Synode macht Gegnern der Liturgiereform geringe Zugeständnisse
Die Synode der syro-malabarischen Kirche entschärft ihre Drohungen gegenüber Priestern, die die Liturgiereform nicht umsetzen wollen. Der auf einer Sondersitzung in der vergangenen Woche gefundene und nun veröffentlichte Kompromiss sieht weiterhin vor, dass alle Priester die von der Synode 2021 beschlossene Form der Liturgie feiern müssen. Es genügt aber eine Feier in dieser Form an jedem Sonn- und Feiertag. Formal hält die südwestindische Kirche damit an den Strafandrohungen fest, die Großerzbischof Raphael Thattil und sein Apostolischer Administrator in der zweiten Juniwoche verkündet hatte und die am 3. Juli, dem Gedenktag des Apostel Thomas, in Kraft treten. Die Synode beruft sich in ihrem Beschluss auf ein Schreiben von Papst Franziskus, der den gegen die Liturgiereform protestierenden Priestern eine Übergangszeit in Aussicht gestellt hatte. Wie lang dieser Übergangszeitraum sein wird, werde die nächste Synode beschließen. Grundzüge der Einigung wurden schon in der vergangenen Woche bekannt.
Kanonische Strafen drohen nun nur noch Priestern, die an Sonn- und Feiertagen in ihren Gemeinden oder Einrichtungen gar keine Messe in der einheitlichen Form feiern oder eine solche Feier verhindern. "Wir bitten alle Priester im Namen Gottes, diese schmerzhafte Situation für die Kirche zu vermeiden", heißt es in dem Synodenbeschluss. Bei Pastoralbesuchen in Gemeinden müssen Bischöfe und Priester sicherstellen, dass die Messe in der einheitlichen Form gefeiert wird. Kleriker und Laien werden unter Androhung von nicht näher ausgeführten Sanktionen aufgefordert, auf öffentliche Erklärungen zu verzichten, die die Einheit der Kirche gefährden: "Spaltungen und Trennungen sind für alle, die die Kirche lieben, nicht ehrenhaft."
Bei den Gegnern der Liturgiereform stößt die Entscheidung der Synode nicht auf Zustimmung. Laut "ucanews" soll die Verpflichtung auf mindestens eine Messe in der einheitlichen Form und die Befristung vorher getroffenen Vereinbarungen entgegenstehen. Außerdem stieß auf Kritik, dass der Rundbrief nicht zurückgenommen wurde, mit dem kanonische Strafen für die Gegner angedroht wurden. Laut dem Bericht sollen etwa 450 Priester jeweils einzeln Widerspruch gegen den Rundbrief eingelegt haben, 400 Priester sollen sich an das vatikanische Dikasterium für die Gesetzestexte gewandt haben, um eine Rücknahme der Exkommunikationsdrohung zu erwirken. Von den einzeln eingereichten Beschwerden erhoffen sich die Gegner, das Wirksamwerden des Dekrets herauszuzögern, bis jede einzelne beschieden ist. Bei einem Widerspruch gegen ein kirchliches Dekret wird in der Regel der Vollzug ausgesetzt.
Erstmals auch öffentliche Kritik von Synodenvätern
Die Bischöfe bekräftigten in ihrem Beschluss, dass niemand in der Großerzdiözese Ernakulam-Angamaly, wo die Mehrheit der Priester gegen die einheitliche Form der Liturgie protestiert, aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen werden soll, auch wenn die Proteste für die Kirche und den Papst sehr schmerzhaft gewesen seien. Ziel der nun verabredeten Maßnahmen sei, die Situation im Großerzbistum zu verbessern.
Vor der ersten Sondersitzung der Synode, die am 14. Juni tagte, hatte das Schreiben von Großerzbischof Raphael Thattil und dem Apostolischen Administrator des Großerzbistums Bosco Puthur für neue Aufregunggesorgt. Wütende Gläubige verbrannten das Rundschreiben, in dem Priestern mit der Exkommunikation gedroht wurde, die nicht auf die Synoden-Form der Liturgie einschwenken wollen. Gegen das Rundschreiben meldeten sich in der vergangenen auch erstmals Bischöfe der syro-malabarischen Kirche mit Kritik am Kurs des Großerzbischofs zu Wort. Sie kritisierten vor allem, dass eine so gewichtige Maßnahme ohne Beteiligung der Synode verfügt wurde.
Die fünf Bischöfe, die alle selbst Priester des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly waren, stellten die Androhung der Exkommunikation in Frage: "Was rechtfertigt die höchste Strafe? Kirchliche Sanktionen sollten im Verhältnis zur Straftat stehen." Die fünf Bischöfe stünden zwar weiterhin zur Liturgie in der 2021 von der Synode beschlossenen Form. Sie seien auch darum bemüht, eine friedliche und einvernehmliche Lösung zu finden: "Wir sind der Meinung, dass die gesamte Erzdiözese aufgrund des jüngsten Rundschreibens in Aufruhr sein wird, und das wird sich auf jeden Einzelnen in der Erzdiözese auswirken, auch auf unsere eigenen Familienmitglieder. Daher fühlen wir uns verpflichtet, diese Bedenken zu äußern."
Nicht erst seit 2021 Streit um Liturgie
Der Liturgiestreit spaltet die syro-malabarische Kirche seit Jahrzehnten und ist seit dem Beschluss der Synode im Jahr 2021, eine einheitliche Liturgie einzuführen, noch weiter eskaliert. Die einheitliche Form sieht vor, dass der Priester sich zur Wandlung ad orientem ausrichtet, also mit dem Rücken zum Volk. Die Gegner der Liturgiereform wollen eine durchgehende Feier versus populum, also dem Volk zugewandt. Laut den protestierenden Priestern würde eine Veränderung der seit 50 Jahren etablierten Liturgie in ihren Gemeinden nicht akzeptiert. Mehrfach wandte sich Papst Franziskus mit Aufforderungen an die protestierenden Gläubigen, die Einheit mit der Kirche zu wahren. Zuvor hatte er einen päpstlichen Delegaten ernannt, der in dem Streit schlichten sollte. Der Delegat, Erzbischof Cyril Vasil, hatte in seiner Mission bisher aber keinen Erfolg.
Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Zuge der portugiesischen Kolonialisierung wurden die Thomaschristen zur Übernahme westlicher Formen und Hierarchien gezwungen und zerbrachen in mehrere Kirchen. (fxn)
24. Juni 2024, 15.30 Uhr: Ergänzt um Reaktion der Gegner der Liturgiereform.