Neues Kabinett wird katholischer – nicht nur bei CDU und CSU
"Nun sag', wie hast du's mit der Religion?" Die berühmte Gretchenfrage aus Goethes Faust spielt noch heute eine Rolle, wenn es um das Profil von Politikern geht. Auch im neuen Kabinett. Nun steht die Riege der künftigen Ministerinnen und Minister fest. Ein erster schneller Überblick in Sachen Religion:
Bundeskanzler: Friedrich Merz (69, CDU) ist Katholik, Mitglied der ältesten katholischen Studentenverbindung Bavaria Bonn und bekennender Vertreter konservativer Werte. In einem "Bunte"-Interview 2022 beklagte er indes den Zustand der katholischen Kirche: "Die fehlende Reformbereitschaft, die Missbrauchsfälle und ihre mangelnde Aufarbeitung, das alles ist schon schwer erträglich für Christen wie mich, insbesondere wenn man selbst Kinder hat."
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (51, CDU) kommt aus Baden-Württemberg und ist ebenfalls Katholik. Der "Zeit" sagte er einmal, er sei schon immer so konservativ gewesen, dass er nicht Ministrant werden wollte, weil das nach "Demonstrant" geklungen habe, also nach den anderen, den Chaoten. Kuckucksuhr und Kruzifix erinnern in seinem Büro an die Heimat.
Außenminister: Johann Wadephul (62, CDU) kommt aus Schleswig-Holstein und gehört der evangelischen Kirche an. Er war im Petersdom, um Abschied zu nehmen von Papst Franziskus, und schrieb danach auf der Online-Plattform "X": "Papst Franziskus hat sich stets für die Ärmsten und Schwächsten dieser Welt eingesetzt. Er war ein Brückenbauer, dem wie mir die Ökumene sehr am Herzen lag. Auch als Protestant zolle ich ihm allerhöchsten Respekt und Anerkennung. Es war mir eine ganz besondere Ehre, ihm heute hier im Petersdom die letzte Ehre zu erweisen. Möge sein Andenken Richtschnur unseres Handelns bleiben."
Bundesgesundheitsministerin: Nina Warken (45, CDU) kommt wie Frei aus Baden-Württemberg und ist ebenfalls katholisch. Auf die Frage nach christlichen Werten, die ihr politisches Handeln mitbestimmen, nannte sie einmal "die Nächstenliebe und daraus abgeleitet, dass man sich auch um diejenigen kümmern soll, die die Schwächeren in der Gesellschaft sind. Andererseits darf sich der Einzelne nicht nur immer auf den Staat verlassen, sondern es braucht auch eine eigene Anstrengung."
Bundeswirtschaftsministerin: Katherina Reiche (51, CDU) ist evangelisch und sorgte in der katholischen Kirche 2002 für einen Eklat: Im Schattenkabinett des Unionskanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU) sollte die damals nicht verheiratete Mutter Familienministerin werden. Der inzwischen verstorbene Kölner Kardinal Joachim Meisner sprach von einer Demontage des christlichen Ehebildes. Ihre Reaktion damals: "Mir liegt an einem guten Verhältnis zu den Kirchen. Aber auch die Kirchen müssen wissen: Die Bibel kann man nicht eins zu eins in ein politisches Programm übertragen."

