Standpunkt

Der Reformstau in der Kirche in Deutschland macht mich ratlos

Veröffentlicht am 04.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Björn Odendahl – Lesedauer: 

Bonn ‐ Zweieinhalb Jahre sind seit den letzten Beratungen des Synodalen Wegs vergangen. Umgesetzt wurden die dort erarbeiteten Texte bisher jedoch kaum. Björn Odendahl hat daher Verständnis für die eingetretene Ernüchterung.

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2018 deckte die in allen deutschen Bistümern durchgeführte MHG-Studie schwere Verfehlungen der Kirche im Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch auf. Die Rede war seitdem von "systemischen Ursachen". Den Bischöfen selbst war klar: Das Vertrauen der Öffentlichkeit, auch der eigenen Gläubigen, ist verloren. Allein würde man es nicht schaffen. Die Folge war der Synodale Weg unter Einbezug der Laienvertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Doch was mit so viel Feuer begann, dass sich Papst Franziskus bemüßigt sah, Leitplanken zu setzen, ist längst zu einem schwachen Glimmen geworden.

Denn zweieinhalb Jahre nach der fünften Synodalversammlung ist die konkrete Umsetzung der bearbeiteten Themen dürftig. Das zeigt ein Blick auf die Handlungstexte: Einbeziehung der Gläubigen bei der Bischofswahl? In der Light-Version. Wählen dürfen sie nicht, weil dafür das päpstliche Geheimnis ausgeweitet werden müsste. In einigen Bistümern wurde zumindest die Meinung von Laien bei der Kandidatenfindung eingeholt (was aber auch vorher teilweise schon getan wurde). Das Segenspapier für homosexuelle Paare? Ist da, wird aber längst nicht von allen Diözesen umgesetzt. Sakramentale Ämter für Frauen? Zölibat? Nicht ohne den Vatikan. Lediglich die Grundordnung des kirchlichen Dienstes wurde reformiert. Immerhin.

Wenige Monate vor der sechsten und letzten Synodalversammlung, die die Ergebnisse evaluieren soll, macht sich deshalb synodale Ernüchterung breit – beim ZdK, Theologen und auch einigen Bischöfen. Verständlich. Nicht zuletzt deshalb, weil nun auch das Prestigeprojekt des Synodalen Weges in Gefahr ist: das synodale Gremium, in dem Laien und Bischöfe gemeinsam über bundesweite kirchliche Themen beraten und entscheiden sollten. Denn die Entscheidungskompetenz steht nun, so hört man, zur Disposition. Und das, obwohl sich auch die Weltsynode für verbindlichere synodale Versammlungen ausgesprochen hat.

Doch warum geht es nicht so richtig weiter? Ist alles theologisch nicht fundiert genug, wie der Dogmatiker Michael Seewald behauptet? Sind die systemischen Ursachen für Missbrauch bereits beseitigt? Ist das Vertrauen in die Kirche zurückgewonnen? Wer auf die jüngsten Austrittszahlen oder die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung schaut, muss zumindest bei den letzten beiden Fragen zu einem anderen Ergebnis kommen. Ich würde den Kommentar gerne mit einem Appell, einer Forderung oder einem klugen Ratschlag beenden. Doch ich bin ratlos.

Von Björn Odendahl

Der Autor

Björn Odendahl ist Redaktionsleiter bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.