Weihbischof fordert gerechtere Impfstoffverteilung auf der ganzen Welt

Losinger: Auch mit Corona-Impfpflicht braucht es Überzeugungsarbeit

Veröffentlicht am 08.12.2021 um 11:49 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Sollte es eine Impfpflicht geben? Darüber wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Für den Augsburger Weihbischof Anton Losinger ist es mit einer Verpflichtung allein nicht getan. Und auch die globale Impfdimension müsse viel stärker in den Fokus.

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Nach Ansicht des Augsburger Weihbischofs und Ethik-Experten Anton Losinger muss auch bei einer möglichen Impfpflicht gegen Covid-19 weiterhin viel Überzeugungsarbeit für eine Impfung geleistet werden. Man müsse damit rechnen, "dass eine Impfpflicht etwa im professionellen Bereich dazu führt, dass wir in Dilemma-Situationen kommen", etwa dann, wenn sich ein großer Teil des Pflegepersonals dieser entzöge, sagte Losinger am Dienstag im Podcast "Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen. Angesprochen auf die Durchsetzung einer möglichen Impfpflicht in kirchlichen Pflegeeinrichtungen betonte Losinger den Vorrang der Bindung von Pflegepersonal. "Ehe ich ein Altenheim ohne Pfleger lasse, bleibt mir sozusagen nichts anderes übrig", erklärte das Mitglied der Ethikkommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Losinger plädierte zudem für eine Aufteilung des Impfstoffs, um auf globaler Ebene eine "möglichst hohe Effizienz des Schutzes von Leben und Gesundheit" zu erreichen. Dafür müsse auch die Pharma-Industrie mehr in die Pflicht genommen werden. "Es ist eine Highlevel-Forschung, die viel Geld kostet, aber die – wenn sie mit staatlichen Mitteln massiv subventioniert wird – auch eine entsprechende Verpflichtung mit sich bringt." Finanzstarke Weltunternehmen rief er auf, hier Unternehmensüberschüsse zu investieren. "Wir müssen lernen, dass wir erst dann als einzelne sicher sind, wenn alle sicher sind. Deshalb muss die globale Impfdimension ganz klar im Fokus sein."

Montgomery: "Impfstoff gibt es genug, wir haben ein logistisches Problem"

Auch Weltärztepräsident Franz Ulrich Montgomery forderte im Podcast eine gerechtere Impfstoffverteilung ein. "Wir müssen die Welt impfen, nicht nur uns selber", so der Weltärztepräsident. "Das Perverse ist eigentlich: Wir reden davon, ob wir von unserem Überfluss etwas abgeben können, und in Afrika, Asien und vielen Ländern der Welt gieren die Leute nach Impfstoff und kriegen ihn nicht", sagte Montgomery. "Impfstoff gibt es genug, wir haben ein logistisches Problem, wie wir ihn in die Oberarme der Menschen bekommen."

Montgomery kritisierte darüber hinaus die Preispolitik des US-amerikanischen Pharma-Unternehmens Pfizer. Statt großer Gewinne solle dieses dafür sorgen, den Impfstoff weltweit bezahlbar zur Verfügung zu stellen. Es sei "überhaupt nicht unanständig mit der Krankheit anderer Menschen Geld zu verdienen", so Montgomery. Allerdings sei es "extrem unanständig, mit der Krankheit anderer Menschen zu viel Geld zu verdienen".

In Deutschland hatten sich Bund und Länder am vergangenen Donnerstag darauf verständigt, dass der Bundestag "zeitnah" über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden soll. Der Ethikrat soll dazu bis Jahresende eine Empfehlung vorbereiten. Zudem gibt es vermehrt kirchliche Stimmen, die für eine Impfpflicht in Deutschland plädieren. Zuletzt zeigte sich der Münchner Kardinal Reinhard Marx offen für eine allgemeine Impfpflicht. Auch der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers hält die Pflicht, sich gegen Corona impfen zu lassen, für ethisch vertretbar. Ebenfalls sprach sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) für eine Impfpflicht aus. (cbr)