Der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist katholisch, beklagte aber den Zustand der Kirche.
Bundesfamilienministerin: Karin Prien (59, CDU) kommt aus Schleswig-Holstein und ist die erste jüdische Ministerin, auch wenn sie sich als nicht-religiös bezeichnet. "Meine Entscheidung, politisch aktiv zu werden, hat natürlich auch viel mit meiner Familiengeschichte zu tun", sagte sie 2019 der "Jüdischen Allgemeinen": "Ich komme aus einer klassischen jüdischen europäischen Migrantenfamilie. Die Schoah spielte bei uns eine beherrschende Rolle."
Bundesdigitalminister: Karsten Wildberger (56, CDU) hat sich als Manager kürzlich für reguläre Sonntagsöffnungen ausgesprochen. Zu seiner Konfession hat er keine Angaben gemacht.
Bundesverkehrsminister: Patrick Schnieder (56, CDU) kommt aus Rheinland-Pfalz und ist katholisch. Zum Tod von Papst Franziskus hob er dessen Einsatz für die Armen, Ausgegrenzten und Schwachen hervor: "Unvergessen bleibt, wie das Oberhaupt der Katholiken unter anderem Häftlingen eines Gefängnisses die Füße gewaschen hat."
Bundesinnenminister: Alexander Dobrindt (54, CSU) ist Katholik, kritisiert die Kirchen aber häufiger für "politischen Aktivismus", etwa in Sachen Klimaschutz oder in der Flüchtlingspolitik. Stattdessen wünschte er sich mehr Einsatz für den Lebensschutz. Auch zu Corona-Zeiten habe er zu wenig sinnstiftende Begleitung erlebt. Zu seinen Hauptaufgaben wird es gehören, einen härteren Migrationskurs durchzusetzen, den die Union angekündigt hat.
Bundesforschungsministerin: Dorothee Bär (47, CSU) ist ebenfalls Katholikin. Sie setzte sich zuletzt unter anderem dafür ein, dass der Strafrechtsparagraf 218 zu Schwangerschaftsabbrüchen nicht liberalisiert wird. Als Kind kämpfte sie vergeblich darum, Messdienerin zu werden. Ihr sei wichtig, dass ihre Kirche nicht den Anschluss an die Menschen des 21. Jahrhunderts verliere, sagte sie 2021 dem Magazin "Leben" des Erzbistums Bamberg. Kirchenaustritt komme für sie nicht infrage, zumal man mehr Veränderungen von innen heraus bewirken könne: "Zudem gehört mein Glaube für mich von klein auf zu meinem Leben, wie wir es jetzt auch unseren Kindern weitergeben. Die Kirche ist fester Teil davon."

Alexander Dobrindt (CSU, Mitte) ist Katholik, kritisiert die Kirchen aber häufiger für "politischen Aktivismus".
Bundeslandwirtschaftsminister: Alois Rainer (60, CSU) ist Katholik und Mitglied der überparteilichen Europa-Union Deutschland.
Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer (60) gehört ebenfalls zu den Überraschungen im neuen Kabinett. Katholik Weimer war unter anderem Chefredakteur von "Focus" und "Cicero". 2021 veröffentlichte er das Buch "Sehnsucht nach Gott – Warum die Rückkehr der Religion gut für unsere Gesellschaft ist".
Bundesfinanzminister: Lars Klingbeil (47, SPD) ist evangelisch. Im vergangenen November war er als SPD-Vorsitzender bei einem Treffen mit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) dabei. Bekannt ist auch, dass er vor sechs Jahren als Generalsekretär die Gründung eines offiziellen Arbeitskreises "Säkulare in der SPD" ablehnte. Im "Bild"-Interview am Wochenende sagte er: "Ich glaube an Gott und insofern gehört für mich das Bekenntnis zu Gott auch zur Vereidigung als Minister mit dazu." Er gehe nicht regelmäßig in die Kirche, bete aber ab und zu: "Ich glaube, dass es jemanden gibt, der meinen Weg begleitet und auch manchmal mit steuert."
Bundesverteidigungsminister: Boris Pistorius (65, SPD) bleibt in seinem Ministeramt, zu seiner Konfession macht er keine Angaben. Pistorius beteiligte sich vor zwei Jahren am kleinen Ökumenischen Kirchentag in Osnabrück. Das Kirchenasyl bezeichnete er als wichtige humanitäre Tradition. Zugleich drängte er als niedersächsischer Innenminister darauf, dass es nicht zu einer "rechtlichen Grauzone" werden dürfe.
Bundesarbeitsministerin: Bärbel Bas (57, SPD) macht wie Pistorius keine Angaben zu ihrer Konfession. Sie ist Schirmherrin des Malteser Hospizes Sankt Raphael in Duisburg-Huckingen.

Lars Klingbeil (SPD, 2. v. r.) ist evangelisch. Er gehe nicht regelmäßig in die Kirche, bete aber ab und zu, sagt er.
Bundesjustizministerin: Stefanie Hubig (56, SPD) war bislang Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz und hat sich hier auch für katholische Schulen eingesetzt sowie für islamischen Religionsunterricht. Zu ihrer eigenen Religionszugehörigkeit gibt es bisher keine Angaben.
Bundesumweltminister: Carsten Schneider (49, SPD) macht ebenfalls keine Angaben zu seiner Konfession. Der Thüringer sympathisierte mit der Initiative "Säkulare in der SPD".
Bundesentwicklungsministerin: Reem Alabali-Radovan (35, SPD) gehört der chaldäisch-katholischen Kirche an und war zuvor Integrationsbeauftragte der Ampel Regierung.
Bundesbauministerin: Verena Hubertz (37, SPD) ist ebenfalls Katholikin.
Ostbeauftragte: Elisabeth Kaiser (38, SPD) hat auch keine Angaben zu ihrer Konfession gemacht. Wie Schneider kommt sie aus Thüringen.