In dreieinhalb Tagen von Bremen nach Rom

Rennrad-Priester trifft Papst Leo XIV. nach 1.600 Kilometern im Sattel

Veröffentlicht am 06.08.2025 um 14:12 Uhr – Von Sabine Kleyboldt (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ Für den guten Zweck hat Pfarrer Pawel Nowak schon oft Steherqualitäten bewiesen. Sein bisher größtes Projekt: in drei Tagen ohne Schlaf zum Papst radeln, für krebskranke Kinder. Das hat er geschafft – mit kleiner Kurskorrektur.

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"Leider kam ich nicht zum Rasieren." Spitzbübisch grinst Pawel Nowak in die römische Abendsonne, die Hände ruhen auf dem rosa Rennrad der Edelmarke Colnago. Nein, für Kosmetisches fehlte dem drahtigen Pfarrer die Zeit, denn seit Samstagfrüh war er praktisch ununterbrochen im Sattel. Sein Ziel: In 72 Stunden vom Bistum Hildesheim zum Papst radeln und Spenden für das Kinderhospiz "Löwenherz" in Syke bei Bremen sammeln. Am Dienstagabend steht der 39-Jährige im hellblauen Leibchen und schwarzen Radlerhosen auf dem Petersplatz, mit leicht sonnenverbrannter Nase, aber glücklich. Sein Ziel hat er erreicht  mit gewissen Abstrichen.

"Ich habe die letzten hundert Kilometer im Auto zurückgelegt", bekennt der Priester, der von Familien seiner Bremer Gemeinde in Begleitfahrzeugen unterstützt wurde. Die Entscheidung habe er am Dienstagmittag treffen müssen: "Ich bekam spontan die Möglichkeit, Papst Leo XIV. bei der Generalaudienz am Mittwoch persönlich vorgestellt zu werden. Aber nur, wenn ich die Karte am Dienstag rechtzeitig selbst abhole. Das hätte ich mit dem Rad nie geschafft", erklärt der Geistliche aus dem polnischen Tarnow, seit 2014 im Bistum Hildesheim tätig.

Selfie mit Leo XIV.

Damit habe er letztlich nicht nur die angepeilten 72 Stunden deutlich gerissen, sondern die Tour auch nicht komplett selbst geschafft. "Aber die Aussicht, dass ich dem Papst die Grüße der Kinder aus dem Hospiz überbringen kann, hat mich überzeugt." Gelohnt hat sich die Entscheidung auf jeden Fall: Nowak, nun in dunkler Jacke samt weißem Priesterkragen, konnte sogar ein Selfie mit dem Papst machen, der den Umschlag mit dem großen roten Herzen in Händen hält. "Unbezahlbar", kommentiert er  letztlich die Krönung von 1.600 strapaziösen Rennrad-Kilometern.

Die größte Herausforderung der Tour sei das Wetter gewesen, sagt er rückblickend: Dauerregen beim Aufstieg auf den Fernpass zwischen Bayern und Österreich, Kälte und Dunkelheit auf der Brennerpass-Passage, in Italien dann Hitze über 30 Grad.

Nette Menschen und unfreundliche Wildschweine

Aber es gab auch viele schöne Überraschungen. "Ein Mann namens Martin hat einen Fernsehbericht über die Aktion gesehen und ist mit mir 60 Kilometer im Regen gefahren." Bei einem Abstecher nach Bologna habe sein Team eine nette Botschaft an ihrem geparkten Auto gefunden von Leuten, die es erkannt hätten. "Und am Gardasee traf ich einen Radfahrer aus Hildesheim, der in der Zeitung von unserer Tour gelesen hatte und mich 30 Kilometer begleitete."

Priester und Extremradler Pawel Nowak in Rom
Bild: ©KNA/Sabine Kleyboldt

"Ich bekam spontan die Möglichkeit, Papst Leo XIV. bei der Generalaudienz am Mittwoch persönlich vorgestellt zu werden. Aber nur, wenn ich die Karte am Dienstag rechtzeitig selbst abhole. Das hätte ich mit dem Rad nie geschafft", erklärt der Geistliche.

All das macht unliebsame Begegnungen mit Wildschweinen nachts im Apenningebirge oder einen platten Reifen bei Garmisch rasch vergessen. Von da an stieg Nowak vorübergehend auf ein silbergraues Bike aus Titan und Carbon. In Rom fuhr er dann wunschgemäß wieder sein geliebtes rosafarbenes Colnago, genau das gleiche Model, auf dem Radprofi Tadej Pogacar 2024 den Giro d'Italia gewann. Dass Papst Leo im Juni die Giro-Fahrer im Vatikan empfing und dabei eine Kopie des rosa Siegertrikots "Maglia Rosa" bekam, hat den ambitionierten Sportler sehr gefreut. "Es ist eine schöne Erfahrung, wenn man dann die gleiche Strecke wie die Profis fährt, und das auf einem besonderen Rad."

Gespräche mit Gott

Und mit besonderem Beistand: Im Sattel war er ständig in Kontakt mit Gott; Stundengebete lesen oder Messe feiern war in diesen Tagen nicht möglich. "Dass ich keinen Gottesdienst gehalten habe und nicht einmal in der Sonntagsmesse war, sehe ich jetzt nicht als schwere Sünde an", gewährt sich Nowak selbst den Ablass. "Denn ich war nicht zu meiner Bespaßung unterwegs, sondern um kranken Kindern zu dienen." Auf seiner Facebook-Seite sind bis Dienstag bereits mehr als 7.000 Euro Spenden für das Kinderhospiz eingegangen, und die Aktion geht weiter.

Vor der Rückkehr nach Norddeutschland hat Nowak noch andere Pläne: "Ich fahre zum ersten Mal in meinem Leben ein Rennen, und gleich eine Weltmeisterschaft." Denn am Montag startet im österreichischen Sankt Georgen am Attersee die Ultra-Cycling-WM: 2.200 Kilometer, 30.000 Höhenmeter, aber in sieben Tagen. Und vielleicht kommt dann hinterher irgendwann Antwort vom Papst auf die Kinderbriefe.

Von Sabine Kleyboldt (KNA)