Viele Gemeinsamkeiten mit dem Synodalen Weg

50 Jahre Ende der Würzburger Synode: Unübersehbare Parallelen zu heute

Veröffentlicht am 23.11.2025 um 12:00 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Die Synode endet – die Synode beginnt": Mit diesem Slogan endete heute vor 50 Jahren die Würzburger Synode. Dieser Ausspruch wurde zuletzt auch beim Synodalen Ausschuss bemüht. Und nicht nur hier lassen sich Parallelen zwischen beiden Reformprojekten erkennen.

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"Geschichte wiederholt sich" – dieser Gedanken kommt Stephan Knops immer wieder in den Sinn, wenn er sich mit der Würzburger Synode beschäftigt. Dabei ging die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland – so der offizielle Titel – vor 50 Jahren zu Ende. "Sei es zum Start des Synodalen Wegs, die Diskussionen mit Rom oder Themen wie Laienpredigt: Die Argumentationsstränge sind heute bis ins Detail hinein häufig die gleichen wie vor 50 Jahren", sagt Knops, der als Kirchenhistoriker inzwischen im Wissenschaftsmanagement an der Universität Duisburg-Essen tätig ist.

Auslöser für den Start der Würzburger Synode war das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) und die Frage, wie sich deren Beschlüsse auf den deutschen Kontext übertragen lassen. Dabei ging es vor allem um Entscheidungen pastoraler Natur. Diese Bemühungen trafen auf ein gesellschaftliches Klima, in dem moralische Grundsätze und Autoritäten zunehmend infrage gestellt wurden und der Wunsch nach einer Demokratisierung aller Lebensbereiche laut wurde. Das kulminierte etwa im Katholikentag 1968 in Essen, wo es sogar Rücktrittsforderungen gegen Papst Paul VI. laut wurden, der zuvor die Enzyklika "Humanae vitae" über Sexualmoral und Geburtenkontrolle veröffentlicht hatte.

"Im Nachhinein betrachtet ist es erstaunlich, dass schon drei Jahre später die Synode im Würzburger Dom zusammengerufen wurde", sagt Knops. Möglicherweise hätten die Bischöfe gehofft, die öffentlichen Debatten damit überhaupt noch steuern zu können. Und Paul VI. war es auch, der ein Statut für die Würzburger Synode approbierte, das Bischöfen und Laien das gleiche beschließende Stimmrecht einräumte. "Das war damals wirklich revolutionär", so der Kirchenhistoriker.

Römische Interventionen auch bei Würzburger Synode

Gleichzeitig wurden Leitplanken eingerichtet. So bildeten Kleriker die Mehrheit der rund 300 Delegierten. Außerdem konnten Bischöfe Beschlüsse blockieren, wenn sie dadurch die Lehre der Kirche gefährdet sahen. Diözesanes Gesetz wurden diese erst, wenn der Bischof sie im Amtsblatt veröffentlichen ließ. Die Sperrminorität der Bischöfe und die Unverbindlichkeit der Beschlüsse sollten rund 50 Jahre später Kritikpunkte an der Struktur der Synodalen Wegs werden.

Aber nicht nur hier lassen sich Parallelen ziehen. Denn auch die Würzburger Synode sah sich mit römischen Interventionen konfrontiert: Kurz vor Weihnachten 1972 erreicht den Präsidenten der Synode, Kardinal Julius Döpfner, ein Brief aus Rom. Kernbotschaft: Die Synode dürfe nicht über eine Predigterlaubnis für Laien entscheiden, weil dies ihre Zuständigkeit überschreite.

Wahl während der Würzburger Synode
Bild: ©KNA/Hans Knapp (Archivbild)

Bischöfe und Laien hatten bei der Würzburger Synode das gleiche beschließende Stimmrecht. Doch es gab Leitplanken.

Wie die Kirche damit umging? "Die Bischöfe haben sich auf die Seite der Würzburger Synode gestellt. Sie haben es durchgezogen und das Thema nicht von vornherein abgeräumt", sagt Knops. Einen Grund dafür sieht der Kirchenhistoriker in der Sorge der Bischöfe, das Vertrauen in die Synode zu verspielen. Bei späteren Beschlüssen habe man schon im Vorfeld Themen und Rahmen besser abklopfen können.

Gewisse Parallelen lassen sich auch auf personeller Ebene ziehen. So befürworteten nicht alle Bischöfe die Würzburger Synode. Kritik kam beispielsweise vom Regensburger Bischof Rudolf Graber. Auf der anderen Seite setzte sich der damalige Limburger Bischof Wilhelm Kempf – bewegt von den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils – für synodale Strukturen in seinem Bistum ein und befürwortete die Debatte über die Priesterweihe verheirateter Männer. Dem damaligen Nuntius in Deutschland, Corrado Bafile, ging das zu weit. Sein Versuch, Kempf von Rom aus dem Amt drängen zu lassen, scheiterte jedoch.

