Reinhold Meyers über sein Leben mit 70

"Ich will kein Pflegefall werden"

Veröffentlicht am 06.01.2015 um 23:55 Uhr – Von Janina Mogendorf – Lesedauer: 
Serie: 30-50-70

Das wichtigste für Reinhold Meyers ist seine Familie. Mit der will er noch viele gute Jahre verbringen. Aus dem Glauben Meyers schöpft zwar Kraft, aber er kennt auch Zweifel.

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Frage: Herr Meyers, wie alt fühlen Sie sich?

Meyers: Ich muss sagen, ich fühle mich älter als ich bin. Das liegt an verschiedenen chronischen Erkrankungen, die mir häufig körperliche Beschwerden bereiten.

Frage: Sind Sie im Reinen damit, wie Sie Ihr Leben bisher gelebt haben?

Meyers: Wenn ich zurückschaue bin tatsächlich überwiegend zufrieden mit meinem Leben. Natürlich hätte man das ein oder andere anderes machen können, aber im Ganzen gesehen, ist mein Leben bis heute gut verlaufen.

Frage: Was war der größte Fehler oder die schwierigste Situation Ihres Lebens?

Meyers: Ein großer Fehler war, dass ich den technischen Fortschritt verpasst habe. Ich habe das Gefühl, dass ich mich in der stark digitalisierten und globalisierten Welt nicht mehr zurecht finde. Das halten mir auch meine Söhne vor. Der jüngere ist berufsbedingt oft im Ausland unterwegs und die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten, ist zu chatten. Da tue ich mich sehr schwer.

Frage: Was war das größte Glück?

Meyers: Die Geburt unserer beiden Söhne mitzuerleben und sie als erster im Arm zu halten war für mich das größte Glück.

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Vom Zweiten Weltkrieg über das Wirtschaftswunder bis zum Mauerbau und dem sich ankündigenden gesellschaftlichen Wandel: In welchem politischen und gesellschaftlichen Kontext heute 70-Jährige groß geworden sind, zeigt der Zeitstrahl.

Frage: Was war eine Weiche in Ihrem Leben, die Sie heute gerne anders stellen würden?

Meyers: Wir haben bis vor vier Jahren auf dem Land gelebt und sind dann in die Großstadt gezogen. Auch wenn wir in einem ruhigen Gebiet in einem Vorort wohnen, stören uns die Abgase von der nahen Hauptstraße doch sehr. In den Hauptverkehrszeiten lassen wir die Fenster immer zu, wegen des Smogs. Da lebte es sich in unserem Eifeldorf doch besser.

Frage: Was erwarten Sie von Ihrem weiteren Leben?

Meyers: Ohne schwerwiegende körperliche Gebrechen alt zu werden und kein Dauerpflegefall zu werden. Ich hoffe sehr, dass man mir das ersparen möge.

Frage: Was sind für Sie in Ihrem Alltag die drei wichtigsten Dinge, ohne die Sie nicht auskommen würden?

Meyers: Unsere familiäre Harmonie, das gemeinsame Frühstück, das meiner Frau und mir sehr wichtig ist und der tägliche Spaziergang. Bis vor einigen Monaten sind wir noch mehrmals am Tag mit unserem Hund vor die Tür gegangen. Als er im Frühjahr gestorben ist, habe ich das beibehalten.

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Frage: Welche Bedeutung hat der Glaube für Sie?

Meyers: Glaube ist für mich eine Möglichkeit, vom Alltag abzuschalten und mich innerlich zu sammeln. Am besten gelingt mir das in der Kirche, zum Beispiel bei Orgelkonzerten, die ich sehr liebe. Da kann ich stundenlang sitzen und die Stücke von Bach oder Haydn genießen…

Frage: Welche Rolle spielt die Kirche in Ihrem Leben?

Meyers: Als Kind bin ich gerne in die Kirche gegangen. Später als Erwachsener spielte sie eine untergeordnete Rolle für mich und ich war eher kritisch eingestellt. Ich fragte mich zum Beispiel während der Predigt im Familiengottesdienst: Wie kann der Pfarrer wissen wovon er spricht, er hat ja gar keine Erfahrung. Auch wenn ich in der Bibel lese, fällt es mir schwer, die alten Verse ins Heute zu übersetzen. Trotzdem gehe ich in die Kirche, weil sie mir eine innere Ruhe im Leben verschafft.

Zur Person

Reinhold Meyers hat einen ganz besonderen Geburtstag: Er kam am 1. Januar 1944 in Bonn zur Welt. Zunächst lebte er mit seinem Vater, der Diplomat war, seiner Mutter und seinem Bruder viele Jahre in Italien und in der Schweiz. Heute wohnt er in Koblenz. Der Realschullehrer im Ruhestand ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.
Von Janina Mogendorf