Update zur Synode über Synodalität

Woche vier der Weltsynode: Gespannter Blick aufs Abschlussdokument

Veröffentlicht am 26.10.2024 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ Heute ist es so weit: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stimmen in Rom über das Abschlussdokument der Weltsynode ab. Damit endet nach mehr als drei Jahren vorerst ein synodaler Prozess, am dem sich das ganze Volk Gottes beteiligen sollte. Doch auch jetzt bleiben Fragen offen.

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"Wir sind in der Endphase der Arbeit unserer Synodenversammlung angelangt, die die Früchte einer langen Reise sammelt, die im Oktober 2021 begann", sagte der Generalsekretär der Weltsynode, Kardinal Mario Grech, zu Beginn der Woche in einem Gottesdienst. Es gelte, "die Früchte unseres synodalen Wegs und unserer Versammlung zu ernten, ohne uns zu spalten, sondern die Gemeinschaft zu suchen". Protagonist der Synode sei der Heilige Geist. "Wenn wir auf die Stimme des Geistes hören, wird der Abschluss dieser synodalen Versammlung nicht das Ende von etwas sein, sondern ein neuer Anfang, damit das Wort Gottes sich ausbreitet und verherrlicht wird", so Grech.

Tatsächlich steuerte die Weltsynode in ihrer vierten Sitzungswoche auf den wichtigsten Moment zu: die Abstimmung über das Abschlussdokument am Samstag. Denn dann stimmen die rund 370 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Synode Punkt für Punkt über das ab, was sie dem Papst als Ergebnis des 2021 begonnenen weltweiten synodalen Prozesses vorlegen wollen. Dass es ernst wird, merkt man allein an der Kleiderordnung: Saßen die anwesenden Bischöfe, Erzbischöfe und Kardinäle mitunter einfach in schwarzen Anzügen an den runden Tischen in der Synodenaula, müssen sie am Samstag in Soutane mit den ihrem Rang entsprechenden Pileolus und Cingulum auftreten.

Söding: Mit römischen Texten "erwachsen umgehen"

Für die meisten Synodalen bedeuteten die letzten Tage vor der großen Schlussabstimmung jedoch Freizeit. Nach der Vorstellung des ersten Entwurfs des Schlussdokuments am Montag, diskutierten die Delegierten zu Beginn der Woche noch über Änderungsvorschläge. Seit Mittwochnachmittag ist nun das 14-köpfige Redaktionsteam des Synodensekretariats damit beschäftigt, die Eingaben in das Dokument einzubauen und am Ende trotzdem einen sprachlich und stilistisch einheitlichen Text zu formen.

Wie konkret das Abschlussdokument dann in seinen Vorschlägen an den Papst tatsächlich sein wird, wird sich am Samstagabend zeigen, wenn das Dokument in Rom veröffentlicht wird. Der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und theologische Berater der Weltsynode, Thomas Söding, erwartet jedenfalls eine Reihe von eher "weichen" Formulierungen. In einer virtuellen Podiumsdiskussion wies er am Donnerstag aber darauf hin, dass man mit römischen Dokumenten grundsätzlich "erwachsen umgehen" müsse. Das heißt: Offen formulierte Spielräume als Möglichkeiten für Reformen nutzen.

Der Dominikaner Timothy Radcliffe
Bild: ©Lola Gomez/CNS photo/KNA (Archivbild)

Warnte davor, das Abschlussdokument der Weltsynode nur nach bekannten Schlagworten zu durchforsten: Synodenprediger und Neu-Kardinal Timothy Radcliffe.

Dabei mahnte der designierte Kardinal und Synodenprediger Timothy Radcliffe bereits am Montag in einem Pressebriefing, man dürfe das Abschlussdokument nicht bloß auf einschlägige Schlagworte abgrasen. "Der springende Punkt sind nicht die dramatischen Beschlüsse, sondern eine neue Art und Weise, Kirche zu sein", sagte der Dominikaner.

So wird man positive Beschlüsse zur Weihe von Frauen im Schlussdokument sehr wahrscheinlich vergeblich suchen. Das Thema beschäftigte die Delegierten trotzdem auch in der vierten und letzten Woche der Weltsynode: Am Donnerstag fand diesbezüglich ein Treffen des Glaubenspräfekten Kardinal Víctor Manuel Fernández mit Interessierten statt. Nachdem eine von der Synodalversammlung geforderte Aussprache am vergangenen Freitag ohne den Chef des Dikasteriums für die Glaubenslehre stattgefunden und für einigen Unmut unter den Synodalen gesorgt hatte, kamen insgesamt rund 100 Frauen und Männer zu dem Treffen, um mit Fernández über die Ergebnisse der Studiengruppe 5 zur Rolle der Frau in der Kirche zu sprechen. Und anders als seine Mitarbeiter am vergangenen Freitag, beantwortete der Glaubenspräfekt tatsächlich die Fragen der Anwesenden.

