Warum sprechen wir uns ständig den Heiligen Geist ab?
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Warum sprechen wir uns innerhalb der Kirche eigentlich immer wieder den Heiligen Geist ab? Gerade erst wieder geschehen beim Grußwort des Görlitzer Bischofs Wolfgang Ipolt vor der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, in dem er davon sprach, dass kirchlichen Gremien manchmal der Heilige Geist verloren gegangen sei: "Da läuft manchmal ein 'kirchlicher Betrieb' – wie es eben immer war – äußerlich intakt, aber ohne innere geistliche Kraft."
Wenn der Heilige Geist von kirchlichen Würdenträgern herangezogen wird, dann beschleicht mich leider sehr häufig das Gefühl, dass der Heilige Geist immer nur da zu wirken scheint, wo man die eigene Auffassung bestärkt sieht. Wo andere Arbeitsformate gelebt und andere Meinungen geäußert werden als die eigenen, wird dann gerne die Abwesenheit des Heiligen Geistes proklamiert. So berichtete Ipolt in seinem Grußwort u.a., "Papst Franziskus habe in der ersten Tagung der Weltsynode 2023 erklärt, dass eine Synode kein Parlament sei und auch 'keine Versammlung von Freunden, um einige aktuelle Dinge zu klären, Meinungen zu äußern'. Protagonist der Synode sei vielmehr der Heilige Geist."
Wenn der Heilige Geist aber wirkt, wo er will, erschließt sich mir nicht, warum er das nur auf einer Synode, aber nicht in einem demokratischen Gremium tun kann. Überall da, wo Menschen zusammenkommen, die sich anrufen lassen durch die Kraft der Liebe, die sich daraus verwandeln und aus diesem Geist handeln, da ist Gottes Geist wirksam – und das kann eben an vielen Orten sein, von denen wir es nicht erwarten und bei denen wir es vielleicht auf dem ersten Blick nicht sehen, sondern sich sein Wirken erst viel später erschließt. Am Pfingstfest, auf das wir uns zubewegen, feiern wir den Heiligen Geist, der Leben und Bewegung bringt, der den Mund öffnet und Verständigung – nicht Spaltung – bewirkt und der zum Zeugnis befähigt. Bitten wir gemeinsam um diese Gaben und sprechen sie uns nicht gegenseitig ab.
Die Autorin
Andrea Hoffmeier ist Akademiedirektorin der Thomas-Morus-Akademie Bensberg.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.