Staatliche Digitalisierung nicht ohne Grundrechte denken

Katholische Datenschutzaufsicht angesichts von AfD-Erfolgen besorgt

Veröffentlicht am 09.04.2025 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Schönebeck ‐ Datenschutz soll Menschen vor Übergriffen durch Datenmissbrauch schützen. Dabei darf nach Ansicht des Diözesandatenschutzbeauftragten der Ost-Bistümer angesichts der Wahlerfolge von Rechtsextremen nicht nur die Wirtschaft im Blick sein.

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Der Diözesandatenschutzbeauftragte für die Ost-Bistümer, Matthias Ullrich, warnt angesichts der Wahlerfolge der AfD vor einem naiven staatlichen Umgang mit personenbezogenen Daten. Es greife zu kurz, bei Datenschutz nur an den wirtschaftlichen Bereich zu denken, schreibt Ullrich in seinem am Mittwoch veröffentlichten Tätigkeitsbericht für das Jahr 2024: "Aufgabe des Datenschutzes ist es, Menschen zu schützen vor staatlichen und wirtschaftlichen Übergriffen auf das Persönlichkeitsrecht." Bei staatlichen Digitalisierungsvorhaben dürfe Datenschutz daher nicht vernachlässigt werden.

Mit Sorge betrachtet Ullrich, der für die Bistümer Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Magdeburg und für den Militärbischof zuständig ist, die Wahlerfolge der AfD, "obwohl ein Großteil ihrer Landesverbände vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird". Demokratische Wahlen seien keine Garantie mehr dafür, dass demokratische Parteien gewählt werden: "Radikale Parteien stellen regelmäßig das vermeintliche Volksinteresse vor das Interesse des Einzelnen. Damit ist konsequenter Weise für Persönlichkeitsrechte kein Raum mehr." Für Parteien dieser Denkrichtung werde Datenschutz zum Feind.

Absprachen zu Datenschutz in Aufarbeitungsprozessen

In seinem Tätigkeitsbericht befasst sich Ullrich außerdem mit Datenschutz in der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. Gemeinsam mit Vertretern verschiedener kirchlicher Institutionen, die nach den kirchlichen Ordnungen an Intervention und Aufarbeitung von Missbrauch beteiligt sind, habe die Datenschutzaufsicht erarbeitet, wie dabei die Daten von Betroffenen angemessen verarbeitet werden können. Dabei sei vereinbart worden, dass alle notwendigen Daten digitalisiert und auf einem zentralen, geschützten Server gespeichert werden, Zugriffsrechte aber nur aufgabenbezogen und zeitlich beschränkt vergeben werden. "Damit hat jeder Akteur nur auf die Daten Zugriff, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt und auch nur innerhalb des Zeitraumes, der zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist", so der Bericht.

In der katholischen Kirche wird gemäß einer Öffnungsklausel in der EU-Datenschutzgrundverordnung ein eigenes Datenschutzrecht angewandt, dessen Einhaltung von unabhängigen kirchlichen Aufsichtsbehörden überwacht wird. Derzeit gibt es fünf katholische Datenschutzaufsichten in Bremen, Dortmund, Frankfurt am Main, Nürnberg und im sachsen-anhaltischen Schönebeck, die jeweils für mehrere Bistümer zuständig sind, sowie eine Datenschutzaufsicht für die Ordensgemeinschaften päpstlichen Rechts. Das katholische Datenschutzrecht wird gegenwärtig novelliert. Dabei soll vor allem die Unabhängigkeit der Aufsichten gestärkt werden. Voraussichtlich 2026 tritt das neue kirchliche Datenschutzrecht in Kraft. (fxn)