Synodaler Ausschuss: Das sagen die Mitglieder zum Vatikan-Brief
Drei Tage vor der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Augsburg ist die geplante Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses vom Vatikan gestoppt worden. In einem Schreiben forderte Rom die deutschen Bischöfe auf, ihre Abstimmung abzusagen. Rom verwies auf die Rolle des Bischofsamtes und geplante Gespräche zwischen dem Vatikan und der Deutschen Bischofskonferenz. Wie die nichtbischöflichen Mitglieder des Synodalen Ausschusses die Intervention aus Rom aufgenommen haben und welche Schritte sie nun von den deutschen Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken erwarten, erläutern sie gegenüber katholisch.de.
"Dass Briefe aus Rom kurz vor Vollversammlungen eingehen, gehört inzwischen zur Normalität", sagt Ausschuss-Mitglied Thomas Arnold wenig überrascht. Der jetzige Brief habe jedoch eine neue Qualität. "Als die Bischöfe zum ad-limina-Besuch in Rom waren, forderte man von ihnen ein Moratorium des Synodalen Wegs. Die neue Intervention ist das beim ad-limina-Besuch geforderte Moratorium durch die Hintertür", so Arnold. Nun müsse man aufhören, die Haltung Roms schön zu reden und "endlich akzeptieren: Rom will die nächsten Schritte – noch – nicht". Für die weitere Arbeit des Synodalen Ausschusses sieht Arnold keine rechtliche Grundlage. Er warnt davor, nun "den nächsten Kniff" anzuwenden, um die Arbeit doch weiterzumachen. "Jetzt ist es an der Zeit, sich ehrlich zu machen und mit Rom und den Gegnern in Deutschland das Gespräch zu suchen." Das werde auf schnelle Reformen Hoffende massiv enttäuschen. "Aber wer wenigstens kleine Schritte gehen will, wird um diesen Weg nicht umhinkommen", so Arnold. Es sei zudem an der Zeit, dass die deutschen Bischöfe ihre internen Konflikte überwänden. "Ich halte es nicht für unmöglich, in der verfahrenen Situation Vermittler im Kardinalsrang zu nutzen, auch um mit Rom eine Verständigung zu finden", so Arnold. Er warnt davor, "wie Schlafwandler in einen Bruch" hineinzulaufen. Niemand wolle die Einheit mit Rom aufgeben. "Vielleicht wäre es auch ein Zeichen aus Deutschland, von DBK und ZdK einen Ort des Denkens einzurichten, wie Evangelisierung in Deutschland gelingen kann." Das sei die am wenigsten eingelöste Erwartung von Papst Franziskus nach seinem Brief von 2019.
Pastoralreferent Konstantin Bischoff aus München ärgert vor allem Stil und Zeitpunkt der römischen Intervention. Vieles darin sei inhaltlich falsch und könnte "durch genauere Lektüre der Inhalte" ausgeräumt werden. Die Kommunikation frustriere die Gläubigen in Deutschland. Das wäre vermeidbar, so Bischoff. Die Grundsätzlichkeit, mit der die römischen Behörden die deutschen Reformanliegen angingen, zeige dass sie einen Nerv träfen, sagte Bischoff. Er wolle weiter "nach evangeliumsgemäßeren Strukturen suchen und sie in die Diskussionen einbringen, damit auch in einer hierarchischen Kirche Machtmissbrauch, so gut es eben geht, verhindert werden kann". Evangelisierung sei schließlich immer auch Selbstevangelisierung, so Bischoff. Von den deutschen Bischöfen erwartet er, dass sie die positiven Erfahrungen auf dem Synodalen Weg "deutlich und selbstbewusst" in Rom einbringen. "Gerade weil die zentrale Aufgabe von Bischöfen ist, die Sorge um die Kirche an je ihrem Ort im Blick zu haben, müssen sie jetzt die Positionen des Synodalen Weges einbringen in die weltkirchliche Debatte." Das ZdK sieht er in der Pflicht, darauf zu drängen, in Gespräche einbezogen zu werden.
