Messstipendien und Kirchengelder: Kritik an mangelnder Transparenz
Das Thema Kirche und Finanzen taucht immer wieder im öffentlichen Diskurs auf, auch in Kroatien. Zuletzt hatte eine öffentliche Debatte über Messstipendien für Aufsehen und hitzige Diskussionen gesorgt. Die kroatischen Bischöfe haben bei ihrer jüngsten Vollversammlung die empfohlene Spende für eine Messfeier in besonderen Anliegen der Gläubigen von sieben auf zehn Euro erhöht. Die Entscheidung sorgte in den vergangenen Wochen für Zündstoff und polarisierte die Bürger. In zahlreichen Medien wie der Zeitung "Vecernji list" wurde der Kroatischen Bischofskonferenz (HBK) Geldgier vorgeworfen und von Kommentatoren ein System nach deutschem Vorbild vorgeschlagen. Die Kirche wirke karitativ in einem Bereich, der vom Staat wenig "bespielt" werde, hieß es hingegen von Befürwortern. Andere wiederum argumentierten, dass niemandem aus Geldmangel ein Messstipendium verweigert werde.
Ein Priester kann in der katholischen Kirche gegen ein Messstipendium eine Messe für spezielle Anliegen der Gläubigen feiern, während auch Messen ohne Spenden für die Bedürftigen empfohlen werden. Auch die Zeitung "24sata" wollte wissen, was Gottesdienstbesucher dazu sagen. Jeder solle nach seinem Gewissen handeln, meinte eine Katholikin aus der Hafenstadt Rijeka. "Man muss auch die Inflation berücksichtigen, die alle Lebensbereiche betrifft. Ein- oder zweimal im Jahr zehn Euro für etwas auszugeben, das einem Ruhe und Frieden bringt, ist nicht schwer", fügte sie hinzu. Für diejenigen, die kein Geld haben, sollte ein gewissenhafter und moralischer Geistlicher trotzdem beten, meint eine andere Gläubige. Und: "Das Geld kommt sowieso nicht ihm persönlich zugute, sondern dient den Bedürfnissen und Zwecken der Kirche und der ärmeren Gemeinden". Ein Mann pflichtet ihm bei und weist darauf hin, dass die Kirchengebäude instandgehalten werden müssten, dass man auch für Renovierungen und Heizung aufkommen müsse. Andere Gläubige, vor allem ältere Menschen, waren von der Preiserhöhung unangenehm überrascht. Ein Persionierter findet die Preiserhöhung gegenüber Rentnern unfair: "Ich hätte nichts gegen Preiserhöhungen, wenn unsere Renten höher wären. Die Kirche hätte sich aus anderen Quellen finanzieren sollen", so der Katholik aus dem Ort Slavonski Brod im Osten Kroatiens.
Gelder vom Staat
Eine der erwähnten "anderen Quellen" was die Finanzen angeht sind staatliche Beiträge, die der Kirche zugutekommen. Ein Kirchenbeitragssystem wie in Deutschland gibt es nicht, stattdessen ist das derzeitige Finanzierungssystem laut Kritikern uneinheitlich, intransparent und mangelhaft. Zwar setzt man primär auf Spenden, Kollekten und Messstipendien, hinzukommen aber vor allem staatliche Beiträge, die in jüngster Zeit für hitzige Diskussionen in der Öffentlichkeit gesorgt haben. Im April wurde dem politischen Wochenmagazin "Nacional" ein kircheninternes Dokument zugespielt, aus dem hervorgeht, wie viel Geld der Staat nur im Jahr 2024 an die katholische Kirche zahlte. Klerikern, denen das Dokument ebenfalls vorliegt, bestätigten dies auf Anfrage von katholisch.de. Die Öffentlichkeit wisse zwar, dass die Kirche jährlich Geld vom Staat erhalte, die Höhe sei aber bisher nicht bekannt gewesen.
Die Wochenzeitung habe das vertrauliche Dokument von einem Priester erhalten, der mit der Art und Weise, wie die Kirche über die vom Staat gezahlten Gelder verfüge, zutiefst unzufrieden sei, heißt es. Laut dem Dokument, bei dem es sich um einen Vorschlag für den Haushalt 2024 des Sekretariats der HBK handelt, werden mehr als 51 Millionen Euro vom Staat bereitgestellt, die größtenteils für die Gehälter der Priester bestimmt sind. Medienberichten zufolge scheint diese hohe Summe jedoch anders verteilt zu werden. Das bestätigte gegenüber katholisch.de ein Geistlicher, der seine Identität nicht preisgeben darf. Zu groß sei der innerkirchliche Druck und die Angst vor Sanktionen. Das Geld fließe vom Staat in einen sogenannten Priestergehaltsfonds der Bischofskonferenz. Von dort wird es an die einzelnen Diözesen verteilt. Ist das Geld in den Diözesen angekommen, verfügt allein der Bischof darüber und entscheidet im Alleingang, wie und wann es verteilt wird. Kontrollinstanzen, Verwaltungsausschüsse oder ähnliche Gremien gebe es nicht, so der Geistliche, der von einer "Grauzone" aufgrund mangelnder Kontrolle und Transparenz spricht. Niemand könne nachvollziehen, wie viel Geld die Diözese tatsächlich erhalte, wie viel der Bischof letztlich an die Pfarreien verteile, was übrig bleibe und was mit dem Rest passiere.
