Kleriker oder Laie: Eine Warnung vor der Zwei-Klassen-Taufe!
Einige deutsche Diözesen beauftragen nun "Laien" zu ordentlichen Taufspender*innen, andere erwägen diesen Schritt. Motiviert sein dürfte er durch das faktische Aussterben des Klerus, dem weder durch eine Konzentration der Orte der Priesterausbildung, noch durch Gebete um geistliche Berufungen abzuhelfen ist: Solange das Label "katholisch" fast ausnahmslos negative Assoziationen provoziert, werden sich kaum junge Menschen finden, ein geistliches (und finanzielles) Gehorsamsverhältnis als attraktive Lebensoption in den Blick zu nehmen. Der selbstverschuldete Dinosaurierstatus der überkommenen Seelsorgerkaste ruft nach alternativen Akteuren im sakramentalen Geschäft. Die amtstheologisch ohnehin ausgesparten Berufsgruppen der Gemeinde- und Patoralreferent*innen rücken im Hinblick auf die ianua sacramentorum, die Taufe, in die erste Reihe.
Der Vollzug und die Bedeutung der Taufe haben im Laufe der Geschichte tiefgreifende Transformationen erlebt: Zu nennen wären der fortschreitende Siegeszug der Kleinkindtaufe statt der Glaubensakzeptanz Erwachsener im Taufbekenntnis und die semantische Umstellung von einer Eingliederung in den pneumatischen Christus, wie er sich in der kirchlichen Glaubensgemeinschaft geben möge, hin zu einer Befreiung von der Erbschuld. Aus diesem Grund muss die Taufe unbedingt sofort nach der Geburt gespendet werden – oder sogar mit der Taufspritze der Hebammen davor. Die hier grundgelegte Heilsnotwendigkeit der Taufe führte zur Logik der Nottaufe. Theologisch ist somit die Beauftragung von nichtgeweihten Taufspendern durch die Logik der Nottaufe allemal gedeckt: Jeder Mensch, ob Christ*in oder nicht, kann "gültig" die Taufe spenden, so sie oder er dies im Sinne der Kirche will und auf korrekte Weise vollzieht. Ob "Nottaufe" oder nicht: Die Einbeziehung der De-facto-Kleriker (Gemeinde- und Pastorlareferent*innen) in den Kreis der normalen Taufspender ist unbedingt zu begrüßen!
Die Wasser- und die Geisttaufe
Hinzu kommt bei den Wandlungen der Taufe die nicht zu unterschätzende zeitliche Trennung von Wasser- und Geisttaufe. Aus Letzterer entwickelte sich in der lateinischen Traditionsvariante ab dem Ende der Spätantike aus pragmatischen Gründen die Firmung. Die altkirchliche Taufkompetenz, die allein dem Bischof zukam, wurde notgedrungen an untergeordnete Kleriker delegiert. Diese durften mit Wasser taufen, die Geisttaufe als deren Besiegelung blieb dem Bischof vorbehalten; und dies eigentlich bis heute.
Ein gewisser Sturm im Wasserglas entbrennt nun bezüglich der postbaptismalen Chrisamsalbung, die bei der Taufspendung durch "Laien" entfallen soll (sie sollte es als faktische Doppelung mit der Firmung sowieso!): Damit würde sich eine Zwei-Klassen-Taufe ergeben, die es nicht geben darf. Die Erfahrungen aus dem längst etablierten Beerdigungsdienst durch nicht offiziell Ordinierte lässt zudem vermuten, dass auch die Akzeptanz des Taufsakramentes mehr mit der gelungenen Ausgestaltung der Feier zu tun hat als mit dem Weihestand der Feiernden. Was bleibt ist ein viel grundlegenderes Problem: Die eingeforderte christliche Erziehung der Neugetauften ist fast ausnahmslos frommes Wunschdenken; die Ernüchterung im Rahmen der Erstkommunionvorbereitung belegt dies unisono. Die vielfach als "Sakrament des Erwachsenwerdens" gefeierte Firmung muss deswegen oft bei null anzufangen, zumal man über den "Heiligen Geist" sowieso nicht so viel vorzubringen weiß.
Glaubensinhalte für den (kirchen-)kritischen Verstand
Ich schlage vor: Die Taufe möge in der nun um sich greifenden erweiterten Form ohne die Chrisamsalbung gespendet werden – als die Wassertaufe. Die Frustration der Erstkommunion, die in der Regel bis auf Weiteres auch die Letztkommunion ist, wird aufgegeben. Die Geisttaufe – die Firmung – wir mit dem ersten Empfang der Kommunion wieder kombiniert. Dadurch gewinnt man die Reihenfolge der Initiationssakramente zurück, die erst im Gefolge von Pius X. großflächig durchbrochen wurde. Über das Alter der getauften Firmand*innen mag man sich Gedanken machen; Fakt ist, dass mit Jugendlichen ein anderes qualitatives Niveau christlicher Unterweisung gefordert ist! Zugespitzt: Kein Brot backen, sondern "Butter bei die Fisch" – Glaubensinhalte für den (kirchen-)kritischen Verstand.
Der Bischof hat die Geisttaufe zu spenden! Keine delegierten Domkapitulare, die "violette Knöpfe" haben. Und: Er hat mit jedem der Firmand*innen ein Motivationsgespräch zu führen, bei dem auch die jungen Erwachsenen ihren Bischof auf Herz und Nieren prüfen werden: Eine reale Gelegenheit Rede und Antwort zu stehen außerhalb der binnenkirchlichen Bubble. "Die" Jugend, die vielgepriesene Zukunft der Kirche, will nicht mit vorgefertigten kirchlichen Angeboten beglückt werden, sie will überzeugt werden, warum die Zugehörigkeit unter dem Label "katholisch" in Frage kommen könnte. In dieser Hinsicht ist die Frage nach den Taufspender*innen nachranging, zumal die Theologie hochhält, dass bei jeder Taufe eigentlich Christus selbst tauft und die Getauften in seine pneumatische Existenz eingliedert. Zudem sollten sich die bischöflichen "Geistträger" konfrontieren lassen mit dem zu Unrecht geschmähten "Zeitgeist", der sich fraglos durch den Mund Jugendlicher artikuliert (und wer entscheidet zwischen Geist und Geist?) – ohne diese jungen Menschen gibt es keine Zukunft der Kirche, von kirchlichen Berufen ganz zu schweigen.