"Ich werde mittlerweile müde daran, Teil eines Systems zu sein, dass die Verhinderung der Weiterentwicklung zu seinem Markenkern macht und den Geist bei so vielen Gläubigen auslöscht", sagt der Generalsekretär des Sozialdienstes katholischer Männer (SKM), Stephan Buttgereit. In der römischen Intervention zeige sich der "Reflex von untergehenden Systemen, in Ermangelung von Zuversicht und Visionen, ängstlich und machtvoll an dem Alten festzuhalten und dafür bis zum Untergang zu kämpfen". Die "chronische Gesprächsverweigerung, die wir aus Rom heraus erleben, führt in die Handlungsunfähigkeit aller Beteiligten", so Buttgereit. Die römische Intervention habe die deutschen Bischöfe in eine unhaltbare Situation gebracht. "Die Entscheidung, den Tagesordnungspunkt zum Synodalen Ausschuss von der Tagesordnung zu nehmen, wird die DBK mit einem erneuten Vertrauensverlust 'bezahlen' müssen", glaubt er. Die Beschädigung der deutschen Bischöfe habe Rom wissentlich in Kauf genommen. Ihm stelle sich die Frage, wie die Bischöfe auf die nächste Sitzung des Synodalen Ausschusses im Juni zugehen wollten: "Ich denke nicht, dass sie auf das Verständnis der anderen Ausschussmitglieder hoffen können." Er selbst erwarte immer weniger von den deutschen Bischöfen, so der SKM-Generalsekretär. Die Treue zu den Gläubigen solle handlungsleitend für die Haltung eines Bischofes in der Kommunikation mit Rom sein. Er sehe zwar das Dilemma, in denen sich die Bischöfe befänden, jedoch könne er sie nicht aus dem Dilemma befreien. "Dieses Dilemma müssen sie, in echter Leiterschaft, für sich selber lösen."
Die römische Intervention zeige den fehlenden Kommunikationsstil zwischen deutschen Bischöfen und Vatikan, sagt Professorin Margit Eckholt. Das römische Schreiben habe einen hohen kirchlichen Stellenwert, da es weltweit wahrgenommen und kommentiert werde. Es argumentiere auf einer rein formalen und juristischen Ebene, die Einbettung in eine theologische Reflexion fehle. "Die Weltsynode im Oktober 2023 hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, aus dem Hören auf die unterschiedlichen pastoralen und kulturellen Dynamiken in den verschiedenen Ortskirchen eine neue Kunst des Argumentierens auch in der Kurie zu entwickeln." Eckholt fordert rechtliche Regelungen, wie das Bischofsamt in synodale Strukturen einzubetten sei. Insgesamt brauche es eine "neue Kultur des Miteinanders", das zu "einer Anerkennung der konkreten Nöte der Kirche in Deutschland und der Wertschätzung der Gestalt von Synodalität, wie sie dem von einer demokratischen Kultur geprägten Katholizismus in Deutschland entspricht" führe.
Stefan Eschbach aus dem Diözesanrat des Erzbistums Freiburg sieht im römischen Brief "eine weitere Eskalationsstufe in einem Konflikt zwischen Deutscher Bischofskonferenz und Rom". Dieser Streit werde zu einem existentiellen Problem, so Eschbach. Er erwarte, dass die deutschen Bischöfe synodaler miteinander umgingen. "Wir brauchen Menschen, die neue Konzepte und Lösungsansätze entwickeln und nicht schwache und zerstrittene Bischöfe", meint Eschbach. Vom ZdK erhofft er sich eine Stärkung der internationalen Vernetzung. Gerade die Erfahrungen der Amazonassynode könnten wichtige Hinweise für die synodalen Prozesse in Deutschland und Europa liefern.
Christian Gärtner, Diözesanratsvorsitzender im Bistum Eichstätt, zeigte sich vom Zeitpunkt der Intervention überrascht: "Offensichtlich wollte man mit dieser Überrumpelungstaktik verhindern, dass die reformwilligen Kräfte in der Bischofskonferenz sich noch auf eine angemessene Gegenstrategie hätten verständigen können", so Gärtner. Zwar hänge der Ausschuss nach dem Stoppschild "erst einmal weiter in der Luft", dennoch seien die Beschlüsse des Synodalen Weges eine "gute theologische Grundlage für die weitere Debatte über notwendige Reformen in der katholischen Kirche – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit". Er engagiere sich seit über 40 Jahren in der Kirche – nicht wegen des Papstes oder der Bischöfe. Deswegen sei es schade, dass er sich "inzwischen immer wieder mit bischöflichen Machtkämpfen auseinandersetzen muss, auf einem Weg, der – auch nach dem Willen des Papstes – eigentlich ein synodaler, gemeinsamer Weg des Glaubens sein sollte".
