Warum Ursula Eichhoff die Witwenweihe empfing

Geweihte Witwe: "Ich bin Jesus versprochen"

Veröffentlicht am 04.03.2025 um 00:01 Uhr – Von Lisa Maria Plesker (KNA) – Lesedauer: 6 MINUTEN

Wassenberg/Bonn ‐ Der Bischof musste erstmal recherchieren, was da zu tun ist: Ursula Eichhoff ist als geweihte Witwe eine Exotin. Die ehrenamtlich engagierte Seniorin sagt, der Schritt sei wie eine Hochzeit und mache sie glücklich.

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"Ein heißer Wunsch ist in Erfüllung gegangen, den ich schon seit acht Jahren hege", sagt Ursula Eichhoff. Anfang Dezember hat der Aachener Bischof Helmut Dieser der 74-Jährigen die Witwenweihe gespendet. "Das ist so wie ein Ordensgelübde, nur nicht dem Orden unterstellt, sondern dem Bischof", erklärt die vielfach ehrenamtlich engagierte Frau im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Mit dem historischen Segensritus aus frühchristlicher Zeit verbunden ist das Versprechen, zölibatär zu leben. Außerdem müsse sie in der Gemeinde tätig sein und - wie ein Priester auch - mehrmals am Tag eine Gebetszeit absolvieren (das Stundengebet), sagt Eichhoff. "Ich persönlich lebe das schon seit acht Jahren. Ich habe das Jesus versprochen - und was man Jesus verspricht, muss man halten."

Die Angebote mehrerer sehr netter Männer, die mit ihr zusammen leben wollten, habe sie deshalb abgelehnt. "Die waren ganz überrascht, als ich gesagt habe: Ich bin besetzt." Sie sei Jesus versprochen, habe sie ihnen erläutert. Für sie sei die Witwenweihe so etwas wie eine kirchliche Hochzeit. Gut einen Monat nach dem großen Tag sagt sie: "Ich habe im Moment ein totales Glücksgefühl." Sie sei sehr gläubig und daher glücklich darüber, dass sie jetzt noch näher an Jesus dran sein könne.

Mit Vollmacht für die Menschen da

Eichhoff sagt, die Weihe gebe ihr eine gewisse Vollmacht: Jesus sage ihr: "Hier, mach was, setze deine Freizeit für mich ein". So habe sie ihm das angeboten - aus Dankbarkeit für ihr glückliches Leben und für ihre Gesundheit.

„Ein heißer Wunsch ist in Erfüllung gegangen, den ich schon seit acht Jahren hege.“

—  Zitat: Ursula Eichhoff

Konkret arbeitet sie im Vorstand des Pfarrgemeinderats mit, ist Vorsitzende des Gemeinderats in Wassenberg-Orsbeck. Sie engagiert sich als Lektorin und Kommunionhelferin, verteilt die Krankenkommunion und feiert Wortgottesdienste in Altenheimen. Sie bereitet Erwachsene auf Taufe und Firmung vor und ist Begräbnisleiterin. Wenn der Pfarrer sie beauftragt, kümmert sie sich auch um Asylsuchende.

45 Jahre glücklich verheiratet

Als junges Mädchen mit 15 oder 16 Jahren wollte sie Ordensschwester werden. Doch dann kam es anders: Eine innere Eingebung sagte ihr, sie solle heiraten. Noch Jahre bevor sie ihren späteren Mann kennenlernte. Nachdem sie ihren zukünftigen Mann dreimal getroffen hatte, habe er ihr einen Heiratsantrag gemacht. Sie habe ja gesagt und sei "in die Kirche reingestürzt und habe gebetet, gebetet, gebetet". Man könne ja nicht "irgendeinen heiraten", ohne Gott zu fragen, ob das wirklich der Mann ist, der von ihm kommt.

Gott war einverstanden, erzählt Eichhoff. "Dann waren wir nach zwei Wochen verlobt und nach zwei Monaten verheiratet. Meine Eltern standen Kopf. Meine Mutter hat das überhaupt nicht verstanden", schildert sie lachend. 45 Jahre habe die glückliche Ehe gehalten, bis ihr Mann 2016 starb.

Nach dem ersten großen Schock habe sie gedacht: "Ich verkaufe alles und werde Ordensschwester". Davon habe ihr allerdings ihr Pfarrer abgeraten, weil sie dann in der Gemeindeseelsorge nicht mehr so viel tun könne. Es gebe ja auch eine Witwenweihe, habe er kurz angemerkt. "Dann habe ich mich dahinter geklemmt - und das ist dann daraus geworden", ergänzt Eichhoff zufrieden.

Hartnäckig das persönliche Ziel verfolgt

Ihr erster Antrag auf Witwenweihe wurde vom Bischof abgelehnt. Doch sie habe den Bischof einmal im Jahr getroffen, weil sie Erwachsene auf Taufe, Kommunion und Firmung vorbereite. Bei den Erwachsenenfirmungen habe sie ihn immer wieder auf ihr Anliegen angesprochen - und jedes Mal eine ablehnende Antwort bekommen. Bis zum November 2024.

