Glaubensdikasterium klagt Erzbischof Viganò wegen Schisma an
Das Glaubensdikasterium hat nach Angaben des Beschuldigten selbst ein kanonisches Strafverfahren gegen den ehemaligen US-Nuntius Carlo Maria Viganò eröffnet. Aus dem von dem Erzbischof am Donnerstag auf "X" (vormals Twitter) veröffentlichten Schreiben des Dikasteriums geht hervor, dass die Behörde wegen des Verdachts des Schismas ein Verfahren gegen ihn anstrengt. Dem Erzbischof werden "öffentliche Äußerungen, aus denen eine Leugnung notwendiger Punkte hervorgeht, die für den Erhalt der Gemeinschaft mit der katholischen Kirche notwendig sind", zur Last gelegt. Konkret gehe es um die Leugnung der Legitimität von Papst Franziskus und den Bruch der Gemeinschaft mit dem Papst sowie die Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils. Auf die Straftat eines Schismas steht die Exkommunikation als Strafe. In besonders schweren Fällen und bei Uneinsichtigkeit des Täters können weitere Strafen bis hin zur Entlassung aus dem Klerikerstand verhängt werden.
Mit dem auf den 11. Juni datierten Dekret wird Viganò aufgefordert, sich am 20. Juni um 15:30 Uhr mit einem gültigen Ausweis im Glaubensdikasterium einzufinden und die Anklage und die Beweise entgegenzunehmen. Sollte er keinen eigenen Anwalt benennen, werde ihm das Dikasterium einen Pflichtverteidiger zuweisen. Laut dem Dekret hat das Dikasterium bereits am 10. Mai beschlossen, ein außergerichtliches Strafverfahren einzuleiten. Eine kanonische Voruntersuchung zur Klärung eines hinreichenden Verdachts sei nicht nötig. Gemäß Kirchenrecht kann eine Voruntersuchung unterbleiben, wenn sie "gänzlich überflüssig" erscheint. Laut Viganò ist ihm das Dekret "mit einer einfachen E-Mail" zugestellt worden.
Auf seinem Blog kommentierte der Erzbischof, dass er die Vorwürfe als Ehre empfinde. Sie bestätigten seine Position: "Es ist kein Zufall, dass die Anklage gegen mich die Infragestellung der Legitimität von Jorge Mario Bergoglio und die Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils betrifft: Das Konzil ist das ideologische, theologische, moralische und liturgische Krebsgeschwür, von dem die 'synodale Kirche' von Bergoglio die notwendige Metastase ist." Er selbst sei als Nachfolger der Apostel in voller Gemeinschaft mit der Kirche, weise aber die "neomodernistischen Irrlehren des Zweiten Vatikanischen Konzils" zurück. Aus dem Schreiben Viganòs geht nicht hervor, ob er sich dem Verfahren stellen wird. Sollte er bis zum 28. Juni untätig bleiben, wird er nach Angaben des Dikasteriums in Abwesenheit verurteilt.
Immer stärkere Radikalisierung
Die Straftat des Schismas ist mit der Exkommunikation als Tatstrafe bedroht, außerdem können weitere Strafen wie Aufenthaltsverbote, Geldbußen und das Verbot, geistliche Kleidung zu tragen, verhängt werden. Bei "andauernder Widersetzlichkeit" oder besonders schwerem Ärgernis können weitere Strafen bis hin zur Entlassung aus dem Klerikerstand verhängt werden. Eine Tatstrafe tritt bereits mit Begehung der Tat automatisch ein, ihre volle Wirkung erlangt sie aber erst durch eine formale Feststellung durch einen Strafprozess oder ein Strafdekret. Das Schisma gehört zu den schweren Verstößen gegen den Glauben, für die das Glaubensdikasterium als Gerichtsbehörde zuständig ist.
Viganò war ab 1973 im Diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls, zuletzt war er von 2011 bis 2016 Nuntius in den USA. Nach Ende seiner Amtszeit entwickelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker von Papst Franziskus, dem er persönliche schwere Versäumnisse im Umgang mit dem mittlerweile aus dem Kardinals- und Klerikerstand entlassenen Theodore McCarrick vorgeworfen hatte. In den vergangenen Jahren radikalisierte sich Viganò immer mehr und verbreitete vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Verschwörungsmythen, politisch sprach er sich für den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und den russischen Präsidenten Wladimir Putin aus. Im vergangenen Dezember kündigte er an, ein traditionalistisches Priesterseminar in Mittelitalien gründen zu wollen. (fxn)