Himmelklar – Der katholische Podcast

Domsakristan: Sind keine Priester – viele verwechseln uns trotzdem

Veröffentlicht am 09.04.2025 um 00:30 Uhr – Von Tim Helssen – Lesedauer: 7 MINUTEN

Köln ‐ Oft wird er in seinem schwarzen Talar für einen Priester gehalten und gebeten, Gegenstände oder Personen zu segnen. Dass solche Situationen zu seinem Berufsalltag gehören, erzählt der Kölner Domsakristan Tom Gora im Interview.

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Wie fühlt es sich an, im Kölner Dom zu arbeiten und häufiger für einen Priester gehalten zu werden? Für den 24-jährigen Tom Gora gehört das zum Alltag, denn er ist einer der Sakristane am Kölner Dom. Wovor er besonders großen Respekt bei seiner Arbeit, welche Berufskrankheit ein Domsakristan hat und wie die Vorbereitungen auf das Osterfest aussehen, davon erzählt Tom Gora im Interview.

Frage: Sie haben einen schwarzen Talar als Berufskleidung, damit laufen Sie auch sehr regelmäßig durch den Dom. Wie reagieren die Touristen und Besucher darauf, wenn Sie so Ihre Arbeit machen?

Gora: Wer uns kennt, weiß natürlich, dass wir keine Priester sind. Viele verwechseln uns aber trotzdem, der Talar wird dann für eine Soutane gehalten, also die Alltagskleidung des Priesters. Dann werden wir oftmals gefragt, ob wir eine Person, oder einen Rosenkranz segnen könnten und alles, was im priesterlichen Dienst zu tun ist und nicht als Laie. Das ist schon manchmal amüsant, aber man verweist dann auf den jeweiligen Zelebranten, der zur Heiligen Messe kommt, sodass dieser sich dieses Anliegens annehmen kann.

Frage: Nun steht ja auch bald Ostern an. Wie bereiten Sie und Ihre Kollegen sich denn am Dom auf dieses wichtige Fest vor?

Gora: Wir bereiten uns schon vor der Fastenzeit auf diese Dinge vor. Das beginnt zum Beispiel mit der Bestellung von Öl, von Olivenöl für die "Missa chrismatis", also die Chrisammesse, die hier im Erzbistum Köln bei uns im Dom am Montag der Karwoche gefeiert wird. Der Kardinal kommt mit dem Presbyterium zusammen, also mit seinen Priestern und Diakonen. Sie feiern gemeinsam die Heilige Messe und innerhalb der Heiligen Messe werden dann die drei heiligen Öle, sprich Chrisam, Infirmorum, also das Krankenöl und das Katechumenenöl für die Taufbewerber geweiht. Das ist eine der ersten Aufgaben, die wir bewältigen: Es muss Öl bestellt werden.

Frage: Wie geht es dann weiter, wenn es so auf Ostern zugeht?

Gora: Mit dem Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch muss dann der alte Palm verbrannt werden, wir brauchen nämlich Asche für die Spendung des Aschenkreuzes. Im Verlauf der Fastenzeit müssen dann am fünften Fastensonntag alle Kreuze bei uns im Dom in Violett verhüllt werden. Dann beginnt die Heilige Woche mit dem Palmsonntag. Dafür muss dann Palm besorgt werden. Die Kreuze werden hier schön geschmückt, mit Palmen und mit Blumen. Das bedeutet viel Arbeit für uns. Und wie schon anfangs gesagt, ist die Chrisammesse ein Höhepunkt an Arbeiten, die für uns anstehen, wo dann die Kreis- und Stadtdechanten gemeinsam mit dem Domkapitel und dem Erzbischof gemeinsam und mit den anderen Priestern und Diakonen die Heilige Messe feiern.

„Wer uns kennt, weiß natürlich, dass wir keine Priester sind. Viele verwechseln uns aber trotzdem, der Talar wird dann für eine Soutane gehalten, also die Alltagskleidung des Priesters.“

—  Zitat: Tom Gora

Frage: Wenn ich an das Triduum denke, also Gründonnerstag, Karfreitag, Osternacht und dann der Ostersonntag und Ostermontag, sind das ja wahnsinnig viele Feierlichkeiten, die Sie vorbereiten müssen. Sind die vom Aufwand her geringer als die anderen oder was bereiten Sie dann für diese Feste vor?

Gora: An sich sind ja alle Anlässe unterschiedlich, sie haben ihren eigenen Charakter. Ich würde das gar nicht gewichten, welcher Tag für uns am meisten Arbeit bedeutet. Natürlich bereiten wir uns am Gründonnerstag auf die Abendmahlfeier am Abend vor. Die Fußwaschung muss vorbereitet werden, dann der Aufbewahrungsort für das Allerheiligste. Es muss geschmückt werden, der Altar wird nochmals geschmückt mit Blumen und Kerzen. Nach der Abendmahlsfeier, wenn das Allerheiligste dann in einen Seiten-Tabernakel gebracht wird, wird der Vierungsaltar entblößt. Die Kerzen werden gelöscht und es wird alles von hundert auf null Prozent reduziert. Der Dom zeigt sich dann von seiner Schlichtheit, von seiner Kargheit.

