Ärger um Nonnenklöster – nicht nur bei den Schisma-Klarissen
Die schismatischen Klarissen von Belorado sind immer für eine Schlagzeile gut. Seit sich Mitte Mai zehn der Schwestern unter Führung ihrer Oberin Isabel de la Trinidad mit einem 70-seitigen Manifest von der "Konzilskirche" losgesagt haben, vergeht vor allem in spanischsprachigen Medien kaum ein Tag, an dem nicht neue Nachrichten erscheinen. Um die Situation zu normalisieren, betraute der Vatikan schon Ende Mai den Erzbischof von Burgos, Mario Iceta, als Päpstlichen Kommissar mit der Verwaltung und Aufsicht über das Skandal-Kloster. Iceta konnte die Situation nicht beruhigen. Die Nonnen holten sich den angeblichen Bischof Pablo de Rojas ins Kloster und bekannten sich weiterhin zu ihrem schismatischen Manifest.
Alle Ermahnungen des Päpstlichen Kommissars verhallten. Ende Juni zog Iceta die Reißleine: Nachdem die Nonnen jeden Versuch einer Einigung und einer Rückkehr zur Kirche ausgeschlagen hatten und sich auch weigerten, vor dem kirchlichen Gericht zu erscheinen, erließ der Erzbischof ein Dekret, mit dem er die Exkommunikation der zehn Schwestern sowie ihre Entlassung aus dem Orden feststellte. Die Exkommunikation gehört im kirchlichen Recht zu den "Besserungs- und Beugestrafen". Poena medicinalis, heißt es im Lateinischen – eine Strafe, die wie eine Medizin wirken und den Täter zurück auf den Pfad der Tugend führen soll. Bei den Nonnen von Belorado hat die Medizin nicht angeschlagen. Weiterhin akzeptieren sie die Autorität des vom Heiligen Stuhl eingesetzten Päpstlichen Kommissars nicht.
Seit der Exkommunikation ist weitere Bewegung in die Sache gekommen: Ihren schismatischen Bischof und seinen Helfer – in den spanischen Medien wird er "Cocktail-Priester" genannt, weil er in einer Bar gearbeitet hat – haben sie nach dem Dekret aus dem Kloster geworfen. Die (weltlichen) Anwälte, die von den Nonnen engagiert wurden, haben ihnen wohl bedeutet, dass es ihre Rechtsstellung nicht verbessert, wenn sie de Rojas weiterhin als ihren Bischof anerkennen, vermuten spanische Zeitungen. Zugleich spitzte sich der ökonomische Konflikt um das Kloster zu: Während Iceta und die von ihm eingesetzte Verwaltungskommission zusammen mit der Föderation der nordspanischen Klarissenkonvente versuchen, Ordnung in die Finanzen des Konvents zu bekommen, besetzen – so der Kommissar – oder verteidigen – so die Nonnen – die Schwestern ihr Kloster.
Öffentlicher Schlagabtausch via Instagram und Pressemitteilungen
Fast täglich liefern sich Kloster und Kommissar einen öffentlichen Schlagabtausch: Die Nonnen veröffentlichen auf ihrem Instagram-Account Stellungnahmen, in denen sie dem Erzbischof vorwerfen, dass er sich ihres Klosters bemächtigen will, die von ihm eingesetzte Verwaltungskommission hält dagegen und erklärt, warum sie die Klostergüter nun rechtmäßig verwaltet – und wie prekär das Kloster finanziell dasteht. Ihren Lebensunterhalt verdienten die Nonnen eigentlich mit der Herstellung von Süßigkeiten. Das scheint mittlerweile weitgehend zum Erliegen gekommen zu sein. Die Verwaltungskommission berichtet jedenfalls von unbezahlten Rechnungen, leeren Konten und ausstehenden Gehältern für die Beschäftigten des Klosters. Andere Klarissenklöster haben finanzielle Unterstützung zugesagt. Das ganze Ausmaß der finanziellen Misere ist für die Verwaltungskommission aber nicht transparent: Die Nonnen weigern sich, die nötigen Unterlagen herauszugeben.