Aufgrund der alleinigen Entscheidungsgewalt des Bischofs und teilweise unterschiedlicher Regelungen in den Diözesen erhalten nicht wenige Priester geringere Gehälter. Dabei sollten die Gehälter der Priester in allen Teilen Kroatiens gleich sein. Das Grundgehalt beträgt 640 Euro, hinzu kommen bestimmte Zulagen, die von mehreren Faktoren abhängen. Dazu gehören die Anzahl der Gemeindemitglieder und die Dauer des Dienstes, die eingangs erwähnten Messstipendien und das Geld, das der Priester bei den verschiedenen anderen pastoralen Tätigkeiten erhält – zum Beispiel bei Haus- und Familiensegnungen, Sakramentenspendungen oder Beerdigungen. Auch dies, so der Priester, sei eine "Grauzone", da niemand kontrollieren könne, wie viel Geld zusammenkomme. Als Beispiel nannte er die so genannten Haussegnungen. Ein Teil des Geldes müsse vom Pfarrer an die Diözese abgeführt werden, aber niemand könne nachvollziehen, wie viel Geld der Pfarrer bei den Segnungen tatsächlich eingenommen habe.
Uneinheitliches System
Auf die Frage, was passiert, wenn eine Pfarrei nicht genug Geld für das Pfarrergehalt aufbringen kann, gibt es laut dem Geistlichen eine Lösung: Dann müsse die Diözese einspringen, was aber nicht immer und überall der Fall sei. Im bereits erwähnten Artikel des Politmagazins wird dazu ein verärgerter Pfarrer zitiert: "Nur wenige wissen, dass die Priester von ihrem Gehalt einige Kosten selbst tragen, die viele von der Diözese erwarten würden. So werden zum Beispiel die Heizkosten zu 50 Prozent von den Priestern und zu 50 Prozent von der Diözese getragen. Diese Kosten sind in den letzten Jahren viel stärker gestiegen als die Gehälter", heißt es. "Leider sind wir auf uns allein gestellt und unsere Zukunft ist sehr ungewiss, vor allem weil die Frage der Pensionen, die ganz in den Händen der Diözesen liegt, nicht klar genug geregelt ist und der Staat sich auch dieses Problems annehmen müsste", wird der Pfarrer vom Politmagazin zitiert.
Der ehemalige Parlamentsabgeordnete und katholische Theologe Marko Vučetić kommentierte dagegen gegenüber katholisch.de das Verhalten der Bischöfe: "Die katholische Kirche in Kroatien verliert langsam, aber unaufhaltsam ihre religiöse und spirituelle Identität. Seit der staatlichen Unabhängigkeit und vor allem seit dem Abschluss der Staatskirchenverträge verhalten sich die Bischöfe wie politische Gouverneure mit finanziellen Privilegien." Weder der Staat, der die Haushaltsmittel bereitstelle, noch die Pfarrer und Gläubigen hätten das Recht zu fragen, wie und wofür das Geld ausgegeben werde, so Vučetić. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Im Jahr 2015 schuf der heutige Erzbischof von Rijeka, Mate Uzinić, einen Präzedenzfall in der Kirche Kroatiens, indem er – damals noch als Bischof von Dubrovnik – als erster kroatischer Bischof den Finanzbericht seiner Diözese veröffentlichte.
Interne Dokumente innerkirchlicher Diskussionen, die katholisch.de vorliegen, zeigen, dass sich unter den Geistlichen schon länger Frust hinsichtlich der Gelderfrage aufgestaut hat. Ein Pfarrer kritisiert, dass in einer Region im Osten Kroatiens von den staatlichen Geldern nichts ankomme. Ein anderer kritisiert die Bischöfe scharf: Mit dem Geld würden die Oberhirten katholische Schulen und Museen eröffnen, ihre Ordinariate einrichten und sich einen "loyalen und gehorsamen Klerus" zusammenstellen. Für Gehälter und Pensionen bliebe wenig übrig. Ein anderer betont, dass viele Geistliche die Probleme kennen, aber schweigen, um ihre eigene Position nicht zu gefährden. Der Sanktionsdruck sei zu groß. Dennoch versuche man, anonym auf die Probleme aufmerksam zu machen. Eine Anfrage von katholisch.de bei der Bischofskonferenz zu den staatlichen Mitteln und der weiteren Finanzierung blieb bislang unbeantwortet.
„Seit der Unabhängigkeit des Staates und vor allem seit dem Abschluss der Staatskirchenverträge verhalten sich die Bischöfe wie politische Gouverneure mit finanziellen Privilegien.“
Neben der hohen Summe, über die die Bischöfe in ihren Diözesen unkontrolliert verfügen können, werden aus dem Haushalt 2,5 Millionen Euro für das Sekretariat der Bischofskonferenz ausgegeben, was die Frage im öffentlichten Diskurs aufkommen ließ, warum ein Büro mit nicht mehr als zehn hauptamtlichen Mitarbeitern so viel Geld benötigt. Auch die Medienförderung ist im Budget enthalten. Rund eine Million Euro erhalten der Katholische Rundfunk (HKR), die Nachrichtenagentur (IKA) und das Katholische Netzwerk (HKM), ein Internetportal mit Nachrichten aus dem Leben der Kirche. In der Öffentlichkeit und von Kritikern wird seit langem mehr Transparenz im Finanzbereich und eine Revision der Verträge zwischen Kirche und Staat gefordert. Es bleibt daher abzuwarten, ob und wann die Bischofskonferenz mit konkreteren Vorstellungen für ein transparentes System nachzieht. Dass das System jedoch reformiert wird, glaubt unser Gesprächspartner allerdings nicht – trotz der immer lauter werdenden Forderungen nach einer Reform des Staatskirchenvertrags. Denn je nach Position profitieren viele Kleriker von einem solchen System, in dem es keine Kontrolle und Transparenz gibt.