Name, Termin und Symbolik als vermeintliche Beweise

Beruht Ostern eigentlich auf einem heidnischen Fest?

Veröffentlicht am 20.04.2025 um 12:00 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 7 MINUTEN

Berlin ‐ Wenn es auf Ostern zugeht, ploppen alljährlich Artikel und Kommentare im Netz auf, die dem Fest einen heidnisch-germanischen Ursprung unterstellen. Der Name des Festes, sein Termin und die Symbolik rund um das Fest seien Beweise dafür. Was ist an dieser Behauptung dran? Ein Faktencheck.

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Ostern ist das höchste Fest der Christenheit. Oder doch nicht? Jedes Jahr vor Ostern finden sich Artikel und Kommentare im Internet, in denen behauptet wird, dass das Fest eigentlich einer heidnisch-germanischen Tradition entstamme und von den Christen später lediglich für ihre Zwecke umgedeutet worden sei. Als vermeintliche Beweise für diese Behauptung werden meist drei Beispiele genannt: die Herkunft des Wortes "Ostern", die zeitliche Nähe des Osterfestes zur Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühling sowie die wenig christlich anmutende Symbolik von Osterei, Osterfeuer und Osterhase.

Was ist an dieser Behauptung dran? Katholisch.de macht einen Faktencheck:

Bild: ©Andreas Schindl/Fotolia.com (Symbolbild)

Die meisten Wissenschaftler favorisieren für die Herkunft des Wortes "Ostern" das griechische Wort für Morgenröte, Eos, als Ausgangspunkt.

Die Herkunft des Wortes "Ostern"

Anhänger der Behauptung, dass Ostern eigentlich ein heidnisches Fest sei, argumentieren, dass schon der Name des Festes den heidnischen Ursprung verdeutliche. Schließlich leite sich das Wort "Ostern" von der germanischen Frühlingsgöttin Ostara ab. Allerdings: Diese Göttin hat es wahrscheinlich nie gegeben. Laut dem emeritierten Freiburger Ethnologen Werner Mezger geht die angebliche Göttin auf den angelsächsischen Mönch und Kirchenhistoriker Beda Venerabilis zurück. Dieser habe in seiner im Jahr 725 verfassten Schrift "De temporum ratione" eine Göttin Eostrae als Namensgeberin des Osterfestes ausgemacht. Jacob Grimm habe diese These dann im 19. Jahrhundert für den deutschen Sprachraum übernommen. Einen Beweis für die tatsächliche Existenz der angeblichen germanischen Frühlingsgöttin gibt es laut Mezger aber nicht.

Woher das Wort "Ostern" stattdessen stammt, ist nicht vollständig geklärt. Die meisten Wissenschaftler favorisieren das griechische Wort für Morgenröte, Eos, als Ausgangspunkt: "Daraus wurde im althochdeutschen eostere, woraus sich im Englischen schließlich 'easter' und im Deutschen 'Ostern' entwickelt hat", so der katholische Theologe und Brauchtumsexperte Manfred Becker-Huberti. Das klingt plausibel, schließlich kommt mit Ostern neues Licht in die Welt. Becker-Huberti ist jedenfalls überzeugt: "Ostern ist bis in den Begriff hinein ein christliches Fest".

Der Termin des Osterfestes

Der jährliche Termin des Osterfestes dient Anhängern der These, dass Ostern eigentlich ein heidnisches Fest sei, ebenfalls als vermeintlicher Beweis. Schließlich, so ihre Argumentation, finde das Fest der Auferstehung Jesu immer zu dem Zeitpunkt statt, zu dem in früheren Zeiten die heidnisch-germanischen Frühlingsfeste zur Tag-und-Nacht-Gleiche stattgefunden hätten.

Doch auch hier widerspricht Manfred Becker-Huberti: "Terminlich wurde Ostern nicht auf ein heidnisches Fest aufgesetzt, sondern auf das Pascha-Fest des Judentums. Denn in diese Zeit fiel die Passion Christi." Das jüdische Fest sei wiederum von der Natur vorgegeben, denn an ihr orientiere sich der jüdische Kalender. "Der Frühjahrsvollmond ist der Termin für Pascha. Die Christen verlegten das Datum auf den ersten Sonntag danach, weil das Verbreitungsgebiet der Christenheit so groß war, dass man je nach geografischem Blickwinkel sonst Gefahr lief, Ostern an unterschiedlichen Tagen zu feiern." Durch diese Regelung fällt Ostern immer frühestens auf den 22. März und spätestens auf den 25. April; in diesem Jahr wird es am 20. April gefeiert. Übrigens: Festgelegt wurde die Regelung für den Ostertermin schon vor genau 1.700 Jahren – beim Konzil von Nizäa im Jahr 325.