Sie stellen sich auf die Position, dass das Kloster ihnen gehört, und, nachdem sie sich von der "Konzilskirche" losgesagt haben, nur sie rechtmäßig über die Klostergüter verfügen können. Dazu sollen sie mittlerweile auch eine Trägergesellschaft nach staatlichem Recht gegründet haben. Die Ankündigung des Päpstlichen Kommissars, die zehn rebellischen Schwestern zur Not zwangsräumen zu lassen, weisen sie daher empört zurück. Die Rechtsposition der Schwestern ist aber schwach: Nach kirchlichem Recht sind Ordensgemeinschaften öffentliche juristische Personen – vergleichbar mit Körperschaften des öffentlichen Rechts in Deutschland.
Relevant ist diese Rechtsform vor allem, weil das Vermögen solcher öffentlicher Personen immer als Kirchenvermögen gilt, nicht als Vermögen der einzelnen Ordensleute. Selbst wenn alle Schwestern – in Belorado sind nur zehn von 18 Nonnen mit ins Schisma gegangen – zustimmen würden: Ihr Kloster gehört nicht ihnen persönlich, sondern letztlich der Kirche. Sie können sein Vermögen nicht von der kirchlichen Rechtsperson auf eine Rechtsperson nach rein staatlichem Recht übertragen. Gemäß den Staats-Kirchen-Verträgen, die Spanien mit dem Heiligen Stuhl geschlossen hat, hat das kirchliche Körperschaftsrecht auch staatlich Wirkung: Wenn juristische Personen nach kirchlichem Recht errichtet werden, gelten sie automatisch auch gemäß weltlichem Recht als juristische Personen. Daher treffe der Vorwurf der Nonnen auch nicht zu, dass die Verwaltungskommission eingesetzt sei, um sie um ihr Vermögen zu bringen, betonte das Erzbistum.
Rechtlich stellt sich der Fall mit der Entlassung der zehn schismatischen Schwestern aus dem Orden so dar, dass sie für die Kirche nicht mehr als Ordensfrauen gelten, und sie keine Ansprüche auf das Klostergut und auf den Unterhalt durch das Kloster haben. Aufgelöst ist die Gemeinschaft damit nicht: Eine Schwester hatte das Kloster kurz nach dem schismatischen Manifest verlassen, ohne aus dem Orden auszutreten, zwei weitere lebten schon außerhalb der Klostermauern, und fünf alte Nonnen tragen das Schisma nicht mit, leben aber noch im Kloster und werden von den schismatischen Schwestern versorgt. Der Konvent von Belorado wird nun von den acht Schwestern gebildet, die nicht ausgeschlossen wurden, die aber selbst nichts ausrichten können: die einen aufgrund ihrer Abwesenheit, die anderen aufgrund ihres Alters, und alle aufgrund der Renitenz der ausgeschlossenen Schwestern, die das Kloster weiterhin besetzen – oder verteidigen, je nach Perspektive.
Nicht nur in Spanien Streit um Klostergut
Dass der Fall des Klosters in Belorado auch international so prominent ist, liegt vor allem an der an dem Fall sehr interessierten spanischen Presse, der es zwei der drei Parteien sehr einfach machen. Während der Päpstliche Kommissar nüchtern und rechtlich kommuniziert, sind sowohl die Nonnen als auch der mittlerweile geschasste angebliche Bischof sehr auskunftsfreudig – zum Streit um das Schisma und das Vermögen kommen so boulevardeske Züge, wenn etwa de Rojas jüngst beleidigt in einem Fernsehinterview erklärte, er habe die Oberin in seinem Handy blockiert. "Eine virtuelle Trennung im Millennial-Stil", kommentierte die Kirchenzeitung "Vida Nueva" süffisant. Die zehn Schwestern sammeln derweil online in einer Crowdfunding-Kampagne Geld. 20.000 Euro wollen sie sammeln, knapp über 1.000 Euro kamen innerhalb weniger Tage zusammen.
International relevant ist der Fall aber nicht nur wegen des Unterhaltungswerts der bizarren Umstände. Der Konflikt um die Klarissen von Belorado reiht sich ein in eine Reihe weiterer Konflikte um Frauenorden. Vor den Klarissen von Belorado waren die Karmelitinnen von Arlington in den Schlagzeilen – und wie in Spanien ist auch der Konflikt in Texas ungelöst.