„Die Verweigerung von Reformen, die ausdrücklich innerhalb des Kirchenrechts stattfinden sollen, macht fassungslos.“
Die ehemalige KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth zeigt sich "zutiefst enttäuscht" über den römischen Stopp. "Die Verweigerung von Reformen, die ausdrücklich innerhalb des Kirchenrechts stattfinden sollen, macht fassungslos." Es zeige "erneut die Unfähigkeit zum Gespräch zwischen römischer Kurie und DBK". Die Gesprächsverweigerung gegenüber Vertretern des ZdK widerspreche "mitteleuropäischen Umgangsformen und den Grundnormen christlichen Miteinanders", so Flachsbarth. Das Verhalten "einer Minderheit der deutschen Bischöfe, denen es offenbar immer wieder gelingt, in Rom Misstrauen gegen das deutsche Reformprojekt zu streuen", lasse sie ratlos zurück. "Was macht sie eigentlich so sicher, dass nur ihnen Gottes Geist den Weg in die Zukunft weist, nicht aber der Mehrheit ihrer Amtsbrüder, die den Synodalen Weg gehen wollen?", sagt Flachsbarth. Sie erwartet, dass der von DBK und ZdK eingeschlagene Weg weitergehe.
Andrea Heim, Bundesgeschäftsführerin der katholischen Erwachsenenbildung, fragt sich, warum "die Loyalität der Bischöfe immer in Rom und nie bei den vielen Menschen liegt, die mit der Kirche hadern und sich Veränderungen wünschen". Von den deutschen Bischöfen verlangt sie nun, dass sie den "Urgrund des Synodalen Wegs – die systematische sexualisierte Gewalt – nicht vergessen und wie einstimmig beschlossen im Synodalen Ausschuss mitarbeiten". Das ZdK dürfe allerdings nicht auf alle Kompromisse eingehen, findet Heim. "Viele Stimmen werden nicht gehört", sagt sie und befürchtet, dass toxische Strukturen, die "physische und psychische Gewalt ermöglichen, bestehen bleiben".
Lisa Holzer vom Bundesverband der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), ist "genervt, verärgert und ungeduldig". Sie habe den Eindruck, die Einschränkungen und Blockaden seien Zusatzbelastungen, die "an der Motivation, sich für eine zukunftsfähige Kirche einzusetzen, zerren". Holzer ist unter anderem verärgert, weil Rom gemeinsame Beratungen und Entscheidungen nicht als Mehrwert ansehe. Dabei seien strukturelle Reformen dringend nötig, so Holzer. Die deutschen Bischöfe sollten dabei an den Reformen festhalten. "Vom ZdK erhoffe ich mir eine klare Haltung, die weiterhin deutlich macht, dass wir Nicht-Bischöfe sehr gerne und mit Überzeugung an unserer Kirche mitbauen. Dazu sind wir aber nur bereit, wenn sich die Bemühungen auch lohnen", sagt Holzer. "Zudem muss auch deutlich gemacht werden, dass Reformen alternativlos sind. Systemische Ursachen von geistlichem Missbrauch und sexualisierter Gewalt müssen so bearbeitet werden, dass eine Kirche ohne jede Art von Gewalt entstehen kann."
Für Ausschuss-Mitglied Mara Klein nehme der Vatikan weder die Missbrauchskrise noch den Dialog mit Deutschland ernst. "Gerade in eine Situation hinein, in der wir auch über Machtstrukturen diskutieren, unterstreicht dieser Konflikt die Notwendigkeit synodaler Prozesse", so Klein. Klein erwartet von den deutschen Bischöfen, dass sie den Weg der "Selbstverpflichtung zum Dialog mutig weitergehen und sich gleichzeitig weiter darum bemühen, eine offenbar vorliegende verfälschte oder zumindest einseitige Sicht aus Rom zu korrigieren". An diese Selbstverpflichtung müsse nun auch das ZdK die Bischöfe erinnern, meint Klein. "Ohne eine Verpflichtung zur Aufarbeitung der kirchlichen Missstände und der sich ergebenden Konsequenzen in Beteiligung, Transparenz und Kirchenkultur – ob durch den aktuellen synodalen Prozess oder einen anschließenden – gibt es keinen Weg aus der Krise und keine Glaubwürdigkeit für die Grundwerte, die die Kirche vertritt."
