Standpunkt

Das muss jetzt auf die Anti-AfD-Erklärung der Bischöfe folgen

Veröffentlicht am 26.03.2024 um 00:01 Uhr – Von Thomas Arnold – Lesedauer: 

Dresden ‐ Mit ihrer Anti-AfD-Erklärung haben die Bischöfe viele Menschen in ihrem Engagement für die Demokratie gestärkt, meint Thomas Arnold. Doch dabei darf es seiner Ansicht nach nicht bleiben. Arnold formuliert deshalb drei konkrete Empfehlungen.

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Nach "Correctiv"-Recherche, Demokratie-Demonstrationen im ganzen Land und mutigen Worten der ostdeutschen Diözesen gelang den Bischöfen in Deutschland vor einem Monat zum Abschluss der Vollversammlung die Erklärung "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" – einstimmig. Bei einem so heiklen Thema nicht selbstverständlich. Immerhin bleibt von dem differenzierten Papier – und das dürfte allen Anwesenden bewusst gewesen sein – hängen, dass die AfD für Christinnen und Christen nicht wählbar ist.

Manche mögen das angesichts der Stimmung in Deutschland als wenig mutig empfinden. Aber opportunistisch ist das ebenso wenig wie eine "Wahlhilfe für die Ampelkoalition" (Kardinal Müller). Es stärkt die vielen Einzelnen in ihrem Engagement für die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor Ort mit der notwendigen Autorität der Amtsträger. Das ist angesichts der mehrheitlich in der Diaspora befindlichen Katholiken in Sachsen, Brandenburg und Thüringen nicht zu unterschätzen. Stichwort: 1. September.

Aber mit der Erklärung ist das Thema nicht gegessen, geschweige denn die AfD-Wähler zurückgewonnen. Deswegen drei Empfehlungen im Kipppunkt-Jahr deutschen Miteinanders:

  1. Liebe Bischöfe, wer mutig eine solche Erklärung beschließt, muss sie durchtragen. Nicht nur ein paar Tage, sondern das ganze Jahr. Viele werden versuchen, Möglichkeiten des Aufweichens zu finden, indem sie ihre Katholizität beteuern. Ich wünsche Ihnen in diesen Stürmen die Kraft und das Rückgrat, die Entscheidung argumentativ durchzustehen.
  2. Liebe Verantwortliche in den Diözesen, zu viele wollen inzwischen genau wissen, was das konkret bedeutet. Ein "Radikalenerlass" (Schüller) oder der Ausschluss aus Verbänden, Vereinen oder Ämtern bei "Propagierung von völkischem Nationalismus" sind eine Sprungschanze, die dazu einlädt, mit viel Tempo über das – wohlgemeinte – Ziel hinaus zu schießen. Liberale Demokratie und Rechtsstaat gehen zusammen, um Willkür zu vermeiden. Deswegen sind klare und einholbare Regeln sowie Verfahrensweisen unvermeidlich. Die Folgen der Erklärung sind komplex. Darüber einen Konsens zu finden, muss in der kirchlichen Öffentlichkeit und nicht im Hinterzimmer geschehen. Wie darum gerungen wird, kann von der Gesellschaft ganz abseits Synodaler Wege zum Vorbild für eine die Demokratie verinnerlichte Kirche verstanden werden. Die Zeit ist knapp. Der Katholikentag wäre der beste Ort zur richtigen Zeit, ohne Schaum vorm Mund einen Konsens zu suchen.
  3. Liebe Katholikinnen und Katholiken, weder eine bischöfliche Erklärung noch eine Verfassungsschutz-Einstufung schützen vor dem Diskurs um die Themen. Die AfD wird nicht nur aus Trotz, sondern auch aus inhaltlicher Überzeugung gewählt. Ich wünsche mir Mut, die Spannbreite politischer Lösungsoptionen in der Mitte der Gesellschaft zu diskutieren. Das gilt für Bürgergeld und Grundeinkommen ebenso wie für Migration und das richtige Verhältnis von Freiheit und Sicherheit.
Von Thomas Arnold

Der Autor

Dr. Thomas Arnold baut im Leitungsstab des Sächsischen Staatsministeriums des Innern den Bereich strategische Planung, Organisationsentwicklung und Controlling auf. Zuvor leitete er von 2016 bis 2024 die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.