In Arlington führte eine angebliche Verletzung des Keuschheitsgelübdes durch die Priorin des Klosters, Mutter Teresa Agnes Gerlach, zu einem immer weiter eskalierenden Konflikt. Der für das Kloster zuständige Bischof von Fort Worth, Michael Olson, teilte im Mai 2023 knapp mit, dass die Oberin "Sünden gegen das sechste Gebot begangen und ihr Keuschheitsgelübde mit einem Priester von außerhalb der Diözese Fort Worth gebrochen" habe. Daher werde das Kloster nun untersucht. Die Karmelitinnen wiesen die Vorwürfe zurück und wehrten sich mit Klagen vor staatlichen Gerichten gegen die Durchsuchung ihres Klosters, den angeblichen Verstoß der Oberin gegen ihr Gelübde wiesen sie zurück und erklärten ein angebliches Geständnis als Folge von Medikamenten, unter deren Einfluss die schwer kranke Schwester gestanden habe. Wie Iceta wurde auch Olson vom Vatikan als Apostolischer Beauftragter eingesetzt, und wie in Belorado sahen die Nonnen dort die Aufsicht durch den Bischof von außen als übergriffig an. Fast alle ihre kirchenrechtlichen Beschwerden wurden aber vom zuständigen römischen Ordensdikasterium zurückgewiesen; lediglich die von Olson verfügte Entlassung von Mutter Teresa Agnes aus dem Orden wurde vom Vatikan wieder kassiert. An den anderen Entscheidungen des Dikasteriums übten sie aber massive Kritik und akzeptieren sie nicht. Das war im Mai dieses Jahres – etwa zur selben Zeit, als der Konflikt in Belorado öffentlich wurde. Seither hat man aus Texas nichts Neues gehört. Die Karmelitinnen und der Bischof schweigen.
Schismatischer Bischof Viganò hat die Hände im Spiel
Eine weitere Parallele gibt es zwischen Spanien und Texas: Während sich die Klarissen dem angeblichen Bischof de Rojas angeschlossen haben, tritt in Arlington der mittlerweile als Schismatiker verurteilte Erzbischof Carlo Maria Viganò als Fürsprecher für die Schwestern auf. Auf der Webseite des Kloster hatten sie ein Unterstützungsschreiben Viganòs veröffentlicht, in dem er eine "ideologische Raserei" des von einem "ultramodernistischen Präfekten und einem korrupten und rücksichtslosen Sekretär" geleiteten vatikanischen Ordensdikasteriums als Grund für das Vorgehen gegen die Schwestern sieht.
Für Viganò war es nicht das erste Mal, dass er sich für Ordensfrauen im Konflikt mit der kirchlichen Obrigkeit eingesetzt hatte. Anfang 2023 meldete er sich im Konflikt um die Absetzung der Äbtissin des Benediktinerinnenklosters in Pienza zu Wort. Die Nonnen seien "Opfer der Begehrlichkeiten skrupelloser Kleriker" und "des ideologischen Zorns der Bergoglianer wegen ihrer Nähe zur Tradition und ihres Wunsches, sich nicht der modernistischen Indoktrination zu beugen", schrieb Viganò. Bei dem Konflikt ging es tatsächlich wohl um die Frage, ob die kommerziellen Aktivitäten des Klosters angemessen vermarktet wurden. Berichtet wurde über angeblich zu aggressive Online-Werbung und Social-Media-Auftritte. Ursprünglich wollte Viganò die Schwestern aus Pienza in Viterbo ansiedeln. Die Einsiedelei am Hang des Monte Palanzano gehört der mit Viganò verbundenen Stiftung "Exsurge domine". Nach der Absage der Schwestern kündigte der Erzbischof an, dort ein traditionalistisches Priesterseminar gründen zu wollen.
Neben der Nähe zu Traditionalisten ist Streit um Klostervermögen in diesen Fällen jeweils zentral. Auch in Arlington werfen die Nonnen dem Bischof vor, seinem Bistum das Kloster und sein Vermögen einverleiben zu wollen. Solche Konflikte kommen immer wieder vor: 2023 wollten zwei Klarissen die Schließung ihres Kloster an der Amalfiküste im süditalienischen Ravello nicht akzeptieren; der Vatikan entließ sie aus dem Orden. 2020 wollten Dominikanerinnen in Fognano in der Toskana die Schließung ihres Klosters nicht hinnehmen; auch hier ernannte der Vatikan einen Beauftragten. 2017 zerstritten sich die Erzdiözese Los Angeles und die Immakulata-Schwestern über ein leerstehendes Anwesen in Los Angeles, das die Sängerin Katy Perry kaufen wollte.
