Das Papst-Interview zeigt ein vatikanisches Demokratie-Problem
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Papst Franziskus hat es mal wieder geschafft: Hatte er im Ukraine-Krieg wegen seiner mangelnden Positionierung sowieso schon nicht die beste Figur gemacht, ist er nun durch unglückliche Interview-Aussagen endgültig in den Fokus der Kritik geraten. Das scheint ein Phänomen für ein übergeordnetes Problem von Franziskus und dem Vatikan an sich zu sein.
Denn obwohl der Vatikan natürlich auch mit vielen demokratischen Staaten gute Beziehungen unterhält, fallen doch Probleme mit freiheitlichen Systemen auf, während es zu illiberalen weniger Berührungsängste gibt. Gegen Franziskus gibt es Vorwürfe wegen seines Verhaltens während der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien (1976-83). Der Vatikan hatte auch keine Probleme damit, das Abu-Dhabi-Dokument 2019 in einem Land zu unterzeichnen, in dem verschiedene Nichtregierungsorganisationen immer wieder Menschenrechtsverletzungen anprangern. Im Ukraine-Krieg kritisierten bereits im vergangenen Jahr ukrainische Bischöfe, dass Franziskus' Gesten zum Ukraine-Krieg schmerzhaft und schwierig für das ukrainische Volk seien. Weiterhin gibt es Kritik wegen des Vatikan-Abkommens mit dem autoritär geführten China: Der Vatikan lässt sich da – so sagen Kritiker – allzu leichtfertig unter die Kandare der Kommunistischen Partei nehmen und damit die romtreue Untergrundkirche im Regen stehen.
In Rom sollte man deshalb vielleicht einmal am inneren Kompass arbeiten. Natürlich dauert die Willensbildung in Demokratien länger, weil dort politisches Agieren auch manchmal langwierig ausgehandelt werden muss. Aber deshalb ist es für den Vatikan nicht einfacher oder zweckmäßiger, mit totalitären Regimen zusammenzuarbeiten. Russland wie China stehen in ihrem Handeln entscheidenden christlichen Werten diametral entgegen, denn dort werden dem System missliebige Menschen weggesperrt und/oder getötet.
Diesen Akteuren darf sich der Vatikan nicht anbiedern. Er muss Flagge zeigen für das christliche Menschenbild. Das ist nicht immer einfach und erfordert Aushandlung und Dialog. Doch dieser Dialog könnte auch Franziskus' bislang doch recht autoritäres Synodalitätsverständnis für freiheitliche Demokratien anschlussfähig machen.
Der Autor
Christoph Paul Hartmann ist Redakteur bei katholisch.de.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.