Die Nicht-Abstimmung auf der Frühjahrsvollversammlung müsse nicht dramatisiert werden, sagt Martina Kreidler-Kos, Leiterin der Seelsorge-Abteilung im Bistum Osnabrück. Rom mahne Gespräche an, die zuerst geführt werden sollten – "das kann ich sogar verstehen", sagt sie. "Hilfreich wäre nur, wenn es auch den Willen gäbe, diese Gespräche zeitnah und auf Augenhöhe zu führen". Von den Bischöfen und dem ZdK erwarte sie, dass alle "zugleich bei der klaren Position bleiben", die beim Synodalen Ausschuss formuliert wurde. Beide Parteien sollten die Nerven behalten und nicht auf Konfrontation setzen, findet Kreidler-Kos. "Kirche sollte für viele ein Lebensort sein, wo es Menschen gut geht und wo sie ihre relevanten Fragen bearbeiten können", sagt sie. "Und wo man miteinander feiern kann, dass man eben nicht allein unterwegs ist – sondern miteinander".
Gemeindereferentin Michaela Labudda aus dem Erzbistum Paderborn kritisiert die Rede vom deutsch-römischen Dialogprozess, von dem die Kurienkardinäle im Brief sprechen. Den gebe es so nicht, meint Labudda. Von den reformwilligen Bischöfen erwarte sie "mutiges Voranschreiten im Rahmen der Möglichkeiten, klare Worte und Konfrontation". Von jenen Bischöfen, "die im Sinne der römischen Intervention vor allem stoppen oder verzögern wollen", erwarte sie hingegen nichts. "Ich habe vier Jahre versucht, die Zugangsweise zu verstehen und die Argumente dahinter nachzuvollziehen. Irgendwann kann man mit dem einseitigen Verstehen auch aufhören, wenn das Gegenüber nicht mitmacht", sagt sie.
„Ich habe das Gefühl, dass die Briefeschreiber aus Rom weder Satzung nach Geschäftsordnung des Synodalen Rates oder dessen Begründungen gelesen haben. Denn es steht nichts von dem drin, was aus Rom kritisiert wird.“
Für ZdK-Mitglied Marcus Leitschuh ist es unverständlich, dass sich der Vatikan immer wieder gezielt vor Sitzungen positioniert, jedoch kein einziges Mal das Gespräch mit dem Präsidium des Synodalen Weges gesucht habe. "Es scheint, man hat überhaupt kein Interesse an Dialog", so Leitschuh. "Ich habe das Gefühl, dass die Briefeschreiber aus Rom weder Satzung nach Geschäftsordnung des Synodalen Rates oder dessen Begründungen gelesen haben. Denn es steht nichts von dem drin, was aus Rom kritisiert wird", sagte Leitschuh weiter. Die Planung sehe vor, die besondere Rolle der Bischöfe zu stärken und lasse ihr Lehramt unangetastet. Es verfestige sich der Eindruck, "dass da alte Männer in prunkvollen Gewändern in einer Parallelwelt leben". Die Formulierungen in solchen Briefen empfinde er als skurril. Sie hätten mit dem Umgangston der normalen Welt wenig zu tun. Außenstehende könnten den "momentanen Zirkus in der katholischen Kirche nur mit Kopfschüttern verfolgen". Beim nächsten Treffen des Synodalen Rates habe man an die inhaltliche Arbeit gehen wollen. Die neuste Intervention zeige jedoch, dass es Rom nicht um einzelne Inhalte gehe, "sondern um strukturelle Macht". Die deutschen Bischöfe fordert Leitschuh auf, argumentativen Dialog mit Rom, untereinander und mit den Laien zu suchen. Sie dürften sich nicht lähmen lassen für die vielen anderen aktuellen Fragen dieser Zeit. Das gelte auch für das ZdK. Von ihm fordert Leitschuh mehr Dialog mit den Kritikern.