Aachener Dom
Bild: ©AdobeStock/Vincent

Die Pressestelle des Bistums Aachen erläutert, bei der Witwenweihe handele es sich um einen Segen. Man habe recherchiert, nach welchem Ritus diese stattfinden sollte. Dafür gebe es Vorlagen in einem Formular aus der ambrosianischen Liturgie aus dem vierten Jahrhundert.

Da habe Bischof Dieser mitten im Raum gestanden, und keiner sei bei ihm gewesen. Die Chance habe sie ergriffen und ihm ihre Beweggründe erläutert, sagt Eichhoff. Sie habe erklärt, dass sie das gewählte Lebensmodell bereits lebe und dazu nur noch einen Segen haben wolle. "Und dann sagte er: Ich merke, Sie meinen das ernst." Das Bistum Aachen bestätigt der KNA: Der tiefe Glaube und die innere Überzeugung von Frau Eichhoff hätten Bischof Helmut Dieser beeindruckt.

Ritus-Vorlage aus dem vierten Jahrhundert

Im Folgenden hätten sich Bischofshaus und Ordensbüro sehr bemüht, den passenden Ritus zu finden, berichtet Eichhoff. "Das muss ich nur lobend erwähnen." Schließlich sei sie die erste geweihte Witwe im Bistum Aachen. "Das kennt keiner", bilanziert sie amüsiert. Und das Bistum ergänzt: Weitere Anfragen zu einer Witwenbenediktion gebe es nicht. Deutschlandweit gibt es, wie Eichhoff inzwischen weiß, 13 geweihte Witwen, mit denen sie über WhatsApp in Kontakt ist.

Die Pressestelle des Bistums Aachen erläutert, bei der Witwenweihe handele es sich um einen Segen. Man habe recherchiert, nach welchem Ritus diese stattfinden sollte. Dafür gebe es Vorlagen in einem Formular aus der ambrosianischen Liturgie aus dem vierten Jahrhundert. Der Blick in andere Bistümer half weiter: "Dieser Ritus bildete die Grundlage für die Feier der Witwenbenediktion in Trier und wurde 2016 von Bischof Ackermann mit römischer Erlaubnis 'ad experimentum' eingesetzt (und wird bis zur Approbation eines offiziellen Ritus seitens des Heiligen Stuhls angewendet)", so das Bistum. Der Ritus richte sich nach dem approbierten Ritus für die Jungfrauenweihe.

Ehering mit neuer Bedeutung

Als es hieß, bei der Weihe bekomme sie einen Ring angesteckt, wie Ordensschwestern ihn tragen, machte sich Eichhoff Gedanken über ihren Ehering. Musste sie den ablegen? Doch als sie den Messritus zugeschickt bekam, sah sie: "Der Ehering wird neu gesegnet" - noch heute ist ihr die Erleichterung anzuhören. Ein Juwelier habe ihr zum Namen ihres Mannes" und zum Heiratsdatum "Jesus 9.12.2024" dazugrawiert. "Der Ring hat jetzt eine ganz andere Bedeutung für mich."

„Sie will ihrem heutigen Leben noch einmal eine tiefe innere Ausrichtung auf Gott geben und sich finden und zum Mitgehen rufen lassen. Damit möchte sie auch Menschen in ihrem Glauben ermutigen.“

—  Zitat: Bistum Aachen zur Witwensegnung

Das Bistum Aachen erklärte, für Ursula Eichhoff besiegele die Witwensegnung sozusagen ihre zweite Berufung nach der Ehe und Familie. Und weiter: "Sie will ihrem heutigen Leben noch einmal eine tiefe innere Ausrichtung auf Gott geben und sich finden und zum Mitgehen rufen lassen. Damit möchte sie auch Menschen in ihrem Glauben ermutigen."

Rückblickend würde sie trotz ihres neuen Glücks ihre Vergangenheit nicht ändern wollen: "Das ist von Gott so gewollt gewesen, und es war eine glückliche Ehe - das war schon richtig. Was Gott macht, ist richtig - braucht man gar nicht in Frage zu stellen."

Zwischen Unverständnis und geteilter Freude

Ihr Sohn steht hinter ihrer Entscheidung, die Witwenweihe anzustreben, berichtet Eichhoff. Doch ansonsten habe sie in ihrer Familie keine Unterstützung erhalten. Ihre Schwestern hätten sie nach dem Motto "Du bist naiv, du glaubst auch alles" für verrückt erklärt. So sei sie "ein Fischlein, das gegen den Strom schwimmt". Einige Menschen in ihrer Kirchengemeinde hätten sich dagegen richtig mit ihr gemeinsam gefreut und zu einer "herzergreifend schönen" Feier beigetragen.

Sie sei schonmal gefragt worden, ob sie nicht auch gerne Priesterin sein würde, sagt Eichhoff. Doch das wäre nicht ihr Fall. Es gebe eben Unterschiede zwischen Männern und Frauen, und deswegen hätten Männer und Frauen auch verschiedene Aufgaben. Die Kirche brauche dringend Priester, aber eben auch Frauen, die sich in der Verkündigung engagierten.

"Was Jesus angeht, da kann man mir sagen, was man will, das ist mir egal, da setze ich meinen Weg durch", sagt Eichhoff. Und ergänzt: "Weil ich weiß, das ist Gottes Weg - und auf ihn verlasse ich mich, und auf keinen anderen. Von ihm wird man nie enttäuscht."

Von Lisa Maria Plesker (KNA)