Fernández stellte dabei klar, dass Papst Franziskus keineswegs entschieden habe, dass Frauen definitiv nicht zum Diakonat zugelassen werden könnten. Damit habe der Papst die Tür zum Frauendiakonat nicht geschlossen, so der Glaubenspräfekt. Dass die Zeit für eine Entscheidung allerdings noch nicht reif sei, bedeute vielmehr, dass die Schlussfolgerung noch nicht eindeutig getroffen werden könne. Daher müsse die Untersuchung fortgesetzt werden. Sein Dikasterium arbeite daran, neue Möglichkeiten für Dienste für ergründen, die Frauen übertragen werden könnten. Diese Aufgabe sei ihnen bereits vor der Synode gestellt worden, so Fernández.

Helena Jeppesen-Spuhler
Bild: ©KNA/Paolo Galosi/Romano Siciliani (Archivbild)

"Das sind nicht nur wir Frauen, sondern auch Kardinäle und Bischöfe, die empört sind, dass dieses wichtige Thema der Ämter generell und der Rolle der Frau nicht bearbeitet wurde", kritisierte die Schweizer Synodale Helena Jeppesen-Spuhler.

Dass dieses von den Synodalen geforderte Treffen tatsächlich etwas besonderes ist, zeigt sich auch daran, dass der originale Audio-Mitschnitt des gesamten Treffens im Nachgang veröffentlicht wurde. Denn dies widerspricht den üblichen Kommunikationsregeln des Vatikans zur Weltsynode. Gerade beim Thema Frauenweihe scheint daher ein Umdenken bei den Synoden-Verantwortlichen stattzufinden – dass allerdings nicht allen ausreicht. Die Schweizer Synodale Helena Jeppesen-Spuhler warf dem Vatikan etwa vor, den Teilnehmenden der Weltsynode in der Frauenfrage keinen Respekt entgegenzubringen. "Das sind nicht nur wir Frauen, sondern auch Kardinäle und Bischöfe, die empört sind, dass dieses wichtige Thema der Ämter generell und der Rolle der Frau nicht bearbeitet wurde." Auch der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in der Position des Papstes keine synodale Haltung.

Jenseits der Frage nach einer Weihe von Frauen verdichten sich darüber hinaus die Hinweise darauf, welche Themen eine Rolle im Abschlussdokument der Synode spielen könnten. So rechnet der Vatikan-Experte Marco Politi mit einer stärkeren Rechenschaftspflicht von Bischöfen – nicht nur gegenüber dem Papst, sondern auch gegenüber anderen Bischöfen und Gläubigen. "Das ist ein sehr interessanter Gedanke, der die Kirche durchlässiger, transparenter machen dürfte", sagte er in einem Interview am Dienstag.

Neuer Synodenrat gewählt – nur Bischöfe

Die Erfurter Kirchenrechtlerin und Weltsynoden-Expertin Myriam Wijlens betonte am Mittwoch den Wunsch der Weltsynode nach verbindlichen synodalen Beratungsstrukturen in allen Teilen der katholischen Kirche. So sei die verpflichtende Einführung von Versammlungen auf Pfarrei-, Bistums- und Kontinentalebene ein Anliegen, das sich bei den Beratungen in Rom deutlich gezeigt habe. Solche Zusammenkünfte von Klerikern und Laien seien ein wichtiger Schritt zur Dezentralisierung der katholischen Kirche und der Möglichkeit, spezifische Probleme vor Ort zu lösen.

Auch wenn mit dem Abschlussdokument die Arbeit der Weltsynode vorerst erledigt ist, geht das Anliegen – wie von Kardinal Grech am Wochenbeginn betont – weiter. Am Mittwoch wählte die Weltsynode einen neuen Synodenrat, der für das Thema der nächsten Synode sowie der Umsetzung der neuen Beschlüsse zu mehr Synodalität in der Kirche zuständig sein wird. Das Thema der nächsten Synode steht noch nicht fest. Bei dem Treffen mit Kardinal Fernández forderten Synodale bereits, die Weihe von Frauen zum nächsten Synoden-Thema zu machen. Papst Franziskus jedenfalls erhöhte die Mitgliederzahl des neuen Synodenrats bereits von 13 auf 17. Einen einschneidenden Kulturwandel durch die Weltsynode gab es hier aber nicht: Es konnten nur Bischöfe gewählt werden.

Von Christoph Brüwer