Bischöfe sollen rechtssichere Normen schaffen

Bier fordert klare Regeln für Ausschluss von AfDlern aus Ehrenämtern

Veröffentlicht am 26.08.2024 um 11:26 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Die deutschen Bischöfe grenzen sich scharf von der AfD ab. Erste Konflikte wegen des Ausschlusses von Mitgliedern aus kirchlichen Ehrenämtern gibt es schon – aber kaum belastbare Regeln. Das müsse sich ändern, fordert Kirchenrechtler Georg Bier.

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Der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier fordert von den Bischöfen klare Regelungen für den Umgang mit AfD-Mitgliedern im kirchlichen Dienst und im Ehrenamt. In der aktuellen Ausgabe der Herder-Korrespondenz betont er die Notwendigkeit, den Umgang mit solchen Fällen für alle Beteiligten möglichst transparent und rechtlich belastbar zu gestalten. Eine Berufung lediglich auf die Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) gegen völkischen Nationalismus genüge nicht, da sie keine rechtsverbindliche Qualität habe.

Unter den bisher getroffenen Regelungen in einzelnen Bistümern hebt Bier die im Juli in Kraft getretenen Satzungen für die Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände in Magdeburg als "in formaler Hinsicht mustergültig" hervor. Darin werden neben öffentlichen Äußerungen gegen die Menschenwürde auch die Übernahme von Aufgaben und die Mitgliedschaft in Parteien, die von den zuständigen Behörden als extremistisch eingestuft werden, als Grund für die Aberkennung der Mitgliedschaft in einem kirchlichen Gremium benannt.

Bisherige Regeln oft zu unbestimmt und von Stimmung im Rat abhängig

Die Regelungen in anderen Bistümern wie Berlin, Dresden-Meißen und Würzburg kritisiert er aufgrund von interpretationsoffenen Formulierungen wie "kirchenfeindliche Betätigung" und "menschenfeindliche Ziele" als Ausschlussgrund. Problematisch sei auch, wenn es einen Ermessensspielraum gebe: "Es ist inkonsequent, wenn bestimmte Gründe nach den meisten Ordnungen zur Aberkennung der Mitgliedschaft führen können, aber nicht führen müssen." Lediglich in Berlin werde die Zugehörigkeit zu menschenfeindlich agierenden Organisationen als absolut unvereinbar mit einer Ratsmitgliedschaft betrachtet. Besonders kritisch sieht es Bier, wenn der Ausschluss eines Mitglieds auf der Grundlage eines Beschlusses des jeweiligen Gremiums angestoßen werden muss. Maßgeblich sei dann nicht eine bestimmte Betätigung als solche, sondern deren Bewertung durch die Ratsmitglieder: "Den Ausschlag geben nicht objektive oder verobjektivierbare Kriterien, sondern letztlich die Toleranzschwellen der Ratsmitglieder und die im Rat vorherrschende Gesinnung – was zum Problem werden könnte, wenn dem Rat hinreichend viele Sympathisanten völkisch-nationalistischer Positionen angehören." Lediglich in Magdeburg könne der Bischof im Rahmen der kirchlichen Aufsicht selbst tätig werden.

Der Kirchenrechtler sieht es als notwendig an, dass alle deutschen Diözesanbischöfe möglichst zügig klare Normen erlassen. Darin solle geregelt werden, welche Betätigungen, Haltungen oder gegebenenfalls auch Parteizugehörigkeiten mit der Mitgliedschaft in kirchlichen Räten unvereinbar sind. Die Entscheidung über die Ratsmitgliedschaft müsse daher entkoppelt werden von den vorherrschenden Überzeugungen in der jeweiligen Gemeinde: "Der Diözesanbischof als letztverantwortlicher Leiter des Gottesvolkes seiner Diözese hat die Kompetenz, unabhängig von Anträgen und Mehrheitsbeschlüssen der Ratsmitglieder zu handeln und zu entscheiden." Ob über die Mitgliedschaft in Gremien hinaus auch andere ehrenamtliche Tätigkeiten zu regulieren seien, müsse noch diskutiert werden. "Auch und vielleicht sogar gerade in diesem Bereich, der regelmäßig durch eher unverbindliche informelle Absprachen geprägt ist, muss für alle Beteiligten transparent geklärt und vermittelt werden, auf welcher Grundlage ehrenamtliche Tätigkeit geschieht und geschehen kann."

Spielraum bei Beschäftigten im kirchlichen Dienst ungewiss

Für hauptamtlich Beschäftigte legt die Grundordnung des kirchlichen Dienstes schon jetzt fest, dass die Verbreitung rechtsextremer, rassistischer oder antisemitischer Parolen als kirchenfeindliche Betätigung zur Kündigung führen kann. "Der kirchliche Gesetzgeber könnte künftig ergänzend festlegen, dass die Anforderungen an kirchlich Beschäftigte bereits verletzt werden durch die bloße Zugehörigkeit zu einer Partei, die entsprechende Parolen propagiert", schlägt Bier vor. Dabei könne sich die Kirche zwar auf ihr grundgesetzlich geschütztes Selbstbestimmungsrecht berufen, ob eine derartige Regelung aber vor den staatlichen Arbeitsgerichten Bestand hätte, sei mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung aber zweifelhaft.

Im Februar hatte die DBK erklärt, dass die "Verbreitung rechtsextremer Parolen – dazu gehören insbesondere Rassismus und Antisemitismus – […] überdies mit einem haupt- oder ehrenamtlichen Dienst in der Kirche unvereinbar" sei. Die Kirche weise alle Formen von Extremismus mit Nachdruck zurück: "Sie sind unverantwortliche Gefährdungen des Gemeinwohls und der freiheitlichen Ordnung. Gegenwärtig stellt der Rechtsextremismus die größte Bedrohung extremistischer Art für unser Land und für Europa dar." Im April wurde der saarländische AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Schaufert von seiner Mitgliedschaft im Verwaltungsrat einer Pfarrei des Bistums Trier enthoben. Seine Proteste dagegen blieben erfolglos. Im Juli wurde ein AfD-Funktionär im Erzbistum Paderborn von seinen Ehrenämtern als Lektor und Organist in Hamm ausgeschlossen. (fxn)