Partei wolle Regimewechsel herbeiführen

Ex-Chef von Bayerns Katholiken-Komitee: AfD bedroht den Rechtsstaat

Veröffentlicht am 27.08.2024 um 10:29 Uhr – Lesedauer: 

Regensburg/Freiburg ‐ In die SPD trat Albert Schmid einst ein, weil die Partei früh gegen die Nazis Widerstand leistete. Einen Rückfall in das Denken der Faschisten hätte der frühere Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern nicht mehr für möglich gehalten.

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Der frühere Vorsitzende des höchsten katholischen Laiengremiums in Bayern, Albert Schmid, glaubt nicht daran, dass es der AfD gelingen wird, Regierungsverantwortung zu übernehmen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass die 70 Prozent oder mehr, die gegen die AfD stehen, einen Weg finden werden, um Deutschland und auch die Länder in Ostdeutschland regierungsfähig zu halten", sagte der 78-jährige SPD-Politiker der "Katholischen Sonntagszeitung für das Bistum Regensburg". Dennoch stelle sich die Frage nach der Bedrohung des Rechtsstaates. Die Absichten der AfD seien unverkennbar darauf gerichtet, einen Regimewechsel herbeizuführen.

Andererseits setze er auch auf die Fähigkeit des Umdenkens, des Lernens in Kreisen der Anhängerschaft der AfD, erklärte Schmid. Dabei könne das Zeugnis von Christen hilfreich sein, die sich für die Demokratie von Anfang an nach dem Zusammenbruch der Nazizeit eingesetzt hätten. Dies sei damals eine große Herausforderung gewesen, und eine ähnliche stelle sich auch jetzt. Man solle das Potenzial des Umkehrens nicht gering schätzen, so der Sozialdemokrat. Er selbst sei einst in die SPD eingetreten, weil sie die einzige demokratische Partei gewesen sei, die von Anfang an Widerstand gegen die Nazis geleistet habe, sagte Schmid: "Dass es in Deutschland wieder so einen Rückfall gibt in simplifizierendes, andere verachtendes Denken hatte ich so nicht mehr für möglich gehalten und bin deshalb entsprechend betroffen." Nun müsse überlegt werden, welche Verantwortung sich für jeden daraus ergebe, vor allem für Christen.

Den deutschen Bischöfen sei er dankbar für ihre Erklärung mit dem Titel "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar", in der sie sich von der AfD abgrenzen und diese Partei als für Christen nicht wählbar bezeichnen. Er sei eigentlich nie ein Freund von sogenannten Wahlhirtenbriefen gewesen, aber diese jetzigen Äußerungen stünden in einem größeren Zusammenhang. Es sei den Bischöfen wohl ein Stück weit auch darum gegangen, "die Position ihrer Vorgänger in der Nazizeit und vor der Nazizeit zu korrigieren. Man wollte sich nicht ein weiteres Mal dem Vorwurf aussetzen, sich nicht rechtzeitig zu Wort gemeldet zu haben." – Schmid war von 2000 bis 2010 Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Von 2009 bis 2017 stand er an der Spitze des Landeskomitees der Katholiken in Bayern.

Daniel Günther: AfD darf nie in Land oder Bund regieren

Unterdessen warnte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) seine Partei vor jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD. "Aus meiner christlichen Überzeugung heraus ist es in jedem Fall das Wichtigste, dass wir nichts mit Rechtsradikalen eingehen", sagte Günther in einem Interview der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" (September-Ausgabe). Angesichts der Landtagswahlen in drei östlichen Bundesländern betonte der CDU-Politiker, es sei "völlig klar, dass wir gegenüber der AfD klare Kante fahren müssen, damit diese Partei niemals in einem Land oder auf Bundesebene Regierungsverantwortung übertragen bekommt".

Die CDU sei aus historischer Sicht "ein Bollwerk gegen nationalsozialistische und rechtsextreme Umtriebe, sie wurde deshalb gegründet", betonte Günther. Er sei zudem der Meinung, "dass es keine Äquidistanz zur AfD und zur Linkspartei gibt". Das sei Konsens in der CDU. Unter Äquidistanz versteht man einen gleich großen Abstand. Seine Parteifreunde würden nach der Wahl "kluge Entscheidungen treffen", prognostizierte der CDU-Politiker. In Thüringen, Sachsen und Brandenburg wird in den kommenden Wochen ein neuer Landtag gewählt – in Thüringen und Sachsen bereits am 1. September und in Brandenburg am 22. September.

Der christliche Glaube sei für ihn eine wichtige Motivation bei seinem politischen Engagement, sagte Günther, der Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist. "Ich war allerdings nie jemand, der seinen Glauben wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat", betonte der 51 Jahre alte Regierungschef. Er prüfe aber bei wichtigen Entscheidungen "immer, ob ich sie mit meinem christlichen Glauben verantworten kann". Günther sieht es als beunruhigende Entwicklung an, dass die Bindung vieler Menschen an die Kirchen zurückgeht. "Solche gesellschaftlichen Institutionen sind für das Wertegerüst einer Gesellschaft unverzichtbar", sagte er. "Das Argument, man glaube zwar an Gott, könne aber mit der Institution Kirche nichts anfangen, ist sehr kurz gesprungen", betonte der Ministerpräsident. "Denn ein christlicher Glaube ist ohne eine Kirche, die ihn weiterträgt und erlebbar macht, nicht denkbar." (tmg/KNA)