Osterei, Osterfeuer und Osterhase

Das wichtigste Symbol des Christentums ist das Kreuz. Warum also spielen an Ostern – dem Fest der Auferstehung Jesu nach seinem Tod am Kreuz – wenig christliche Symbole wie Eier, Feuer und Hasen eine entscheidende Rolle? Ist das nicht der entscheidende Beweis für den heidnischen Ursprung des Festes, fragen die Anhänger dieser These. Ihr Argument: Ei und Hase seien vorchristliche Fruchtbarkeitssymbole, die Osterfeuer Teil des germanischen Sonnenkults. Die Feuer sollten den Winter vertreiben und die neue Saat vor bösen Geistern zu schützen.

In der Tat dürften sich die Christen für ihre Osterfeierlichkeiten bei schon zuvor bestehenden Traditionen bedinet haben. Laut Manfred Becker-Huberti verschenkten Priester im 11. Jahrhundert nach der Ostermette rot gefärbte Eier an die Gläubigen. "Das Osterei ist ein Symbol des Grabes Christi. Es ist ein Symbol für Christus, der aufersteht. Rot gefärbt, steht es für die Farbe des Blutes, und damit für das Grab Christi, in dem das Leben nicht erloschen ist", so der Brauchtumsexperte. Die Osterfeuer wiederum symbolisierten die Freude über die Auferstehung Jesu. Licht und Wärme setzten das christliche Ostergeschehen in sinnliche Erfahrungen um.

Und der Osterhase? Der gilt wie das Ei als Symbol der Fruchtbarkeit und als Bote des Frühlings. Aber auch hier gibt es eine Deutung aus christlicher Sicht: Da dem Tier nachgesagt wurde, dass es nicht schlafe, weil es keine Augenlider habe, wurde es laut dem Erfurter Theologen Benedikt Kranemann auf Jesus Christus hin gedeutet, der "im Tod nicht entschlafen" sei.

Ein Priester und die Gläubigen stehen um ein Osterfeuer.
Bild: ©KNA (Archivbild)

Feuer war bereits Teil des germanischen Sonnenkults. Die Flammen sollten den Winter vertreiben und die neue Saat vor bösen Geistern zu schützen. Das Osterfeuer wiederum symbolisiert laut Brauchtumsexperte Becker-Huberti die Freude über die Auferstehung Jesu.

Ostern ist und bleibt das höchste Fest der Christenheit, der zentrale Inhalt des Festes – die Auferstehung Jesu – hat mit heidnischen Festen oder Ritualen nichts zu tun. Aber: Manche Osterbräuche, die im Laufe der Zeit entstanden sind, haben tatsächlich einen heidnischen Ursprung. Das ist aber auch keine Überraschung: Schließlich stehen das christliche Osterfest und die heidnisch-germanischen Rituale zum Frühlingserwachen in einem engen kalendarischen Zusammenhang. Und auch inhaltlich gibt es Parallelen: Während die Christen die Auferstehung Jesu und damit den Sieg des Lebens über den Tod feiern, feiern "Heiden" seit Urzeiten am Übergang vom Winter zum Frühling das Aufbrechen neuen Lebens und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit.

Ganz ähnlich verhält es sich übrigens mit Weihnachten: Auch zahlreiche heute bekannte Bräuche rund um das Fest der Geburt Christi gehen auf heidnisch-germanische Ursprünge zurück. So feierten die Germanen und andere Völker zur Wintersonnenwende große Feste. Das Schmücken eines Baums zur Wintersonnenwende wiederum war schon im römischen Mithraskult verbreitet. Immer wieder in der Menschheitsgeschichte orientierten sich neue Bräuche an bereits bestehenden Rituale – auch, um das "Gewohnheitstier" Mensch behutsam an neue Rituale heranzuführen.

Von Steffen Zimmermann