Ordensdikasterium schafft keine Befriedung
Immer wieder gibt es dabei Kritik am Ordensdikasterium. Verschärft wurde die Situation durch eine Neuregelung der Bestimmungen für Nonnenklöster. 2018 erließ die damalige Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens die Instruktion "Cor orans". Die Ausführungsbestimmungen zum Ordensrecht waren von Anfang an umstritten: Zwar sollten die Regeln die Unabhängigkeit von Klöstern stärken. So wurde etwa die Stellung der jeweiligen Oberin gestärkt, die jetzt für Entscheidungen etwa zur zeitweisen Beurlaubung von Nonnen seltener die Zustimmung Roms einholen muss. Gleichzeitig gab es aber auch neue Auflagen: Klöster wurden verpflichtet, sich in Verbänden zusammenzuschließen. Das passt nicht zum Charisma aller Orden – vor allem die Karmelitinnen haben traditionell sehr selbständige Klöster. Die Ausbildungszeit von Nonnen wurde auf mindestens neun Jahre verlängert – vor allem dort, wo Frauen erst später im Leben in einen Orden eintreten, wurde das als unverhältnismäßig angesehen, zumal die Ausbildung in Mönchsorden weniger lang und weniger zentral aus Rom geregelt blieb. Bei den Zusammenschlüssen von Klöstern wurde die Rolle eines Priester als "religiöser Assistent" mit stärkerer Verbindlichkeit ausgestattet; er wird vom Ordensdikasterium ernannt.
Auch die Regelungen zu Klosterschließungen sind konfliktträchtig: Eine Mindestzahl von fünf Schwestern im Kloster ist die Vorgabe, Schließungen werden angeraten, wenn es einer Gemeinschaft nicht mehr gelingt, "gemäß seinem kontemplativen Wesen und der Bestimmung des Ordens ein besonderes öffentliches Zeugnis für Christus und seine Braut, die Kirche, abzulegen". Überprüft wird das von "Ad-hoc-Kommissionen", die in solchen Fällen eingesetzt werden, und denen auch der Ortsbischof angehört. Im Fall einer Auflösung darf das Klostervermögen nicht an Dritte veräußert werden. Grundsätzlich wird es (immer unter Berücksichtigung eines eventuell vorhandenen Stifterwillens) entweder unter den Gemeinschaften anteilig aufgeteilt, die die verbleibenden Ordensfrauen aufnehmen oder, wenn ein Kloster komplett erloschen ist, es geht auf die übergeordnete juristische Person über, also zum Beispiel die Ordens-Föderation. Der Heilige Stuhl kann aber auch anderes verfügen – das kann Befürchtungen wecken.
In Deutschland gibt es bislang keine derart spektakulären Fälle. Aber sollte es zu Konflikten kommen, gibt es einen Ort, an den sich Ordensfrauen wenden können: Im vergangenen Jahr haben die Benediktinerinnen des Klosters Burg Dinklage ein Institut für Ordensrecht gegründet. Ausdrücklich mit der Zielsetzung, die von "Cor orans" zementierte Ungleichbehandlung weiblicher und männlicher Ordensinstituten anzugehen. Die Benediktinerinnen wollen mit ihrem Institut weltweit Ordensfrauen unterstützen, die missbraucht oder von kirchlichen Institutionen benachteiligt worden sind.
Bis vor kurzem war die Leitungsebene des Ordensdikasteriums rein männlich – obwohl die Mehrzahl der Ordensleute Frauen sind. Viel Hoffnung wurde daher damit verbunden, dass Papst Franziskus mit der Consolata-Missionsschwester Simona Brambilla im vergangenen Oktober eine Frau zur Sekretärin des Ordensdikasteriums berief – also zur zweithöchsten Beamtin nach dem Präfekten, Kardinal João Braz de Aviz. Seit 2011 steht der Brasilianer dem Dikasterium vor, die verschiedenen Konflikte und "Cor orans" fielen in seine Amtszeit. Er war eigentlich angetreten, um Vertrauen zwischen Rom und den Orden wieder herzustellen, nachdem sein Vorgänger scharfe Kritik an der Entwicklung vieler Orden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil geäußert hatte.
Eine Befriedung der vielen Konflikte steht noch aus. Aus Arlington hört man nur Schweigen, aber keine Lösung, die bisherige Strategie Roms, Bischöfe als Apostolische Kommissare zu bestellen, scheint kaum Früchte zu tragen – und die tragische Seifenoper in Belorado scheint sich mit jedem Tag nur noch mehr zuzuspitzen.
Korrektur, 15. 7. 2024, 13.10 Uhr: Verwendung des Klostervermögens.