Kräutler über Weltsynode: Kirche zu sehr mit sich selbst beschäftigt
Der aus Österreich stammende Amazonas-Bischof Erwin Kräutler hat sich erschüttert darüber gezeigt, dass das "Instrumentum laboris" zur im Oktober beginnenden zweiten Sitzungsperiode der Weltsynode kaum von Menschen am Rande der Gesellschaft spricht. "Die 'Synodalsynode' kann sicher nicht über den eigenen Schatten springen, aber ein Rückzug 'aus der bösen Welt' in weihrauchgeschwängerte Sakristeien oder der Versuch, durch liturgische Groß- und Kleinveranstaltungen mit viel Pomp, Trara und prunkvollen Gewändern wieder die Massen anzuziehen, ist sicher der falsche Weg", schreibt Kräutler in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (Montag, online). Die Gefahr sei groß, dass sich die Kirche "gerade nach dem skandalösen, grausigen Missbrauchskapitel wieder besonders mit sich selbst beschäftigt", so der Bischof.
Kräutler kritisiert, dass das "Instrumentum laboris" empfehle, den Menschen zuzuhören, die Armut und Marginalität erlebten. "Kommt denn das Synodenpapier erst jetzt drauf, dass es wichtig ist, den Menschen zuzuhören, insbesondere den Menschen, denen sonst niemand zuhört?", fragt er. "'Zuhören' wäre nun tatsächlich ein wesentlicher Schritt zu einer, im kirchlichen Alltag, gelebten Synodalität." Um den Menschen überhaupt zuhören zu können, müssten sich Kirchenvertreter aber zunächst aus der "kirchlich geschützten Geborgenheit hinaus in die geächtete, verabscheute Ungeborgenheit der Peripherien hineinwagen". Grundsätzlich sei das Arbeitsdokument mehr "ad intra" gerichtet und nicht an die "Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art", schreibt Kräutler in Bezug auf das Dokument "Gaudium et spes" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65).
"Das ist Synodalität im Sinne Jesu!"
Der Amazonas-Bischof wirbt in seinem Beitrag für Reformen in der Kirche, um "besonders schwerwiegende Barrieren für eine synodale Kirche" aus dem Weg zu räumen. Die Kirche tue sich noch immer "verdammt schwer" damit, das allgemeine Priestertum aller Gläubigen zu betonen. "Es gibt Priester, und auch Bischöfe, die es als ihren Auftrag verstehen, die 'alte Disziplin' wiederherzustellen. Den Amtsträgern in der Kirche soll endlich die 'althergebrachte' Autorität zurückerstattet werden", so Kräutler. Damit werde die Kluft zwischen Amtsträgern und Laien noch weiter vertieft. "Kirchliche 'Autorität' erhebt nicht jemanden über das Volk! Im Gegenteil, wir sind 'für' das Volk da und 'mit' dem Volk Gottes unterwegs. Das ist Synodalität im Sinne Jesu!"
Die Teilhabe der Frauen in der Kirche sei ein Thema, mit dem Synodalität stehe und falle. "Und da ist es für mich unverständlich, warum unser Papst Franziskus gerade dieses Thema aus dem Synodenprogramm gestrichen und, wie es scheint, auf den Sankt Nimmerleinstag hinausgeschoben hat." Zwei Kommissionen hätten "in der Geschichte der christlichen Urgemeinden herumgewühlt", ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Es gehe jedoch nicht darum, was vor 2.000 Jahren tatsächlich gegolten habe, sondern um Antworten auf die Herausforderungen der aktuellen Zeit, so Kräutler. "Wenn Frauen seit Jahrzehnten in den allermeisten Gemeinden Amazoniens, in den Städten und 'im Busch', als Gottesdienst- und Gemeindeleiterinnen, Katechetinnen und Religionslehrerinnen wirken, das Wort Gottes verkünden und auslegen, zur Taufspendung und kirchlichen Assistenz bei Eheschließungen beauftragt sind, und es ihrem Einsatz zu verdanken ist, dass die Kirche in Amazonien überhaupt 'lebt', dann muss nun doch, um Gott es Willen, die 'Geschlechtergerechtigkeit' auch in unserer Kirche ankommen!", betonte der Bischof. "Im Klartext: die Weihegnade darf Frauen nicht länger verweigert werden!"
Kräutler war von 1981 bis zu seiner Emeritierung 2015 Bischof der flächenmäßig größten brasilianischen Diözese Xingu. Er engagiert sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung und für den Umweltschutz in Südamerika und war 2019 Teilnehmer der Amazonas-Synode. Dass das Votum der Synode für Diakoninnen und die Weihe verheirateter Männer zu Priestern nicht von Papst Franziskus aufgegriffen wurde, hat Kräutler mehrfach kritisiert. (cbr)