Bilanz der Frühjahrs-Vollversammlung der DBK

Bischofstreffen in Augsburg: Die Hoffnung auf ein Einvernehmen bleibt

Veröffentlicht am 23.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Matthias Altmann – Lesedauer: 

Augsburg ‐ Der Brief zum Synodalen Ausschuss brachte kurz vor Beginn Brisanz in die Vollversammlung der deutschen Bischöfe. Diese betonten ihre Einheit mit Rom – und wollen den Synodalen Weg in Zukunft stärker in Abstimmung mit Vatikan und Weltsynode gehen. Nachhallen dürfte aber vor allem eine Stellungnahme.

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Es schien zunächst – zumindest für Außenstehende – eine relative ruhige Vollversammlung zu werden. Doch nach der neuerlichen Post aus Rom zum Synodalen Ausschuss wenige Tage vor dem Start kam doch noch eine ordentliche Portion Brisanz in das Treffen der Bischöfe in Augsburg. Dabei hätte man es ahnen können. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass sich der Vatikan vor einer Vollversammlung einschaltet – zumal bei dieser ein weiterer entscheidender Schritt in Richtung Synodaler Rat gemacht werden sollte, den Rom explizit nicht gutheißt. So stand in Augsburg die Frage im Raum, wie es nun weitergeht mit dem Synodalen Ausschuss, an dem für den weiteren Verlauf des Synodalen Wegs sehr viel hängt: Ein kompletter Stopp? Ein Abwarten der Gespräche mit der Kurie? Oder gar ein kreativer Ansatz, um die Intervention zu umgehen? Die Antwort lautet: Erstmal Abwarten – und den Dialog mit Rom intensivieren.

Doch nochmal von Anfang an: Der Vatikan hatte die deutschen Bischöfe dazu aufgefordert, die geplante Abstimmung über das Statut des Synodalen Ausschusses von der Tagesordnung zu nehmen. Dieses Gremium soll ein Zwischenschritt bei dem 2019 begonnenen Reformprozess Synodaler Weg der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) sein und unter anderem einen Synodalen Rat vorbereiten. Ein Organ wie dieses sei "vom geltenden Kirchenrecht nicht vorgesehen und daher wäre ein diesbezüglicher Beschluss der DBK ungültig – mit den entsprechenden rechtlichen Folgen", heißt es in dem jüngsten Schreiben aus der Kurie. Zudem wird darin auf laufende und geplante Gespräche zwischen der Kurie und den deutschen Bischöfen verwiesen. Der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing entsprach diesem Wunsch – "im Respekt vor den römischen Verantwortlichen" und im Sinne der Einheit, wie er zum Auftakt betonte.

Mitglieder des Synodalen Ausschusses skeptisch bis verzweifelt

Bei der Abschluss-Pressekonferenz am Donnerstag bekräftigte Bätzing, den Synodalen Weg in Einheit mit Rom gehen zu wollen. Es gehe nun darum, alle Handlungsstränge für eine synodale Kirche gut miteinander zu verbinden, sagte er vor allem mit Blick auf die Weltsynode. Im Moment sei es jedoch das wichtigste Ziel, "einen gemeinsam gangbaren Weg zu finden, bevor wir über Inhalte sprechen". Bald stehen die weiteren Gespräche mit hochrangigen Kurienkardinälen an. Auch mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wollen die Bischöfe im intensiven Austausch bleiben. Wie es darüber hinaus mit dem Synodalen Ausschuss weitergeht, bleibt vorerst unklar. Ohne die Zustimmung der DBK sind etwa Satzung und Geschäftsordnung des Gremiums nicht endgültig beschlossen. Die nächste Sitzung ist eigentlich für Juni vorgesehen.

In den vergangenen Jahren hatte sich der Vatikan bereits mehrfach mit Interventionen in den Synodalen Weg eingeschaltet, in denen theologische und kirchenrechtliche Bedenken geäußert wurden – gerade gegen den Synodalen Rat und die Rolle des Bischofs darin. Bätzing betonte bei seinem Auftakt-Statement wie bei der Abschluss-Pressekonferenz: Die deutschen Bischöfe seien überzeugt, diese Zweifel entschärfen zu können. Man wolle im Rahmen des Kirchenrechts bleiben. Unter den nicht-bischöflichen Mitgliedern des Ausschusses ist man dagegen skeptischer bis verzweifelt, wie eine katholisch.de-Umfrage zeigt. Stellvertretend sei die Benediktinerin Philippa Rath genannt. Für sie macht es "fast den Eindruck, als wolle der Vatikan die deutschen Bischöfe vorführen. Das ist entwürdigend und respektlos."

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Doch die Bischöfe wollen den Vatikan nicht weiter vor vollendete Tatsachen stellen und setzen im Sinne ihrer Reformanliegen die Hoffnungen nach wie vor auch in die Weltsynode. Es besteht offenbar die Überzeugung, den Synodalen Weg in diese integrieren beziehungsweise beide Prozesse zusammenbringen zu können. Hier wollen die Bischöfe nun das Heft des Handelns stärker in die Hand nehmen. Bätzing betonte erneut: Beide Formate gehen in dieselbe Richtung – wenn auch mit anderen Akzenten, Stilen und Geschwindigkeiten. Am Ende gehe es um die Weiterentwicklung von Kirche. Die Reformthemen der Kirche in Deutschland stünden auch alle im Synthese-Bericht des ersten Synodenabschnitts. Zur Wahrheit gehört auch: nicht (immer) in derselben Ausprägung. Aber immerhin enthält der Bericht die Frage, wie sich Synodalität in der Kirche institutionalisieren lassen könnte.

