Ein Jahr Weltsynoden-Schlussdokument: Ein "Geschenk" sucht Umsetzung

"Das Dokument, über das wir abgestimmt haben, ist ein dreifaches Geschenk." So formulierte Papst Franziskus in seiner Abschlussansprache am 26. Oktober 2024. Es sei ein Geschenk für ihn als Papst, für die Gläubigen und für den Heiligen Geist. Zuvor hatten die Synodalen ihr Schlussdokument verabschiedet – und damit die "Früchte von Jahren" gesammelt, so das Kirchenoberhaupt.
Historisch bedeutsam war auch die Entscheidung, die Papst Franziskus vor genau einem Jahr traf: Er wolle kein Apostolisches Schreiben verfassen, "es reicht das, was wir approbiert haben". Er ließ das Dokument veröffentlichen und machte es zum Teil seines ordentlichen Lehramts, um damit "den Wert des abgeschlossenen synodalen Weges" anzuerkennen.
Abgeschlossen ist der Prozess noch lange nicht
Insgesamt gibt das Dokument Impulse für Reformen in ganz unterschiedlichen kirchlichen Bereichen. So plädierten die Synodenväter und -mütter für größere Spielräume bei dezentralen Entscheidungen, Missbrauchsprävention oder ein Mitspracherecht von Gläubigen bei der Bischofsernennung aus. Zentral sind auch Forderungen nach einer Rechenschaftspflicht für Bischöfe. Die Frage nach einem Zugang von Frauen zum Diakonat lässt das Schreiben offen. Grundtenor des rund 70-seitigen Textes ist aber die synodale Erneuerung der Kirche – also vor allem eine Stilfrage.
Das Abschlussdokument in deutscher Sprache
Das Abschlussdokument der Weltsynode wurde inzwischen auch auf deutsch übersetzt. Der Text ist auf der Website der Synode abrufbar
Doch auch wenn das vor einem Jahr verabschiedete Dokument "Schlussdokument" heißt – abgeschlossen ist der 2021 von Papst Franziskus initiierte weltweite synodale Prozess damit noch lange nicht. Seit der Veröffentlichung befindet sich die katholische Kirche offiziell in der Umsetzungsphase. Den groben Zeitplan dafür legte Papst Franziskus noch aus dem Krankenhaus heraus fest. Die Leitlinien für diesen Teil seines Lieblingsprojektes konnte das Kirchenoberhaupt selbst aber nicht mehr verabschieden. Am Ostermontag starb Franziskus.
Sorgen um Zukunft der Weltsynode
"Sein Zeugnis für die barmherzige Liebe Gottes, seine Nähe zum Volk Gottes, sein Engagement für Dialog, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit und Frieden sowie der synodale Prozess, den wir gemeinsam mit ihm durchlaufen haben, haben unglaubliche Spuren hinterlassen, die wir ehren und weiterführen sollen", schrieb das Synodensekretariat in einer Dankesbotschaft zum Papsttod. Sorgen wurden laut, was nach Franziskus' Tod vom weltweiten synodalen Prozess, der nach dem Wunsch des verstorbenen Pontifex aus Argentinien zu mehr Partizipation aller in der Kirche führen sollte, noch übrigbleiben würde.
Doch Papst Leo XIV. sprach schon in seiner ersten Ansprache von der Benediktionsloggia aus von einer "synodalen Kirche" und führte auch sonst den von Franziskus begonnenen Weg weiter. So bestätigte er den Zeitplan für die Umsetzungsphase der Weltsynode und approbierte die Leitlinien. Mit dem synodalen Prozess kennt der neue Papst sich übrigens aus: Als Bischofspräfekt war Kardinal Robert Prevost Teil der beiden Sitzungsperioden im Vatikan und stimmte vor einem Jahr somit auch über das Abschlussdokument ab.
Saß mit an den runden Tischen der Synodalaula: der damalige Kardinal Robert Francis Prevost – heute Papst Leo XIV.
Während es an der Spitze der Weltkirche also einen Wechsel gab, sieht die Lage in Deutschland verhältnismäßig ruhig aus. Weitreichende Veränderungen hat es durch das Schlussdokument nicht gegeben. Das dürfte schon an einem Umstand liegen, mit dem das ganze Dokument zu kämpfen hat: Es ist denkbar unkonkret. Grund dafür ist wohl, dass die Autorinnen und Autoren des Abschlussdokuments damit gerechnet haben, dass Papst Franziskus die Eingaben der Synodalversammlung in einem eigenen Schreiben aufgreifen und konkretisieren wird. Deshalb sollten möglichst viele Ideen und Anregungen im Dokument aufgenommen werden.
Tatsächlich waren einige der zentralen Reformideen des Weltsynoden-Dokuments ebenfalls Thema beim Synodalen Weg der Kirche in Deutschland – auch wenn die Beschlüsse beim deutschen Prozess durchaus weiter gehen. Beispielhaft seien hier die Laienbeteiligung bei Bischofsernennungen, Verkündigung durch Laien, synodale Versammlungen oder Frauen in sakramentalen Ämtern genannt.
Veränderungen auf struktureller Ebene
Die offensichtlichsten Veränderungen passieren indes auf der strukturellen Ebene: Zahlreiche deutsche Bistümer haben bereits Synodalteams eingerichtet, bereiten eine solche Einrichtung vor oder ändern bestehende Gremien auf synodale Weise. Ein Bereich, den auch das Schlussdokument der Weltsynode hervorhebt: "Partizipative Gremien stellen einen der vielversprechendsten Bereiche dar, in denen für eine rasche Umsetzung der synodalen Leitlinien gehandelt werden kann, um in kurzer Zeit spürbare Veränderungen herbeizuführen." (Nr. 103)
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Von Freitag bis Sonntag hielten sich Mitglieder dieser synodalen und partizipativen Teams für ein Event des Heiligen Jahres in Rom auf – auch, um an das Ende der zweiten Sitzungsperiode der Weltsynode vor einem Jahr zu erinnern. Dabei gab es neben Gottesdiensten auch Workshops und einen Austausch mit Papst Leo. Kern der Unterredung: die Umsetzung der Synodenergebnisse. Repräsentanten der Synodalteams aus sieben Regionen stellten dem Kirchenoberhaupt ihre Arbeit vor.
"Die Ortskirchen müssen geeignete Wege finden"
Dass Arbeit dafür nötig ist, betont auch das Schlussdokument der Weltsynode: "Ohne konkrete kurzfristige Veränderungen wird die Vision einer synodalen Kirche nicht glaubwürdig sein, und dies wird diejenigen Mitglieder des Volkes Gottes entfremden, die aus dem synodalen Weg Kraft und Hoffnung geschöpft haben", formulierten die Synodenväter und -mütter. "Die Ortskirchen müssen geeignete Wege finden, um diese Veränderungen umzusetzen." (Nr. 94)
Ein bisschen Zeit dafür bleibt der Kirche noch: Der erste Teil der Umsetzungsphase endet im Dezember 2026. Nach Evaluationsversammlungen auf den unterschiedlichen kirchlichen Ebenen findet dann im Oktober 2028 eine weitere kirchliche Versammlung im Vatikan statt. Vielleicht wird Papst Leo XIV. dann ein nachsynodales Schreiben verfassen – als Geschenk an seinen Vorgänger und die Gläubigen.