Pontifikats-Urkunde würdigt Ratzingers Einsatz gegen Missbrauch
Die offizielle Pontifikats-Urkunde für den verstorbenen Benedikt XVI. würdigt dessen Einsatz im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche. In der Urkunde, die dem Leichnam am Mittwochabend in den Sarg beigelegt wurde, heißt es: "Er kämpfte mit Entschlossenheit gegen Verbrechen, die von Vertretern des Klerus gegen Minderjährige und verletzliche Personen begangen wurden und rief die Kirche zu Umkehr, Gebet, Reue und Reinigung auf."
Der Vatikan veröffentlichte den Text am Donnerstagmorgen wenige Stunden vor Beginn des Requiems für den verstorbenen Ex-Papst. Weiter heißt es in dem als "Rogitum" bezeichneten Schriftstück, der Verstorbene habe als Theologe von anerkannter Autorität ein reiches Erbe an Schriften und Forschungen über die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens hinterlassen. Ferner würdigt die Urkunde den Einsatz des Papstes gegen den Relativismus und "den sich immer mehr ausbreitenden faktischen Atheismus".
In seinem Pontifikat habe er Gott und den Glauben ins Zentrum gestellt und durch die Veröffentlichung seiner drei Bücher über Jesus von Nazareth allen geholfen, Jesus Christus kennenzulernen.
"Mögest du für immer in Christus leben, Heiliger Vater!"
Weiter heißt es in der Urkunde, er habe den Dialog mit den Anglikanern, den Juden und den Anhängern anderer Religionen gefördert. Zudem habe er den Kontakt mit den Priestern der Piusbruderschaft wieder aufgenommen.
Ausführlich zitiert die Urkunde die lateinische Rücktrittserklärung vom 11. Februar 2013. Die knapp 10 Jahre seiner Existenz als emeritierter Papst fasst das Rogitum mit den Worten zusammen: "Er verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im Vatikan im Kloster Mater Ecclesiae und widmete sich Gebet und Meditation."
Abschließend hält die Urkunde in lateinischer Sprache die Lebens- und Regierungsdaten fest. In deutscher Übersetzung lauten die letzten Sätze: "Der Körper des Pontifex Maximus Benedikt XVI. lebte 95 Jahre, 8 Monate und 15 Tage. Er stand der universalen Kirche 7 Jahre, 10 Monate und 9 Tage vor, vom 19. April 2005 bis zum 28. Februar 2013. Mögest du für immer in Christus leben, Heiliger Vater!" (KNA)
katholisch.de dokumentiert den Wortlaut des lateinischen Rogitums in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan:
ROGITUM ZUM TOD
SEINER HEILIGKEIT BENEDIKT XVI., EMERITIERTER PAPST
OBITUS, DEPOSITIO ET TUMULATIO BENEDICTI PP XVI SANCTAE MEMORIAE
Im Lichte des auferstandenen Christus ist am 31. Dezember im Jahr des Herrn 2022 um 9.34 Uhr, als das Jahr zu Ende ging und wir uns anschickten, das Te Deum für die vielen Wohltaten des Herrn zu singen, der geliebte emeritierte Hirte der Kirche Benedikt XVI. von dieser Welt zum Vater heimgegangen. Die ganze Kirche begleitete ihn gemeinsam mit dem Heiligen Vater Franziskus im Gebet auf seinem Weg.
Benedikt XVI. war der 265. Papst. Sein Andenken bleibt im Herzen der Kirche und der ganzen Menschheit.
Joseph Aloisius Ratzinger, der am 19. April 2005 zum Papst gewählt wurde, wurde am 16. April 1927 in Marktl am Inn, in der Diözese Passau (Deutschland), geboren. Sein Vater war Gendarmerie-Kommissar und stammte aus einer niederbayerischen Bauernfamilie, deren wirtschaftliche Verhältnisse eher bescheiden waren. Seine Mutter war die Tochter von Handwerkern aus Rimsting am Chiemsee und hatte vor ihrer Heirat als Köchin in verschiedenen Hotels gearbeitet.
Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Traunstein, einer kleinen Stadt nahe der österreichischen Grenze, etwa 30 Kilometer von Salzburg entfernt, wo er seine christliche, menschliche und kulturelle Erziehung erhielt.
Die Zeit seiner Jugend war nicht einfach. Der Glaube und die Erziehung seiner Familie bereiteten ihn auf die harte Erfahrung der Probleme im Zusammenhang mit dem Naziregime vor, als ein Klima der starken Feindseligkeit gegenüber der katholischen Kirche in Deutschland herrschte. In dieser komplexen Situation entdeckte er die Schönheit und Wahrheit des Glaubens an Christus.
Von 1946 bis 1951 studierte er an der Hochschule für Philosophie und Theologie in Freising und an der Universität München. Am 29. Juni 1951 wurde er zum Priester geweiht und begann im folgenden Jahr seine Lehrtätigkeit an derselben Einrichtung in Freising. Anschließend war er als Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg tätig.
