"Musik ist eine Brücke"
Frage: Wie alt fühlen Sie sich?
Finke: Also ich kann sagen, die "50" fühlt man nicht, genauso wie man andere Zahlen nicht so unbedingt fühlt. Man gewöhnt sich an die Zahl. Tatsächlich fühle ich mich nicht so alt. Ich spüre es manchmal, wenn ich morgens aufstehe und denke "Boah, was tun mir die Knochen weh!" Woran ich das Alter auch merke: Ich gehe noch relativ häufig auf Musikkonzerte. Und da ist es tatsächlich manchmal so, dass ich der Älteste im Saal bin. Daran kann man es festmachen. Aber das Alter an sich ist nur eine Zahl.
Frage: Sind Sie im Reinen damit, wie sie Ihr Leben bisher gelebt haben?
Finke: Ja. Ich denke zwar manchmal etwas wehmütig zurück an die Zeit, in der ich noch in Bands gespielt habe und auf Tourneen unterwegs war. Aber mir war auch klar: "Das ist irgendwann vorbei. Sieh zu, dass du das jetzt machst!" Mir war klar, dass ich dafür die Zeit unter 30 nutzen muss. Das bereue ich nicht. Natürlich gab es in meinem Leben den ein oder anderen Umweg, aber am Ende ist alle gut ausgegangen.
Frage: Was war der größte Fehler oder die schwierigste Situation Ihres Lebens?
Finke: Vielleicht hätte ich meine Musikkarriere gerne noch ernsthafter bestritten. Aber im Nachhinein glaube ich nicht, dass das funktioniert hätte. Ich habe Freunde, die sind nicht als Musiker, sondern als Grafiker oder Musikproduzenten Profis geworden. Bei den Musikern, die Profis werden wollten, hat das nicht geklappt. Wirklich schwierig für mich war die Trennung von meiner früheren Partnerin. Da muss ich mir zwei Sachen vorwerfen. Erst nicht genug um die Beziehung gekämpft zu haben und dann, als klar war, dass es nicht mehr funktioniert, nicht frühzeitig eine klare Entscheidung getroffen zu haben. Das war für beide Seiten nicht gut, die Sache so heraus zu zögern. Das hat schon sehr viel Zeit und Kraft gekostet. Das hätte man mit Sicherheit besser machen können.
Frage: Was war das größte Glück?
Finke: Viele Sachen. Aber natürlich ist ein großes Glück, dass ich meine jetzige Frau getroffen habe. Dass wir zwei Kinder haben. Aber es gibt auch andere Sachen. Dass ich noch gesund bin, dass ich abends noch rausgehen kann.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Es ist die Generation der Baby-Boomer: In welchem politischen und gesellschaftlichen Kontext heute 50-Jährige groß geworden sind, zeigt der Zeitstrahl.
Frage: Was war eine Weiche in Ihrem Leben, die Sie heute gern anders stellen würden?
Finke: Ich hätte in manchen Sachen mutiger sein können. Ich hatte Pläne, in den Journalismus zu gehen, mich als freier Journalist durchzuschlagen. Jetzt arbeite ich als Angestellter im PR-Bereich, aber das macht mir auch Spaß. Also bereue ich das nicht wirklich. Man kann sich natürlich solche Gedanken machen: Was wäre gewesen, wenn? Ich weiß aber nicht, ob das soviel bringt. Ich habe eben so gehandelt und es hat auch funktioniert. Das wird schon seinen Grund gehabt haben.
Frage: Was erwarten Sie von Ihrem weiteren Leben?
Finke: Erstmal muss ich meinen Job mit der Familie verbinden. Ich habe zurzeit eine Dreiviertel-Stelle, da geht das einigermaßen. Das ist ja nicht das Standard-Arbeitsverhältnis. Aber es ist nicht so, dass es überall anerkannt wird, wenn man sagt "Tut mir leid, ich muss jetzt gehen, diesen Termin kann ich nicht wahrnehmen." Das hat sich nicht überall durchgesetzt. Beim Jugendverband, der sich Familienwerte auf die Fahnen schreibt, geht das noch recht gut. Zudem muss ich bestimmt noch 17, 18 Jahre arbeiten. Für mich ist es eine Herausforderung, diese Zeit noch so zu gestalten, dass ich noch gefragt bin auf dem Arbeitsmarkt. Ich glaube nicht, dass ich noch bis zur Rente bei meinem Jugendverband arbeiten werde. Zurzeit bin mit meinen zwei kleinen Kindern sehr eingespannt und habe auch noch eine ältere Tochter, die ich regelmäßig besuche. Aber wenn mal mehr Zeit ist, würde ich sehr gern auch wieder mehr Musik machen und Texte veröffentlichen. In Zeiten des Internets ist beides ja auch nicht so schwer.
Frage: Was sind für Sie in ihrem Alltag die drei wichtigsten Dinge, ohne die sie nicht auskommen würden?
Finke: Ich brauche meine Familie, ich brauche (überlegt) noch ein bisschen Musik – entweder machen oder hören – und, ähm, drei? (Überlegt) Freunde! (Lacht)
Frage: Welche Bedeutung hat der Glaube für Sie?
Finke: Das ist eine gute Frage (überlegt). Das ist schwierig, zu sagen. Feiern wie die Taufe meines Sohnes Juri vor wenigen Wochen oder Weihnachtsgottesdienste sind wichtig. Aber es ist nicht so, dass ich besonders aktiv am Gemeindeleben teilnehme. Wenn, dann lebe ich den Glauben in der Katholischen jungen Gemeinde. Bei mir ist das stark über Institutionen und Rituale vermittelt. Ich kann nicht sagen, dass ich regelmäßig Zwiesprache halten würde. Aber ich empfinde die Musik als eine Brücke. Ich habe auch viel Kirchenmusik gemacht. Zwar meist bei den "Evangelen", aber das ist ja egal. Für mich gibt es eine Transzendenz und die spüre ich in der Musik. Beim Glauben ist mir wichtig die Möglichkeit, etwas Anderes zu denken, zu sein, zu spüren. Das ist das Entscheidende. Wenn man so will, fängt Glaube da an, wo man neben der Realität auch die anderen Möglichkeiten sieht. Es muss nicht so sein, wie es ist.
Frage: Welche Rolle spielt die Kirche in Ihrem Leben?
Finke: Man kann viel kritisieren an der Kirche als Institution, die es seit 2.000 Jahren gibt. Sie kann sich ändern und sie wird sich auch noch ändern. Aber diese Abkehr mancher Menschen von der Kirche, weil das jetzt alles gerade nicht so ist, wie es mir passt, kann ich nicht so nachvollziehen. Zu sagen "die sind jetzt nicht so, wie wir uns das vorstellen, jetzt gehen wir einfach" finde ich eine etwas kindische Vorstellung. Es geht ja nicht um einen Privatglauben. Genau deshalb gibt es die Diskussionen und Reibungen und deshalb sollten diese auch ausgetragen werden. Wenn jemand meint, er müsste das glauben, was ihm gerade passt, dann soll er das tun. Aber dafür braucht man keine Kirche.