Die Beichte als Voraussetzung für die Erstkommunion gehört abgeschafft
Der polnische Erzbischof Stanisław Gądecki sparte nicht an Kritik: Er fühle sich durch diesen "Unsinn" an stalinistische Verhältnisse erinnert, kritisierte er am Wochenende eine Petition an das polnische Parlament, die die Beichte unter 18 Jahren verbieten will. So überzogen die Petition wie die verbale Reaktion des Erzbischofs auch sein mögen: Sie weisen doch auf ein manifestes Problem hin. An der Heranführung von Kindern an die Beichte muss sich dringend etwas ändern.
Die bisherige, im Kirchenrecht verankerte Praxis, den Erstkommunionempfang von 8- oder 9-Jährigen an die Bedingung der vorherige Beichte zu knüpfen, ist hochproblematisch. Das zeigt eine ganze Reihe von Argumenten: Einerseits sind Kinder entwicklungspsychologisch laut Experten in diesem Alter noch gar nicht in der Lage, Konzepte wie Schuld und Sünde richtig zu begreifen. Studien haben zudem belegt, dass die Beichte anfällig ist für die Anbahnung von Kindesmissbrauch. Zudem wirkt in einer Zeit, in der auch bei Erwachsenen die Beichtpraxis stark zurückgeht, ein Beichtzwang für Kinder grotesk. Schließlich ist die Erstkommunionkatechese inzwischen für nicht wenige Familien der erste tiefere Berührungspunkt mit der Kirche. Dann gleich mit dem hochtheologischen Sakrament der Buße und Versöhnung zu kommen, kann leicht überfordern. Eine negative erste Beichterfahrung ist für den weiteren Zugang zur Beichte aber wohl eher abträglich. Das wäre tragisch, denn bei einem richtigen Verständnis kann das Sakrament tatsächlich eine positive, befreiende und stärkende Wirkung haben.
Ansätze, die bisherige Herangehensweise zu ändern, gab und gibt es schon: Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Freiburg etwa forderte 2024 eine Verlegung der ersten Beichte auf das Jugendalter. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es laut der Theologin Birgit Jeggle-Merz bis in die 1970er-Jahre vorübergehend Ausnahmegenehmigungen, die die Beichte erst nach der Erstkommunion ermöglichten. Jetzt gilt es, das Thema umfassend anzugehen. Vielleicht könnte für Papst Franziskus ja das gerade begonnene Heilige Jahr der Versöhnung ein Anlass sein, das Kirchenrecht in Bezug auf die Kinderbeichte ändern.
Die Autorin
Gabriele Höfling ist Redakteurin bei katholisch.de.
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