Die Geschichte der Kurie

Der Papst und sein Apparat

Veröffentlicht am 10.02.2015 um 00:00 Uhr – Von Johannes Schidelko (KNA) – Lesedauer: 
Kurie

Vatikanstadt ‐ Mit seiner Reform der Kurie schreibt Papst Franziskus derzeit Geschichte. Bis zur heutigen Gestalt der Kirchen-Verwaltung dauerte es Jahrhunderte. Katholisch.de stellt die Geschichte der Kurie vor.

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Zum vierten Mal nach 1588, als Sixtus V. der römischen Kurie ein formales Gefüge gab, erlässt ein Papst eine Konstitution für die römische Zentralverwaltung. Doch wann die neuen Richtlinien erscheinen, die die Konstitution " Pastor bonus " von 1988 ersetzen und an denen ein eigens eingesetzter Kardinalsrat ("K9") arbeitet, ist unbekannt. Ebenso wenig weiß man, wie einschneidend die Veränderungen sein werden. Sicher ist nur, dass die Reform nicht vor 2016 fertig sein soll.

Seit 1050 wählen die Kardinäle den Papst

Von den Anfängen an waren die Päpste bei ihrem Dienst für die römische Kirche auf die Unterstützung von Mitarbeitern angewiesen, etwa Notaren oder Schreibern. Zunächst betrauten sie Priester oder Diakone mit bestimmten Aufgaben, machten sie zu Legaten. Zur Behandlung größerer Belange, für Lehr- oder Rechtsfragen, riefen sie die Bischöfe der römischen Kirchenprovinz gelegentlich zu Synoden oder römischen Konzilien ein.

Mit Beginn des zweiten Jahrtausends wuchs die Bedeutung der Kardinäle, denen seit 1059 die Papstwahl vorbehalten ist. Schrittweise verloren die römischen Synoden an Wichtigkeit. Ab dem 12. Jahrhundert behandelten die Päpste alle Angelegenheiten der Kirche gemeinsam mit den Kardinälen in Konsistorien - bis die gewachsenen Aufgaben schließlich eine Arbeitsteilung verlangten. Mit der Konstitution "Immensa aeterni Dei" richtete Sixtus V. permanente Ressorts ein: 15 Dikasterien, bestehend aus Kardinälen. Die Bedeutung der Konsistorien trat wieder zurück.

Durch die Kuppel des Vatikan fällt ein Lichtstrahl.
Bild: ©andrea-goeppel.de

Durch eine Reform will Franziskus die Aufgaben der Kurie transparenter machen.

Nach dem Ende des Kirchenstaates 1870 und dem Ersten Vatikanischen Konzil (1870/71) unterwarf Pius X. die Kurie 1908 einer umfassenden Revision. Mit dem Dokument "Sapienti consilio" reduzierte er die Zahl der zwischenzeitlich auf 30 angewachsenen Kongregationen, machte aus der furchteinflößenden " Inquisitions-Kongregation" die "Kongregation des Heiligen Offiziums" und reaktivierte die Rota als Kirchengericht.

Neue Aufgaben - neue Behörden

Die Strukturen blieben fast 60 Jahre weitgehend unverändert. Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) und seiner Öffnung zur Welt kamen viele neue Aufgaben auf die Kirche zu, für deren Begleitung der Papst neue Behörden brauchte.

Erste strukturelle Veränderungen gab es bereits vor dem Konzil. 1960 wurde ein "Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen" errichtet. Bald folgten Sekretariate für die Nichtchristen sowie für die Nichtglaubenden. Anfang 1967 wurden dann ein "Rat für die Laien" und eine "Kommission Gerechtigkeit und Frieden" ins Leben gerufen.

Im Sommer 1967 legte Papst Paul VI. mit der Konstitution "Regimini Ecclesiae" die Grundlagen für eine systematische Kurienreform. Den Kongregationen schaltete er das Staatssekretariat vor und gliederte ihm das "Außenministerium" an. Die Kongregationen wurden formal gleichberechtigt. Die "Kongregation des Heiligen Offiziums" hieß nun Glaubenskongregation. Die bisherige Konsistorialkongregation wurde zur "Kongregation für die Bischöfe", die Konzilskongregation zur Kleruskongregation. Die Kongregationen für Zeremonien und für die Dombauhütte wurden heruntergestuft.

