Malu Dreyer: Wir brauchen die Kirchen, um die Demokratie zu retten
Die ehemalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), setzt im Kampf um den Fortbestand der Demokratie in Deutschland auch stark auf die christlichen Kirchen. "Wir brauchen jede Stimme in dieser Gesellschaft, wir brauchen auch die Kirchen, um die Demokratie in unserem Land zu stärken und zu retten", sagte Dreyer am Dienstagabend in Berlin. Zwar gehe der Einfluss der Kirchen in Deutschland zurück, sie seien aber immer noch eine starke Stimme in der Gesellschaft. Deshalb sollten sie auch weiterhin die Möglichkeiten nutzen, die ihnen das Grundgesetz biete, und Einfluss auf die Gestaltung des Gemeinwesens nehmen.
Dankbar für Erklärung der Bischöfe zu völkischem Nationalismus
Nach Ansicht der 64-jährigen Katholikin ist die Demokratie in Deutschland "in ganz großer Gefahr". Grund dafür sei nicht nur das Erstarken der AfD, sondern die Existenz einer global organisierten Rechten, die inzwischen in allen Bereichen des Lebens allgegenwärtig sei. "Wir müssen klar sehen, dass wir als Demokraten und Demokratinnen wirklich aufgefordert sind, alle miteinander etwas zu tun. Weil es ansonsten sehr schnell bergab gehen kann mit unserer liberalen Demokratie." Dreyer äußerte sich bei einer Podiumsdiskussion des Berliner Instituts für christliche Ethik und Politik (ICEP) und der Deutschen Kommission Justitia et Pax in der Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Caritasverbandes.
Dankbar zeigte sich die ehemalige Ministerpräsidentin für die Erklärung der deutschen Bischöfe zur Unvereinbarkeit von Christentum und völkischem Nationalismus. Als Christin und engagierte Demokratin habe es sie "richtig aufgebaut", dass die Bischöfe bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung im vergangenen Jahr so ein klares Bekenntnis abgegeben hätten. "Das hat alle demokratischen Herzen in der Christengemeinde hochleben lassen und sie unglaublich gestärkt", so Dreyer.
ZdK-Generalsekretär beklagt Verrohung der Debattenkultur
Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Marc Frings, beklagte bei der Veranstaltung eine Verrohung der Debattenkultur in der Gesellschaft. "Wir sehen, dass Anstand, dass Respekt, dass Aufrichtigkeit – also die klassischen Werte des kultivierten Miteinanders, gerade auch im Dissens und im Konfliktfall – immer weniger zur Anwendung kommen." Man merke, dass der Kulturkampf, den man immer eher in den USA oder der deutschen Geschichte verortet habe, zurückkehre.
Zugleich sprach sich Frings mit Blick auf den Zustand der Demokratie in Deutschland für mehr Optimismus aus. 75 Prozent der Gesellschaft wählten keine rechten Parteien und seinen nicht für die Verrohung der Debattenkultur verantwortlich. "Ich glaube, es geht auch darum, wie wir diese 75 Prozent erreichen und ihnen immer wieder vor Augen führen: Wir sind mehr!" (stz)
