Bischofstreffen in Fulda richtete Blick auf zweite Weltsynoden-Runde

Herbstvollversammlung: Harmonie und Hoffnung – mit Fragezeichen

Veröffentlicht am 27.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Fulda ‐ Große Krisen standen auf der Tagesordnung der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Zu Reibungen zwischen den Bischöfen kam es dabei aber offenbar weniger. Für fünf der deutschen Bischöfe führt der Weg jetzt nach Rom. Mit im Gepäck: konkrete Hoffnungen.

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Es mag wie eine Randbemerkung wirken, und doch steht sie ein wenig symbolisch für die Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda: Zum Abschluss seines Statements bei der Pressekonferenz am Donnerstag kündigte Bischof Georg Bätzing an, dass sich die bischöflichen Reihen bei der Schlussvesper im Hohen Dom zu Fulda am Abend bereits etwas dünner sein würden. Das habe gesundheitliche Gründe oder hänge mit diözesanen Verpflichtungen zusammen. Dass viele Bischöfe schon früh die Rückreise antreten konnten, hatte aus Sicht von Bätzing aber noch einen weiteren Grund: "Weil wir so gut zusammengearbeitet haben."

Dass die kirchenpolitischen Ansichten auch innerhalb der Bischofskonferenz dabei mitunter weit auseinanderliegen können, wurde dabei schon am zweiten Tag der Vollversammlung deutlich. Beim Pressegespräch am Dienstag erneuerte Bätzing seinen Appell, die Weltsynode müsse "konkrete Schritte" finden, wie Frauen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens – auch in Leitungsfunktionen – einbezogen werden könnten. Und er ging noch einen Schritt weiter: "Ich wünsche mir sehr, dass die katholische Kirche es ermöglicht, dass Frauen die Diakonatsweihe bekommen können." Auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sagte bei der Pressekonferenz, es sei möglich, dass die Weltsynode nationalen Bischofskonferenzen den Freiraum geben könne, Frauen zu Weiheämtern zuzulassen. Gleichzeitig schränkte er ein: "Wahrscheinlich erst dann, wenn klar wird, dass das nicht einfach nur ein Zankapfel ist, an dem die Einheit der Kirche zerbricht", so Overbeck. Diese Einsicht sei allerdings noch nicht überall angekommen.

"Aber bei der Weihe bin ich ehrlich gesagt noch ein wenig skeptisch"

Der Augsburger Bischof Bertram Meier – genau wie Bätzing und Overbeck Teilnehmer der Weltsynode in Rom – widersprach bei der Frage nach einer Weihe von Frauen. "Wir haben emotionale Wünsche, wir haben aber auch die Aussagen des Lehramtes." Er versuche in seinem Bistum bereits, Frauen in Leitungspositionen zu befördern. "Aber bei der Weihe bin ich ehrlich gesagt noch ein wenig skeptisch."

Da wenige Tage nach der Vollversammlung die zweite Sitzung der Weltsynode in Rom beginnt, war Synodalität eines der zentralen Themen der Beratungen der Bischöfe. In einem Impulsvortrag referierte der Eichstätter Theologieprofessor Martin Kirschner über die Bedeutung der Synodalität angesichts einer von globalen Krisen gezeichneten Welt. Die Krisen der Kirche und die Krisen der gesamten Welt stehen laut Kirschner in einem inneren Zusammenhang. "Die Entfaltung von Synodalität in der Kirche lässt sich in dieser Perspektive als Versuch betrachten, einen neuen und umfassenderen Umgang mit den Krisen der Kirche zu finden", heißt es über Kirschners Vortrag im Pressebericht der Vollversammlung.

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Die Glaubens- und Kirchenkrise beschäftigte die Bischöfe aber nicht nur im Hinblick auf Synodalität. Vor allem in den Predigten der Gottesdienste nahm dieses Thema Raum ein. So konstatierte Bischof Bätzing im Auftakt-Gottesdienst, dass viele Menschen scheinbar folgenlos nicht mehr nach Gott fragten. "Tatsache ist, dass den meisten nichts fehlt, wenn sie ohne Religion und Glauben ihr Leben gestalten." Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger mahnte in seiner Predigt am Dienstag, die Kirche dürfe nicht bei internen Reform- und Strukturdebatten stehenbleiben. Auch ein wehmütiger Rückblick auf vergangene Zeiten helfe nicht weiter, ebenso wenig eine Abschottung oder der Gedanke an eine kleine Herde. Vielmehr gelte es, "eine Atmosphäre, ein Umfeld zu schaffen, was Glauben ermöglicht und was den Glauben fördert". Und der Berliner Erzbischof Heiner Koch predigte am Mittwoch, er könne in der gegenwärtigen Glaubens- und Kirchenkrise sogar einen Sinn erkennen: "Eine Kirche, die gerade heute in unserer gegenwärtigen kirchlichen Situation wahrlich nicht auf die eigene Leistungsfähigkeit und Stärke bauen kann, lernt heute vielleicht wieder viel tiefer und ehrlicher, ihre Hoffnung auf Christus zu setzen." Diese Hoffnung sei Kern des christlichen Glaubens.