"Wenn es der römischen Kurie und dem Papst nur ein Fünkchen daran gelegen ist, ihrer Mahnung zur hörenden Kirche auch auf sich selbst zu beziehen, hätten sie schon längst das unmittelbare Gespräch mit den Gläubigen und ihren Repräsentanten in Deutschland gesucht", sagt Professor Andreas Lob-Hüdepohl. Es sei eine "Schwäche des Vatikans im Vertrauen auf den Heiligen Geist, dass er bis heute das Gespräch mit dem Präsidium des Synodalen Weges verweigert und die deutschen Bischöfe sogar monatelang auf Gesprächstermine warten lässt." Lob-Hüdepohl rechnet damit, dass der Synodale Ausschuss nur mit Verzögerung oder in abgespeckter Version seine Arbeit aufnehmen werde. Das ärgere ihn, denn "immer wieder müssen wir über Entscheidungskompetenzen, über die Verstiegenheiten und Verkrustungen einer kirchlichen Hierarchie diskutieren, anstatt uns auf die eigentlich wichtigen Themen unserer Zeit konzentrieren zu können." Dabei verliere die Kirche immer wieder Menschen aus den Augen, die viel mehr des heilsamen Wortes und der befreienden Tat bedürften, so der Sozialethiker. Das ZdK dürfe sich jetzt auf keine "Scheinlösung" einlassen, warnt Lob-Hüdepohl. Es sei besser, eine Pause beim Synodalen Ausschuss zu machen und die vorhandenen Strukturen für gemeinsame Verantwortung zu nutzen. "Die Neuakzente der Sexualmoral, das Diakonat und die Ordination von Frauen und nicht zuletzt die systemischen Ursachen sexualisierter Gewalt und geistlichem Machtmissbrauch hängen ja nicht allein vom Synodalen Rat ab."
Die ehemalige Vizepräsidentin des ZdK (2005 bis 2021) Claudia Lücking-Michel fragt sich, was die eigentliche Motivation hinter den römischen "Störmanövern" ist. "Meine Geduld wird strapaziert, mein Unverständnis wird immer größer", so Lücking-Michel. Von den deutschen Bischöfen erwartet sie, dass diese "zeitnah eine Lösung finden" und vom ZdK, dass man sich nicht auf einen "Synodalrat light" einlasse: "Beraten ohne Entscheiden geht mit dem ZdK hoffentlich nicht", sagt sie.
Ein Vorbild? Statuten von Synodalem Rat und CEAMA im Vergleich
Immer wieder geht der Blick Deutschlands nach Südamerika: Vertreter des Synodalen Wegs ziehen häufig Parallelen zwischen der dortigen Kirchenkonferenz CEAMA und dem Synodalen Rat. Doch lassen sich beide Gremien vergleichen? Ein Blick in die Statuten.
Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK, ist der Ansicht, man dürfe der Auseinandersetzung mit Rom nicht aus dem Weg gehen: "Eine Verschiebung der Abstimmung auf lange Sicht können wir den Gläubigen nicht mehr vermitteln", sagt Mock. Sie rechnet damit, dass die deutschen Bischöfe an den Reformen festhalten, denn die Entscheidungen auf dem Synodalen Weg "wurden nicht leichtfertig gefällt, ihnen gingen jahrelange Beratungen, mit vielen Experten und Betroffenen" voraus. "Wir haben den Synodalen Weg begonnen, um systemische Ursachen für sexualisierte Gewalt anzugehen. Dazu gehören andere Macht- und Entscheidungsstrukturen, dazu gehört ein weiteres Priesterbild, dazu zählt eine geschlechtergerechte Kirche, die Vielfalt als Bereicherung wahrnimmt". Diese Reformen seien überfällig, vor allem weil sich viele Menschen sich in Deutschland von der Kirche abwenden. "Jede weitere Verzögerung für diese Schritte bedeutet, dass wir diese Chance vertun", betont Mock.
Die deutschen Bischöfe sollen "die römischen Briefschreiber beim Wort nehmen und in Rom mit der gleichen Unmissverständlichkeit deutlich machen, dass kein Weg an Reformen vorbeiführen wird", sagt Johannes Norpoth, Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz. Er sieht im aktuellen Brief aus Rom ein "Paradebeispiel römischer Führungsunfähigkeit". Dabei gehe es nicht um Argumente und ein gegenseitiges Hören und gemeinsames Ringen, sondern um "klerikale Macht" und "deren rücksichtslose Durchsetzung". Norpoth wünscht sich, dass die Frage, ob der Weg aus der Krise noch gefunden werden könne, "von den gerade hyperaktiven Kommentatoren im Pensionärstatus ehrlich beantwortet würde".
Pfarrer Werner Otto aus Frankfurt ist sich sicher: "Die Synodalen, mit denen ich im Gespräch bin, werden sicher nicht den Kopf hängen lassen und aufgeben". Er selbst kann das Agieren Roms nicht verstehen: "Der Papst spricht gerne und oft von Synodalität. Aber jeder Versucht, Synodalität auf nationaler Ebene zu stärken, wird von der römischen Kurie im Keim erstickt". Dabei werde das Bischofsamt durch gemeinsames Beraten und Entscheiden keineswegs geschwächt. "Geschwächt wird es durch die ständigen Maßregelungen durch die römischen Dikasterien", sagt Otto.