Frage: Wenn Sie selbst in anderen Kirchen oder in anderen Kathedralen sind, dann haben Sie natürlich diesen Hintergrund, dass Sie am Kölner Dom Sakristan sind. Haben Sie dann einen neuen Blick entwickelt, wenn Sie andere Kirchen besuchen? Denken Sie sich dann manchmal, hier fehlt noch etwas oder hier könnte man dieses und jenes gut machen? Wie sieht es aus, wenn Sie andere Kirchen besuchen?

Gora: Das ist eine lustige Frage. Man möge es mir verzeihen, das ist die Berufskrankheit. Wenn ich eine Kirche betrete, nachdem ich eine Kniebeuge vor dem Allerheiligsten mache, gehen die Augen nach links und nach rechts und man guckt sich an, was der Kollege oder die Kollegin an Blumenschmuck vorbereitet hat und wie die Altäre aussehen. Das ist normal, das ist menschlich, das ist auch nicht böswillig gemeint. Man interessiert sich aber natürlich auch, wie es andere machen, vielleicht auch als Ansporn, um es auch mal so zu machen mit der Dekoration, vielleicht mal nicht die Leuchter nur nach links, weil es jahrelang so war, sondern auch mal einen Neubeginn zu machen. Natürlich gilt es, Altes und Traditionen zu wahren, aber vielleicht auch mal in Absprache mit anderen etwas Neues zu machen. Dabei helfen mir auf jeden Fall auch diese Blicke in Kirchen.

Frage: Haben Sie schon mal in einer anderen Kirche etwas entdeckt, von dem Sie dachten, das hätten Sie auch gerne im Kölner Dom?

Gora: Letztes Jahr war das zum Beispiel der Adventskranz in der Marienkapelle. Zusammen mit meinen beiden Kollegen hatten wir überlegt, wie wir die Marienkapelle im Advent gestalten. Und da kam meinen beiden Kollegen und mir dann ein Adventsgesteck in den Sinn. Und ja, das hatte ich im Urlaub einmal in einer Kirche gesehen. Wir haben es dann mal ausprobiert und nach Genehmigung vom Domdechant hatten wir dann einmal ein Adventsgesteck in der Marienkapelle anstelle eines Adventskranzes stehen.

Bild: ©katholisch.de/msp

"Als Sakristan macht es Freude, wenn die Kirche voll ist. Mein Ziel ist es natürlich, dass der Dom brechend voll ist mit Gläubigen", sagt Gora.

Frage: Haben Sie als Sakristan auch ein Ziel, das Sie unbedingt mal erleben wollen, gibt es etwas, worauf Sie hinarbeiten?

Gora: Als Sakristan macht es Freude, wenn die Kirche voll ist. Mein Ziel ist es natürlich, dass der Dom brechend voll ist mit Gläubigen. Und dabei bin ich fest der Überzeugung, dass das werden kann.

Frage: Gibt es denn irgendwelche Aufgaben, vor denen Sie besonders viel Respekt haben?

Gora: Erst mal der Zugang zum Allerheiligsten. Wir Katholiken glauben ja an die Gegenwart Christi in der Heiligen Eucharistie, sprich, dass Jesus Christus gegenwärtig ist im Brot. Dem sehe ich mit großem Respekt und mit großer Ehrfurcht entgegen, dass wir auch diesen Zugang haben zum Allerheiligsten und Sorge tragen, dass alles mit Würde und Achtung versehen wird.

Frage: Ist denn während einer Messe oder während Ihrer Arbeit schon mal irgendwas schiefgelaufen?

Gora: Mir fällt spontan etwas ein, das jetzt nicht auf den Dom bezogen ist. In meiner Heimatgemeinde, wo ich auch jahrelang Küster war, wurden zu Heiligabend zu wenig Hostien konsekriert und dann musste der Heiland, also das Allerheiligste, geteilt werden. Es reichte aus, aber das war so ein Moment, wo ich mir dachte, jetzt kann es nur noch komplett in die Hose gehen, salopp gesagt.

Frage: Was macht Ihnen Hoffnung?

Gora: Mir macht ein Zitat aus der Bibel Hoffnung, aus dem Alten Testament vom Propheten Nehemia: Die Freude am Herrn ist unsere Stärke (vgl. Nehemia 8,10). Ich setze mir dieses Zitat als Fokus, dass wir immer die Freude in unserem Herzen haben. Das gibt mir auch Kraft für den Dienst am Altar, weil der Dienst von uns Sakristanen vom Altar ausgeht. Das bereitet mir sehr viel Hoffnung – und natürlich auch der Glaube. Ich bin mir ziemlich sicher, auch wenn die Zahlen der Katholiken hier in Deutschland zurückgehen, dass viele immer noch den Glauben an Gott haben. Und unser Auftrag ist es natürlich, ihnen ein Stück Himmel auf Erden zu bringen.

Von Tim Helssen