Für einen Wahrnehmungsindex: Damit Synodalität messbar wird
Wie wird die Weltkirche in einigen Jahrzehnten auf die 155 Passagen des Abschlussdokuments des Synodalen Prozesses 2024 schauen? Vielleicht ist aber auch diese Frage weniger relevant als vielmehr jene: Wer wird in einigen Jahrzehnten noch auf dieses Dokument schauen? Denn für die Mehrheit der Gläubigen in Europa reicht der "Rückenwind" für den weiteren Weg, wie es der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nannte, nicht aus, um in dieser Gestalt von Kirche weiter ihre Heimat zu sehen und dies mit Freude an ihre Kinder und Enkel weiterzugeben. Rückenwind ist die Weltsynode gleichwohl für jene, die bereit sind, sich auf einen langen Weg auf eine katholische Vielfalt hin einzustellen, von dessen Ziel sie wissen, dass sie es zu Lebzeiten nicht erreichen werden.
Wie kann in den kommenden Monaten und Jahren den Menschen Mut gemacht werden, die bereit sind, für nachkommende Generationen an einer wahrhaft synodalen, weil auch geschlechtergerechten Kirche mitzuwirken? Oder wie der deutsche Weltkirche-Bischof Meier es formuliert: Wie kann man weltweit "Synodalität auf Konstanz stellen"?
Plädoyer für einen "Synodalitätswahrnehmungsindex"
Dazu mag es hilfreich sein, eine globale Wirkungsmessung für Synodalität zu etablieren, welche die im Dokument geforderte Transparenz und Rechenschaftspflicht für Bischöfe mit smarten Indikatoren versieht. Wünschenswert wäre es, wenn einige theologische Fakultäten verschiedener Kontinente sich gemeinsam des Anliegens annähmen, einen "Synodalitätswahrnehmungsindex" aller Diözesen der Welt zu erstellen.
Weil Synodalität, so berichten die Synodenteilnehmer, viel mit Vertrauen und dem Gefühl gehört und wahrgenommen zu werden zu tun hat, sollte es ein zusammengesetzter Wahrnehmungsindex sein, der sich auf verschiedene Umfragen und Untersuchungen stützt (methodisch analog zum Transparency Perception Index von Transparency International). Neben den objektiv erhebbaren Fakten, wie der Existenz von Beratungsgremien und synodalen Strukturen mit Anhörungspflichten, würde solch ein Index auch abbilden, ob die Kirchenleitungen der Ortskirchen Synodalität tatsächlich mit Leben füllen. Die qualitative Sozialforschung gibt uns einen ganzen Instrumentenkasten an die Hand, wie die Wirksamkeit von Partizipationsrechten valide erhoben werden kann.
Gelebter Synodalität stetig mehr Raum geben
Ambitioniert, gar abwegig mag die Erstellung eines solchen Index manchen erscheinen. Er wäre aber ein wirksames Instrument, um zu prüfen, wie der Weg der Synodalität vor Ort beschritten wird. Die Universalkirche ist geprägt von verschiedenen Rhythmen, so das Abschlussdokument der Synode: "Die Annahme eines synodalen Stils ermöglicht es Kirchen, sich in unterschiedlichen Rhythmen zu bewegen. Unterschiede im Rhythmus können gewürdigt werden als Ausdruck der legitimen Vielfalt (...)".
Enttäuscht werden sicher jene, die aus dieser Formulierung Hoffnung für eine nahende Einheit in rhythmischer Vielfalt innerhalb der Universalkirche schöpfen. Jenen aber, die bereit sind den weiten Weg der Generationen hin zu einer inklusiven Kirche zu gehen, könnte ein Synodalitätswahrnehmungsindex Hilfe und Orientierung, vielleicht sogar bisweilen Gehstock und Halt sein. Und für jene, die in den Diözesen Leitungsverantwortung haben, könnte ein solcher Index Ansporn sein, gelebter Synodalität stetig mehr Raum zu geben.
Der Autor
Markus Demele (*1978) ist Generalsekretär von Kolping International in Köln.