viele Bischöfe fühlen sich an die Beschlüsse des Synodalen Wegs gebunden – Diskussionen sind vorprogrammiert.
Weitere spannungsreiche Themen
Durch das neuerliche Einschreiten des Vatikans beim Synodalen Weg rücken die anderen Themen, die die Bischöfe besprechen wollen, schon vorab in den Hintergrund – obwohl deren Ergebnisse durchaus mit Spannung erwartet werden können. So soll ein weiterer Schwerpunkt der Beratungen eine erste Sondierung zu der im November vergangenen Jahres veröffentlichten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) sein. Diese beschreibt schonungslos die Lage der Kirchen in Deutschland: gesunkene Kirchenbindung, kaum noch Vertrauen, hohe Austrittszahlen. Die Studie zeigt aber auch, dass die Menschen nicht gleichgültig gegenüber den Kirchen eingestellt sind. Bezüglich der nötigen Konsequenzen aus der KMU-Studie gab es zuletzt viele Wortmeldungen von Theologinnen und Theologen: Während die einen sich darin bestätigt sehen, weiterhin unter dem Vorzeichen der Anschlussfähigkeit strategische Allianzen mit der Zivilgesellschaft einzugehen, betonen die anderen, dass eine Rückbesinnung auf die Kernaufgabe der Kirche notwendig und gerade die akademische Theologie gut beraten ist, verstärkt über die Sinngehalte des Glaubens nachzudenken.
Mit viel Interesse wird auch erwartet, wie sich die Bischofskonferenz angesichts der aktuellen politischen Stimmungslage im Land positioniert. Angekündigt sind Beratungen zur "Zukunft der Demokratie im Wahljahr 2024". Bei der Europawahl im Mai und drei Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern werden starke Zugewinne für die AfD erwartet. Gleichzeitig machen sich viele Menschen in Deutschland Sorgen vor einem Rechtsruck und gingen in den vergangenen Wochen dagegen auf die Straße. Die deutschen Bischöfe sehen das angesichts des Erstarkens rechtsextremer Kräfte ähnlich. Viele unterstützen die Demonstrationen nicht nur im Stillen oder mit Grußbotschaften, sondern nehmen an ihnen teil. Die Bischöfe der Ost-Bistümer sprachen sich zuletzt in einer gemeinsamen Stellungnahme dezidiert gegen Parteien wie die AfD aus. Hinter diese wird die gesamte Bischofskonferenz nur schwer zurückkönnen – auch wenn manche Bischöfe einen differenzierten Blick vor allem auf die Wähler der AfD anmahnen.
Wenige Tage nach dem Ende der Vollversammlung steht ein trauriger Jahrestag an: Vor zwei Jahren, am 24. Februar, begann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Gerade dieser hat die Frage nach der christlichen Friedensethik neu aufgeworfen, da er auch ein Frontalangriff auf die westliche Idee von einer freien Gesellschaft ist. Die Bischofskonferenz will sich mit einem neuen Friedenswort in die Debatte einbringen, das den Titel "Friede diesem Haus" trägt und in Augsburg vorgestellt wird. Laut Bischofskonferenz ist es der Versuch, die Friedensbotschaft des Evangeliums im Angesicht der aktuellen weltpolitischen Situation "prinzipienfest, aber auch nuanciert und wirklichkeitsgerecht zur Sprache zu bringen". Denn die reine Lehre vom christlichen Pazifismus, an der viele christliche Friedensaktivisten nach wie vor festhalten, scheint angesichts der Weltlage utopischer denn je.
Und sonst? Auch das Heilige Jahr 2025 und die internationale Ministrantenwallfahrt nach Rom im kommenden Sommer sind Gegenstand der Besprechungen. Darüber hinaus werden aller Voraussicht nach zwei Texte für das Hochgebet in Leichter Sprache approbiert. Dies wurde bereits am Ende der vergangenen DBK-Herbstvollversammlung angekündigt.
Was die Schönheit und den Geist von Augsburg angeht, von denen Bischof Meier sprach: Für ein besonderes Bauwerk nehmen sich seine Amtsbrüder trotz allem eventuell doch gerne Zeit: Auf dem Weg zwischen Dom und der Basilika St. Ulrich und Afra, in deren Nähe sich der Tagungsort der Bischöfe befindet, liegt die Kirche St. Peter am Perlach mit dem berühmten Marienbild der Knotenlöserin, von dem Papst Franziskus ein großer Fan ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere Bischof in den nächsten Tagen die Gottesmutter um Hilfe für die Lösung so mancher Knoten bitten wird.