Gottesdienst sorgt für Kontroverse in Kirchenleitung

Priester widersetzt sich Mess-Abbruch durch Polizei – Lob von Kardinal

Veröffentlicht am 22.04.2020 um 14:38 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Trotz Verbots feierte ein Priester in Italien die Messe mit Gläubigen und widersetzte sich dem Abbruch des Gottesdienstes durch die Polizei. Dafür erntet er scharfe Kritik seines Bistums – während ein Kurienkardinal ihm den Rücken stärkt.

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In Italien hat ein Priester mit einem öffentlichen Gottesdienst unterschiedliche Reaktionen der Kirchenleitung ausgelöst. Das Bistum Cremona distanzierte sich von dem 80 Jahre alten Pfarrer, der am Sonntag eine Eucharistiefeier mit 13 Gläubigen gehalten hatte, und sprach von "mangelndem Respekt" vor den staatlichen Präventionsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Hingegen stärkte Kurienkardinal Angelo Becciu laut italienischen Medien vom Mittwoch dem Geistlichen den Rücken dafür, dass er sich einem Abbruch der Messe durch die Polizei widersetzt habe.

Medienberichten zufolge hatte der Priester Lino Viola im norditalienischen Gallignano in seiner 300 Quadratmeter großen Kirche den Gottesdienst vor 13 Teilnehmern gehalten. Alle trugen demnach Gesichtsmasken und Handschuhe und hielten Abstand zueinander. Ein im Internet verbreitetes Video zeigt, wie ein Beamter der Carabinieri den Geistlichen nach dem Glaubensbekenntnis und noch einmal unmittelbar vor dem Hochgebet, dem zentralen Teil der Messe, unterbricht. Viola sprach von "Machtmissbrauch" und "Albernheiten".

Das Bistum Cremona äußerte in einer Stellungnahme Bedauern über das Verhalten des Priesters. Die Kirche sei sich ihrer Verantwortung gegenüber der Zivilgesellschaft und der Gesundheit der Bürger bewusst. Zugleich dankte die Bistumsleitung jenen Geistlichen, die das aktuelle Verbot öffentlicher Gottesdienste einhielten.

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Der italienische Kardinal Becciu zeigte dagegen Verständnis für den Pfarrer. Niemandem sei es erlaubt, eine Messe zu unterbrechen. Eine mögliche Beanstandung durch die Polizei hätte "danach, nicht während" des Gottesdienstes erfolgen müssen, zitierten Medien einen Tweet des Kardinals. Die Echtheit des Nutzerprofils konnte nicht überprüft werden; Becciu war für eine Bestätigung nicht zu erreichen.

Unterdessen kündigte Pfarrer Viola an, die Geldstrafe von 280 Euro nicht zu zahlen. Laut der Online-Zeitung "Blitz quotidiano" (Mittwoch) begründete er dies damit, ihm werde nicht die Anwesenheit von Gläubigen, sondern die Zelebration selbst zur Last gelegt. Mit Blick auf die zu hohe Zahl von Teilnehmern sagte er der Zeitung "Repubblica", es sei seine Gewissensentscheidung gewesen, sie nicht zu "verjagen". Er habe die Messe für deren verstorbene Angehörige gefeiert.

In Italien dauern derweil die Beratungen zwischen Regierung und katholischer Kirche über eine Wiederaufnahme der Gottesdienste ab dem 4. Mai an. "Es werden täglich Gespräche geführt", sagte der Sprecher der Italienischen Bischofskonferenz, Ivan Maffeis, am Montag der Nachrichtenagentur AGI. Er stellte klar, dass nur eine "graduelle" Rückkehr zur Normalität infrage komme. "Die Gefahr ist immer noch da und wir können nicht daran denken, zu den Gewohnheiten und Wegen zurückzukehren, die wir im Februar hatten", so Maffeis. Wer jetzt bereits glaube, dass die Corona-Krise überwunden sei, begehe einen schweren Fehler. Maffeis schlug eine "Übergangsphase" vor, in der das kirchliche Leben im Land allmählich - und mit allen notwendigen Vorsichtsmaßnahmen - wieder beginnen könne. Im Zuge der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus sind in Italien wie in anderen Ländern öffentliche Gottesdienste ausgesetzt. Die italienische Regierung plant eine schrittweise Lockerung der landesweiten Ausgangssperre ab dem 4. Mai. (tmg/KNA)