1962 wurde er als Assistent von Kardinal Josef Frings offizieller Experte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Am 25. März 1977 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising, und am 28. Mai desselben Jahres wurde er zum Bischof geweiht. Als bischöflichen Wahlspruch wählte er "Cooperatores Veritatis" (Mitarbeiter der Wahrheit).
Papst Montini ernannte ihn im Konsistorium vom 27. Juni 1977 zum Kardinal mit der Titelkirche Santa Maria Consolatrice al Tiburtino.
Am 25. November 1981 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Präfekten der Glaubenskongregation, und am 15. Februar des folgenden Jahres gab er die pastorale Leitung der Erzdiözese München und Freising ab.
Am 6. November 1998 wurde er zum Prodekan des Kardinalskollegiums ernannt und am 30. November 2002 zum Dekan, wobei er den Titel der suburbikarischen Kirche von Ostia übernahm.
Am Freitag, den 8. April 2005, leitete er die Beerdigungsmesse von Johannes Paul II. auf dem Petersplatz.
Von den im Konklave versammelten Kardinälen wurde er am 19. April 2005 zum Papst gewählt und nahm den Namen Benedikt XVI. an. Von der Segensloggia aus präsentierte er sich als "demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn". Am Sonntag, dem 24. April 2005, trat er feierlich sein Petrusamt an.
Benedikt XVI. stellte das Thema Gott und Glaube in den Mittelpunkt seines Pontifikats, indem er ständig auf der Suche nach dem Antlitz des Herrn Jesus Christus war und allen half, ihn kennenzulernen; insbesondere durch die Veröffentlichung des dreibändigen Werks "Jesus von Nazareth". Ausgestattet mit einem umfangreichen und profunden biblischen und theologischen Wissen, besaß er die außergewöhnliche Fähigkeit, aufschlussreiche Synthesen zu den wichtigsten lehrmäßigen und spirituellen Themen sowie zu entscheidenden Fragen im Leben der Kirche und der zeitgenössischen Kultur zu erarbeiten.
Er förderte erfolgreich den Dialog mit Anglikanern, Juden und Vertretern anderer Religionen und nahm auch die Kontakte zu den Priestern der "Gemeinschaft St. Pius X." wieder auf.
Am Morgen des 11. Februar 2013 verlas der Papst während eines Konsistoriums, das für ordentliche Entscheidungen über drei Heiligsprechungen einberufen worden war, nach der Abstimmung der Kardinäle folgende Erklärung in Latein: [es folgt der vollständige Text der Rücktrittsankündigung Benedikts; Anm. d. Übersetzers].
Bei der letzten Generalaudienz des Pontifikats am 27. Februar 2013 dankte er allen für den Respekt und das Verständnis, mit dem seine Entscheidung aufgenommen wurde, und versicherte: "Ich werde den Weg der Kirche weiterhin mit Gebet und Reflexion begleiten, mit jener Hingabe an den Herrn und seine Braut, die ich bisher jeden Tag zu leben versucht habe und die ich immer leben möchte."
Nach einem kurzen Aufenthalt in der Residenz Castel Gandolfo verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens im Vatikan, im Kloster Mater Ecclesiae, und widmete sich dem Gebet und der Meditation.
Das Lehramt von Benedikt XVI. ist in den drei Enzykliken Deus caritas est (25. Dezember 2005), Spe salvi (30. November 2007) und Caritas in veritate (29. Juni 2009) zusammengefasst. Er verfasste vier Apostolische Schreiben an die Kirche, zahlreiche Apostolische Konstitutionen, Apostolische Schreiben sowie die Katechesen bei den Generalaudienzen und Ansprachen, einschließlich jener, die während seiner 24 apostolischen Reisen um die Welt gehalten wurden.
Angesichts des immer weiter um sich greifenden Relativismus und praktischen Atheismus richtete er 2010 mit dem Motu proprio Ubicumque et semper den Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung ein, dem er im Januar 2013 katechetische Kompetenzen übertrug.
Er kämpfte entschlossen gegen Verbrechen, die von Geistlichen an Minderjährigen oder schutzbedürftigen Personen begangen wurden, und rief die Kirche immer wieder zu Umkehr, Gebet, Buße und Läuterung auf.
Als Theologe von anerkannter Autorität hat er ein reiches Erbe an Studien und Forschungen über die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens hinterlassen.
CORPUS BENEDICTI XVI P.M.
VIXIT A. XCV M. VIII D. XV
ECCLESIÆ UNIVERSÆ PRÆFUIT A. VII M. X D. IX
A D. XIX M. APR. A. MMV BIS D. XXVIII M. FEB. A. MMXIII
DECESSIT DIE XXXI M. DECEMBRIS ANNO DOMINI MMXXII
Semper in Christo vivas, Pater Sancte!
Celebrationum tumulationisque testes fuerunt
[Es folgen die Unterschriften mehrerer Zeugen der Sargschließung.]