Anfangseuphorie ließ deutlich nach

Und nicht nur der Synodale Weg kennt Delegierte, die den Prozess vorzeitig verlassen. Der damalige Münsteraner Dogmatiker Joseph Ratzinger war bei der ersten Sitzungsperiode noch Mitglied der Würzburger Synode. Danach verabschiedete er sich aus dem Prozess. Öffentlich begründete er das mit seiner Arbeitsbelastung als Dekan.

Auch wenn die Würzburger Synode mit einiger Anfangseuphorie und einer großen Erwartungshaltung gestartet war, ließ diese mit der Zeit deutlich nach. "Das lag unter anderem daran, dass unheimlich viel Text produziert wurde, der erstmal an der Basis und bei den Menschen vermittelt werden mussten", sagt Knops. Aber auch die fehlende Umsetzung der Beschlüsse tat ihr Übriges. So gab es zwar eine Sondererlaubnis durch Rom, die die Predigt durch Laien – ein Thema, das der Synodale Weg im Jahr 2023 mit einem Handlungstext wieder aufgriff – kurzzeitig ermöglichte, diese wurde wenige Jahre nach dem Erscheinen des neuen Kodex des Kanonischen Rechts (CIC) 1983 aber wieder kassiert.

Julius Döpfner
Bild: ©KNA/Hans Knapp (Archivbild)

Als "zentrale Integrationsfigur" bezeichnet Stephan Knops Kardinal Julius Döpfner. Doch er starb wenige Monate nach Abschluss der Synode.

Auch andere Voten der Synode wurden in Rom nicht beachtet und verschwanden wieder in der Schublade, etwa zum Thema Hierarchie, zum Priesteramt oder zur Verwaltungsgerichtsbarkeit. "Da haben sich die Debatten um diese Themen innerhalb der letzten 50 Jahre in manchen Punkten kaum weiterentwickelt", so Knops. "Und das hat bei ganz vielen natürlich zu Ernüchterung, wenn nicht sogar Verbitterung geführt." Einzelne Beschlüsse prägen das kirchliche Leben in Deutschland dagegen bis heute, etwa zum Religionsunterricht oder zur Jugendarbeit. Auch der von Johann Baptist Metz geprägte Text "Unsere Hoffnung" der Synode findet bis heute viel Beachtung.

Dass die Beschlüsse in der Folge nicht wirklich umgesetzt wurden, liegt aus Sicht von Knops auch am frühen Tod des Münchener Kardinals Döpfner. Völlig überraschend starb er wenige Monate nach dem Abschluss der Synode im Alter von nur 62 Jahren. Drei Tage vor seinem Tod schrieb Döpfner in der Gesamtausgabe der Synodenbeschlüsse, dass die eigentliche Arbeit, die Beschlüsse auch umzusetzen, erst noch bevorstehe.

"Die Synode endet – die Synode beginnt"

"Döpfner war als Präsident eine zentrale Integrationsfigur, der die Synode als geistlichen Prozess vorangetrieben und viel dazu beigetragen hat, dass er über alle Fraktionen hinweg zusammengehalten wurde", sagt Knops. Diese Rolle dürfe man nicht unterschätzen. Der Kirchenhistoriker ist überzeugt, dass Döpfner auch die Umsetzung der Beschlüsse noch erfolgreicher hätte prägen können. "Im Rückblick denke ich oft daran, wie schade es ist, dass es ihm nicht mehr möglich war, diese Chance zu nutzen."

Die Würzburger Synode endete am 23. November 1975 schließlich feierlich mit dem Slogan: "Die Synode endet – die Synode beginnt". "Der notwendige Drive für die Mammutaufgabe der Umsetzung wollte aber nicht entstehen", bilanziert Knops. Durch den Wechsel von Döpfner zum Kölner Kardinal Joseph Höffner habe die Bischofskonferenz eine konservativere Ausrichtung bekommen. Unterstützt wurde das ab 1978 auch durch das Pontifikat von Papst Johannes Paul II. So versandeten die Ergebnisse nach und nach.

Kirchenhistoriker Knops kann hierin auch eine Lehre für den Synodalen Weg erkennen: "Es braucht die Fähigkeit, den Spagat zwischen der Anfangseuphorie und dem langen Atem hinzubekommen, den so ein Prozess braucht." Man müsse die Perspektive ertragen können, die Früchte der eigenen Arbeit unter Umständen selbst nicht mehr mitzuerleben. Auch wenn der Synodale Weg schon im kommenden Januar auf einer sechsten Synodalversammlung die Umsetzung der eigenen Beschlüsse evaluieren wolle, brauche es auch hier weiteres Durchhaltevermögen, sagt Knops. "Der Elan für weitere Etappen muss dringend aufrecht erhalten werden!" Sonst droht auch hier, dass Geschichte sich wiederholt.

Von Christoph Brüwer