Kommunikation und Austausch verbessern sowie Bedenken entschärfen: Das bleibt die Hauptstrategie der Bischöfe. Dabei muss aber auch erwähnt werden, dass es die Bedenken gegen einen Synodalen Rat schon länger gibt und diese trotz Gesprächen und Briefen immer noch nicht argumentativ entkräftet werden konnten. Und eine bessere Kommunikation ist – trotz lang bestehender Aufrufe und Absichten – noch immer nicht zustande gekommen. Woran sind die Gespräche bislang gescheitert? Ist der Vatikan bereit, von seinem Verständnis von Synodalität, das offenbar ein anderes als das der Kirche in Deutschland ist, abzurücken? Und was passiert, wenn sich die deutschen Bischöfe von ihrer konkreten Idee eines Synodalen Rats verabschieden müssen, wenn Rom trotz des Dialogs bei dem Nein dazu bleibt? Die nächsten Monate – oder Jahre – werden es zeigen.

Der Synodale Weg ist 2019 angetreten, um dem immensen Vertrauensverlust in der Kirche aufgrund des Missbrauchsskandals zu begegnen. Zynisch könnte man an dieser Stelle anmerken, dass das vermutlich nicht mehr viel bringt, weil vielen Menschen in Deutschland die Kirche ohnehin egal ist. Die im vergangenen Herbst veröffentlichte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) machte der Kirche erneut deutlich, vor welcher Zukunft sie steht: Die Studie sagt einen weiteren dramatischen Mitgliederverlust voraus. Bezüglich der nötigen Konsequenzen aus der KMU-Studie gab es zuletzt viele Wortmeldungen von Theologinnen und Theologen: Während die einen dafür plädieren, unter dem Vorzeichen der Anschlussfähigkeit strategische Allianzen mit der Zivilgesellschaft einzugehen und innerkirchlich weiter für Reformen einzustehen, betonen die anderen, dass eine Rückbesinnung auf die Kernaufgabe der Kirche notwendig ist.

Bild: ©dpa/Monika Skolimowska (Symbolbild)

In der Grundsatzerklärung der deutschen Bischöfe wird auch die AfD explizit genannt. Die Frage, ob einzelne Parteien genannt werden sollten, hatte für Diskussionen gesorgt.

Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, schrieb den Bischöfen in seinem Grußwort ins Stammbuch, sich angesichts einer "weit verbreiteten Unkenntnis über den Glauben der Christen" besonders um die Evangelisierung im Sinne einer missionarischen Glaubensvermittlung zu kümmern. Doch auch vielen Bischöfen ist klar, dass das allein nicht die Antwort ist. Nun geht es darum, sich mit den Ergebnissen der Studie auseinanderzusetzen und daraus Konsequenzen für das kirchliche Handeln zu ziehen – gerade mit Blick auf das seelsorgliche Handeln. Bis diese Konsequenzen umgesetzt werden, könnte aber noch einige Zeit vergehen, wie Bätzing am Donnerstag durchblicken ließ.

Jenseits aller innerkirchlichen Debatten dürfte aber die Grundsatzerklärung der deutschen Bischöfe zur Unvereinbarkeit von "völkisch-nationalen" Positionen und dem christlichen Menschenbild am meisten aus Augsburg hinausstrahlen. Die Bischöfe machten deutlich: Rechtsextreme Parteien "und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern", sind kein Betätigungsfeld für Katholikinnen und Katholiken. Die Erklärung erwähnt explizit auch die AfD.

Bischöfe sehen gerade bei Rechtsextremismus Handlungsbedarf

In der Vergangenheit hatten einzelne Bischöfe zwar immer wieder betont, dass AfD-Positionen nicht mit dem Christentum vereinbar seien. Die gemeinsame Erklärung – einstimmig beschlossen – zeigt jedoch, wie sehr die Bischöfe aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen bei diesem Thema Handlungsbedarf sehen. Die "Correctiv"-Recherchen zu einem Geheimtreffen zwischen AfD-Funktionären und Rechtsextremen, bei dem offenbar über Massenvertreibungen von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen wurde, hat auch sie aufgeschreckt – und gemeinsam mit Hunderttausenden auf die Straße geführt, um gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie zu demonstrieren.

Zwar droht der Text AfD-Mitgliedern nicht direkt den Ausschluss aus kirchlichen Gremien an. Doch die Formulierungen sind eindeutig. Da es auch in den katholischen Pfarrgemeinden zahlreiche Anhänger und Wähler der AfD gibt, wird der Beschluss noch für zahlreiche Debatten sorgen. Dieses Thema wird die DBK also noch länger beschäftigen. Dass ein Beschluss für viele und langlebige Diskussionen sorgen kann, dürften sie aber aus den vergangenen Jahren gewohnt sein.

Von Matthias Altmann