Enttäuscht zeigte sich der BDKJ-Vorsitzende Gregor Podschun: "Wir können die erneuten Einwände seitens des Vatikans in keinerlei Weise nachvollziehen." Das Schreiben konterkariere allen Einsatz, "alle Erwartungen und die notwendigen Reformen des Synodalen Weges". Dies sei verheerend, so Podschun. Die Gläubigen in Deutschland seien bereit an einer Reform der Kirche zu arbeiten, die Bischöfe scheinbar noch nicht, so Podschun. Es reiche nicht, die Verantwortung nach Rom zu schieben. Die Bischöfe stellten ihre falschverstandene Gehorsamkeit noch immer über ein Aufbrechen der wirkenden Systeme in der Kirche, die auch Missbrauch erleichtern. Sie verweigerten sich so notwendigen Reformen, die Missbrauchsstudien aufzeigten und die meisten Gläubigen erwarteten.
"Es macht fast den Eindruck, als wolle der Vatikan die deutschen Bischöfe vorführen. Das ist entwürdigend und respektlos", sagt Schwester Philippa Rath. Sie bewundere in dieser Situation "die Ruhe und Gelassenheit von Bischof Georg Bätzing”. Mit Blick auf die weitere Arbeit des Synodalen Ausschusses sagt Rath: "Es müsste schon ein kleines Wunder passieren, damit die Vatikanvertreter und die deutschen Bischöfe bis Juni eine Einigung in den strittigen Fragen erzielen." Die Weiterarbeit im Synodalen Ausschuss stehe für sie "jetzt massiv in Frage". Die römischen Stoppschilder kosteten sehr viel Kraft, so Rath. Diese Energie könne sie sinnvoller einsetzen für inzwischen aus der Kirche Ausgetretene. Rath sieht nun die einzelnen Diözesen in der Pflicht, die beschlossenen Reformen durchzusetzen. "Die reformunwilligen Bischöfe werden wir auch weiter nicht von der Sinnhaftigkeit dieser Beschlüsse überzeugen können", so Rath.
Das ZdK sei "der Verlierer in diesem kirchenpolitischen Ränkespiel", sagt der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. "Es hat auf reformbereite Bischöfe gesetzt, die wegen der römischen Intervention nicht halten können, was sie den Gläubigen versprochen haben", sagt er. Die bisherigen Planungen seien nun "obsolet geworden". Dabei sei noch offen, ob der Synodale Weg noch eine Zukunft hat. Die deutschen Bischöfe sollten, so Schüller, "zeitnah in Rom auf einen Gesprächstermin drängen, um mit den drei unterzeichnenden Kardinälen über alle offenen Fragen eine klärende Diskussion zu führen". Die kirchliche Zukunft in Deutschland sieht er "desillusioniert und entspannt" zugleich. Seine Prognose: Die Kirche "wird eine Minderheitenkirchen, aber das Evangelium bleibt eine überzeugende Botschaft", so Schüller.
„Es müsste schon ein kleines Wunder passieren, damit die Vatikanvertreter und die deutschen Bischöfe bis Juni eine Einigung in den strittigen Fragen erzielen.“
Die Vertreterin der Katholiken anderer Muttersprache und Riten im ZdK und Synodalen Ausschuss, Valentina Sudić, empfindet die römische Intervention als frustrierend und ärgerlich. "Ich habe bisher viel ehrenamtliche Arbeit in den Prozess investiert. Wozu, wenn jetzt ein Brief aus Rom kommt und das Projekt stoppt", sagt sie. Es sei verwirrend, denn sie erkenne nicht, was die Gründe für eine solche Intervention sind und "welche besseren Vorschläge gemacht wurden". Papst Franziskus, so Sudić, "bringt eine neue Welle von Frustration und Unsicherheit".
Pfarrer Christoph Uttenreuther aus dem Erzbistum Bamberg erwartet von den deutschen Bischöfen und dem ZdK, dass sie "in konstruktiven Gesprächen mit Rom deutlich machen, dass der Synodale Rat so gestaltet wird, dass er mit der Verfassung der Kirche übereinstimmt". Auf dem Synodalen Weg wurde laut Uttenreuther bereits diskutiert, ob denn ein neues Gremium benötigt werde oder "ob nicht bestehende Gremien wie das ZdK gestärkt werden können". Dennoch sei die römische Intervention ärgerlich, da sie "für negative Schlagzeilen sorgt und zeigt, wie wenig sensibel man in Rom dafür ist".