Klerikalismus und Frauenfrage erforderten weiterhin sensible Beratung

Kardinal Koch: Europas Kirche braucht geistliche Vitaminspritze

Veröffentlicht am 01.10.2024 um 12:56 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Zwölf Tage verbrachte Papst Franziskus in Asien und dem Pazifikraum. Das zeigt: Die Bedeutung des Globalen Südens wächst in der Weltkirche – und die Europas schwindet. Kardinal Koch erklärt, was das für Europa bedeutet.

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Europa muss seinen neuen Ort in der Weltkirche finden, sagt der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch. In der Zeitschrift "Communio" (Montag) erklärte er, das Ende des Eurozentrismus in der katholischen Weltkirche führe zu Herausforderungen, aber auch Chancen: "In früheren Jahrhunderten hat die Kirche in Europa mit der Entsendung von Personen und mit der Errichtung kirchlicher Werke viele Beiträge in die Weltkirche hinein geleistet." Er ergänzte: "Heute, da das Christentum in Europa glaubensmüde und schwach geworden ist, ist es seinerseits auf geistliche Vitaminspritzen aus der Weltkirche angewiesen, die es in Demut und Dankbarkeit anzunehmen gilt."

Zum Arbeitsdokument für die Weltsynode im Vatikan sagte Koch, dass man in Bezug auf die dort angesprochenen "toxischen Formen des Klerikalismus" unterscheiden müsse: Während der Klerus eine wichtige Sendung in der Kirche wahrzunehmen habe, sei der Klerikalismus ein Missbrauch der dem Klerus aufgetragenen Sendung. Der Kardinal sagte wörtlich: "Dabei sollte nicht verschwiegen werden, dass der 'Klerikalismus' eine Urversuchung darstellt und auch bei Laien festgestellt werden kann." Mit Blick auf die Rolle der Frauen in der Kirche stellte er fest, man könne nicht davon ausgehen, dass "der adäquate Ort und die Sendung der Frau in der Kirche heute bereits zufriedenstellend gefunden wären". Beide Themen brauchten weiterhin solide und sensible Beratung.

Koch: Leitungsverantwortung evangeliumsgemäß wahrnehmen

Teilnehmer am Reformprozess Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland hatten sich dafür eingesetzt, bischöfliche Leitungsautorität mittels freiwilliger Selbstverpflichtungen an Mehrheitsentscheidungen gemischt besetzter synodaler Gremien zu binden. Hierzu erklärte Koch, das stelle eine problematische Denkfigur dar, die mit dem katholischen Kirchenverständnis nicht zu vereinbaren sei: "Denn ein Bischof kann sich von seiner Selbstverpflichtung, die er bei seiner Weihe eingegangen ist, nicht selbst dispensieren."

Ein Bischof müsse allerdings seine Leitungsverantwortung so wahrnehmen, dass sie evangeliumsgemäß und im Dienst der dem Bischof anvertrauten Ortskirche gelebt werde. Koch ergänzte: "Dazu gehören auch Transparenz und Rechenschaftspflicht." Denn die Kirche sei die Weggemeinschaft des Glaubens, die hierarchisch und synodal zugleich verfasst ist. Dabei sei dem "Zugleich" bei den synodalen Beratungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. (KNA)