Standpunkt

Nur zwei Geschlechter! So träumt sich der Vatikan die Welt

Veröffentlicht am 12.04.2024 um 00:01 Uhr – Von Carina Adams – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Dignitas infinita" sorgte vor allem beim Thema Transidentität für Aufruhr. Heute stimmt der Bundestag über das Selbstbestimmungsgesetz ab – und orientiert sich hoffentlich näher an der Realität der Menschen als der Vatikan, kommentiert Carina Adams.

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Während vergangenen Montag das Vatikanpapier "Dignitas infinita" für einige Aufregung in der katholischen Welt über den Umgang mit Trans- und nicht binären Personen sorgte, stimmt heute der Bundestag über das Selbstbestimmungsgesetz ab. Der Gesetzesentwurf sieht nicht nur eine Vereinfachung der Umtragung des Geschlechts für Transsexuelle, sondern auch für nicht binäre Menschen vor.

Hier zeigt sich einmal mehr, wie weit ab vatikanische Postulierungen über die Menschenwürde von der aktuellen Lebensrealität ebendieser Menschen sind. Nun mag so mancher anführen, dass non-binäre Geschlechtsvorstellungen einer "woken", westlich geprägten Bubble entsprächen und für die allseits gerne als Argument verwendete Weltkirche irrelevant seien. Tatsache ist aber, dass das Vatikanpapier selbst mit der "klassische[n] christliche[n] Anthropologie" argumentiert und dabei die eigene Position gerne durch die griechisch-römische (westliche) Philosophietradition stützt.

In anderen Kulturkreisen übliche, flexiblere Weltbilder und Traditionen, wie beispielsweise aus dem indigenen Nordamerika oder Indien, werden nicht mit einbezogen. Dabei dürften beide Kulturkreise mittlerweile genügend katholische Mitglieder haben, um Einfluss geltend zu machen. Stattdessen macht man sich im Vatikan die Welt lieber so, wie sie einem selbst gefällt. Geschlechtsangleichende Maßnahmen – also ein "Eingriff in die Schöpfungsordnung" – werden nur dann für richtig befunden werden, wenn Menschen aufgrund biologischer Realitäten aus der gewünschten Weltansicht herausfallen.

Nach dem Vatikanpapier zur Würde des Menschen voller Phrasen und philosophischer Konzepte ohne Würdigung ihrer Lebensrealität bleibt transidenten und nichtbinären Menschen in Deutschland nur zu hoffen, dass der Bundestag sich heute dazu durchringen kann, ein Gesetz zu beschließen, dass es ihnen erlaubt, in Zukunft würdevoll ihren Alltag zu bestreiten.

Von Carina Adams

Die Autorin

Carina Adams ist Redakteurin bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.