In den folgenden Jahren entstanden viele neue Behörden: Das Komitee für die Familie, der Rat "Cor unum" für Entwicklungshilfe, Kommissionen für Migrantenpastoral, für Medien und für die Interpretation der Konzilsdekrete. In den 1980er Jahren kamen eine Kommission für die Krankenpastoral und ein Kulturrat hinzu, der später mit dem Sekretariat für die Nichtglaubenden verbunden wurde. Als letzte Behörde gründete Papst Benedikt XVI. im September 2010 den "Rat zur Förderung der Neuevangelisierung".

Dokument "Pastor bonus" von Johannes Paul II.

Diese Kurienreform von Paul VI. sollte nach einer mehrjährigen Erprobungsphase revidiert werden. Johannes Paul II. vollzog dies 1988 mit dem Dokument "Pastor bonus" - und mit wenig Änderungen: Das Staatssekretariat wurde weiter aufgewertet; die drei Gerichtshöfe und die neun Kongregationen blieben wie bisher. Die vormaligen Kommissionen, Sekretariate und Komitees wurden in den Rang von Päpstlichen Räten erhoben - zuletzt waren es zwölf. Diese Konstitution will Franziskus jetzt mit Hilfe des K9-Rates reformieren und neu fassen.

Von Johannes Schidelko (KNA)

Das "Who is Who" der Kurie

Die Römische Kurie, also die päpstliche Verwaltung, besteht aus einer Vielzahl an einzelnen Behörden, den Dikasterien. Dazu gehören neben dem Staatssekretariat und dem von Franziskus neu geschaffenen Wirtschaftsrat unter anderem auch drei Gerichtshöfe. Mit den Ministerien einer weltlichen Regierung verglichen werden oft die neun Kongregationen, die als "große Ministerien" bezeichnet werden, und die zwölf Päpstlichen Räte, auch "kleine Ministerien" genannt. Katholisch.de zeigt eine Übersicht der Kongregationen und Räte und ihrer Leiter (Stand: Mai 2015):

Kongregationen und ihre Präfekten

  • Kongregation für die Glaubenslehre: Kurienerzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer
  • Kongregation für die Orientalischen Kirchen (kurz: Ostkirchenkongregation): Kardinal Leonardo Sandri
  • Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung (kurz: Gottesdienstkongregation): Kardinal Robert Sarah
  • Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse: Kardinal Angelo Amato
  • Kongregation für die Evangelisierung der Völker (auch Missionskongregation genannt): Kardinal Fernando Filoni
  • Kongregation für den Klerus (Kleruskongregation): Kardinal Beniamino Stella
  • Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens (kurz: Ordenskongregation): Kardinal Joao Braz de Aviz
  • Kongregation für das Katholische Bildungswesen: Kardinal Zenon Grocholewski
  • Kongregation für die Bischöfe: Kardinal Marc Ouellet

Päpstliche Räte und ihre Präsidenten

  • Päpstlicher Rat für die Laien: Kardinal Stanislaw Rylko
  • Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen (kurz: Einheitsrat): Kardinal Kurt Koch
  • Päpstlicher Rat für die Familie: Erzbischof Vincenzo Paglia
  • Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden: Kardinal Peter Turkson
  • Päpstlicher Rat Cor Unum: vakant
  • Päpstlicher Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs (kurz: Migrantenrat): Kardinal Antonio Maria Vegliò
  • Päpstlicher Rat für die Pastoral im Krankendienst: Erzbischof Zygmunt Zimowski
  • Päpstlicher Rat für die Interpretation von Gesetzestexten: Kardinal Francesco Coccopalmerio
  • Päpstlicher Rat für den Interreligiösen Dialog (kurz: Dialograt): Kardinal Jean-Louis Tauran
  • Päpstlicher Rat für die Kultur: Kardinal Gianfranco Ravasi
  • Päpstlicher Rat für die sozialen Kommunikationsmittel (kurz: päpstlicher Medienrat): Erzbischof Claudio Maria Celli
  • Päpstlicher Rat zur Förderung der Neuevangelisierung: Erzbischof Rino Fisichella (gho)