Auftakt in Amman
Es war der bislang emotionalste Moment der ersten Nahost-Reise von Papst Franziskus: Am Ende seiner Begegnung mit jordanischen, syrischen und irakischen Gläubigen, mit Flüchtlingen und Behinderten an der Taufstelle in Bethanien sprang der Funke über. Ein müder Papst Franziskus verließ lächelnd das Podium, um eine Jordanierin im Rollstuhl zu segnen. Danach waren weder Menge noch Papst zu halten.
Wurzel des Bösen
Die Bilder erinnerten an den historischen Besuch von Papst Paul VI. vor 50 Jahren, als dieser von Menschenmassen getragen durch das Damaskustor in die Jerusalemer Altstadt einzog. Die wenigen jordanischen Sicherheitskräfte, unterstützt von Freiwilligen der Pfadfinder, hatten ihre Mühe, die Kette um den Papst aufrecht zu halten.
"Seid Zeichen der Hoffnung auch bei Schwierigkeiten", ermunterte Franziskus die Versammelten in seiner Ansprache. "Ihr seid im Herzen Gottes und meiner Gebete!", sprach er ihnen selbst Hoffnung zu. Damit und mit seiner scharfen Verurteilung des Waffenhandels als Wurzel des Bösen, den er spontan in den Redetext einfügte, traf Franziskus den richtigen Ton und die Herzen der vielen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak. Immer wieder erschallte Applaus, als die von Franziskus auf Italienisch vorgetragene Rede ins Arabische übersetzt wurde.
Das Gebet ist es, was sich am meisten von Franziskus ersehnen in einer Situation, in der Frieden im Syrien und anderen Konflikten des Nahen Ostens in weiter Ferne scheinen. "Papst Franziskus soll für uns beten und uns und unsere Kinder segnen", wünscht sich etwa Sadia aus dem Irak. Er möge seinen Einfluss in der Welt geltend machen, um ihnen zu Hilfe zu kommen.
Der vergessene Konflikt
Der wiederholte Aufruf des Papstes und ihrer Kirchenführer, trotz aller Schwierigkeiten dem Nahen Osten nicht den Rücken zu kehren, wiegt schwer auf den Flüchtlingen. "Er sagt uns, wir sollen bleiben. Was aber mit uns passiert, wenn wir bleiben, das weiß keiner", sagt Moris Gabro, ein junger Christ aus dem Nordosten Syriens. "Für den Irak und besonders für uns Christen dort gibt es keine Hoffnung mehr. Deshalb wollen wir weg, nach Australien", sagt die irakische Christin Sara.
Franziskus konnte in Bethanien auf Tuchfühlung gehen mit den Nöten der kleinen und bedrängten Herde. Und er fand die richtigen Worte für alle. Er dankte den Jordaniern und allen, die "denen helfen, die es nötig haben, ohne Unterschied in Glaubenszugehörigkeit, Ethnie oder Ideologie". Die Jungen ermutigte Papst Franziskus, mit ihrem Engagement und ihrer Empfindsamkeit am Aufbau einer Gesellschaft mitzuwirken, die respektvoll für die Schwachen ist. Die internationale Gemeinschaft forderte er auf, Jordanien angesichts des humanitären Notfalls nicht alleinzulassen und sich gegen Gewalt und Blutvergießen und für eine politische Lösung einzusetzen.
Die Jordanier zeigten keine sonderliche Angst um die Sicherheit ihres hohen Gastes. Die Einschränkungen durch die Sicherheitsmaßnahmen hielten sich in engen Grenzen und erlaubten am Ende des ersten Besuchstags eine innige Begegnung zwischen dem Kirchenoberhaupt und seinen Gläubigen, auf die viele so sehr gehofft hatten. Für die junge muslimische Lehrerin Abla, die mit einer Gruppe von Behinderten angereist war, zeigt dies auch, dass der Papst mit seiner Botschaft für Dialog und Einheit in Jordanien auf offene Türen stößt: "Wir sind hier, um zu zeigen, dass wir in Jordanien friedlich zusammenleben können, egal welcher Religion wir angehören. Unsere Koexistenz wollen wir der Welt zeigen!" Und so hieß es auch auf den T-Shirts der Gruppe: "Ich will Frieden nicht nur für mich allein."
Von Andrea Krogmann (KNA)