Als wichtigen Ort für die Glaubenskommunikation in die Gesellschaft hinein bezeichnet der Pressebericht den Religionsunterricht an Schulen. Dieser Umstand ist ein Teil der Erklärung der deutschen Bischöfe zur Zukunft der katholischen Theologie, die bei der Herbstvollversammlung beschlossen und in den kommenden Tagen veröffentlicht wird. Denn die Theologie steht derzeit vor einigen Herausforderungen, wie zurückgehende Studierendenzahlen, unsichere rechtliche Rahmenbedingungen und Standortfragen. Das jetzige Dokument bezeichnete Bätzing als "wissenschaftspolitischen und -organisatorischen Beitrag" und als Stellungnahme an staatliche Stellen wie Rektorate, Universitätsleitungen und Wissenschaftsministerien. Man wolle mit dem Beitrag die Bedeutung der Theologie als Wissenschaft und als Studienfach in Erinnerung halten, so Bätzing. "Denn auch in einer Kirche der Umbrüche ist die Theologie in Zukunft unverzichtbar."

Prägend war das Thema Hoffnung im Statement, das der Jerusalemer Patriarch, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, an die deutschen Bischöfe richtete. Sie hatten ihn eingeladen, um ein authentisches Bild der Lage im Nahen Osten zu zeichnen. "Heute spüren wir mehr Angst als Hoffnung", sagte der Vertreter der lateinischen Christen im Heiligen Land. Der Angst müsse man mit den "Waffen des Glaubens und des Gebets" begegnen. "Jetzt ist die Zeit der Hoffnung. Ich glaube, dass das Gegenmittel gegen Gewalt und Verzweiflung, woher sie auch kommen, darin besteht, Hoffnung zu schaffen und zu Hoffnung und Frieden zu erziehen", so der Kardinal. 

Kardinal Pierbattista Pizzaballa beim Pressegespräch
Bild: ©KNA/Katharina Gebauer

Pressegespräch zum Thema "Flächenbrand im Nahen Osten: Zur Situation der Christinnen und Christen im Heiligen Land" mit Kardinal Pierbattista Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem, während der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am 25. September 2024 in Fulda.

Pizzaballa kritisierte bei der Pressekonferenz am Mittwoch auch an die Religionsvertreter im Heiligen Land. "Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haben wir in den letzten Monaten keine Reden, Überlegungen oder Gebete von religiösen Führern gehört, die sich von denen anderer politischer oder gesellschaftlicher Führer unterscheiden", mahnte der Patriarch. Er habe den Eindruck, jeder von ihnen spreche aus der Perspektive seiner eigenen Gemeinschaft – oft sogar gegen die jeweils andere Seite gerichtet. Mehrfach betonte der Kardinal, dass Gewalt keine Lösung für Konflikte sei, sondern diese bloß verschärfe. Er forderte stattdessen kreative politische Lösungen.

Der Vorsitzende der bischöflichen Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten, der Paderborner Erzbischof Udo Bentz, appellierte auf der Pressekonferenz an die Menschen in Deutschland mit Spenden die schwierige Arbeit der Hilfsorganisationen in Gaza weiter zu unterstützen. Am Donnerstag warb auch Bätzing dafür, den Krieg in der Ukraine nicht zu vergessen, da die Menschen dort "vor dem vermutlich härtesten Winter" seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs vor über zwei Jahren stünden. "Ich appelliere daher an die Katholiken, in ihrer bewährten Solidarität nicht nachzulassen."

AfD stellt richtige Fragen – gibt aber falsche Antworten

Nicht nachlassen wollen die Bischöfe auch beim Thema AfD: Am Rande der Vollversammlung wurde bekannt, dass der Ständige Rat der DBK ein Papier mit dem Titel "Erläuterung zum Umgang mit extremistischen Positionen, die im Widerspruch zu tragenden Grundsätzen der katholischen Kirche stehen" beschlossen hat. Das Papier gibt Handlungsempfehlungen dazu ab, wie mit Haupt- und Ehrenamtlichen in der Kirche umgegangen werden kann, die Mitglied einer extremistischen Partei wie der AfD sind oder mit solchem Gedankengut offen sympathisieren. Bindend ist das Papier nicht: Jede Diözese kann selbst entscheiden, wie sie mit solchen Fällen umgeht. In Fulda erneuerte Bätzing auch seine Kritik an der AfD. Diese greife tatsächlich wichtige Fragen auf, die viele Menschen beschäftigten, so der DBK-Vorsitzende. Sie beantworteten diese Fragen dann aber falsch und extremistisch. Antworten auf diese Fragen brauche es dennoch.

Antworten auf drängende Reformfragen soll auch die Weltsynode bringen. Das wünschen nicht nur Kirchenvertreter und Gläubige in Deutschland. Wie groß seine Hoffnung ist, dass es wirkliche Fortschritte geben wird, wurde Bätzing am Ende der Pressekonferenz am Donnerstag gefragt. "Also ich bin sehr zuversichtlich, dass wir Fortschritte machen." Bätzing ging dazu noch einmal auf das Thema der Gleichberechtigung von Frauen und ihre Beteiligung an Kirchenleitung und -entscheidungen ein. Dieses Thema sei im seit 2021 laufenden synodalen Prozess aus allen Teilen der Weltkirche gekommen. "Daraus schöpfe ich die Hoffnung, dass dazu etwas formuliert wird." Ob sich diese Hoffnung am Ende erfüllen wird, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.

Von Christoph Brüwer