Bei Weltsynode würden Risiken eingegangen, um Kirche aufzubauen

US-Nuntius: Viele denken, Papst Franziskus will Kirche zerstören

Veröffentlicht am 08.09.2023 um 11:46 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Nach Ansicht des Nuntius in den USA, Christophe Pierre, ist die zunehmende Polarisierung in der Kirche eine große Gefahr. Diese könne die Kirche töten. In der Weltsynode sieht er eine Chance, den Krisen in Gesellschaft und Kirche zu begegnen.

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Der Apostolische Nuntius in den USA und designierte Kardinal Christophe Pierre, hat Kritik an der Weltsynode zum Thema Synodalität zurückgewiesen. "Ich bin erstaunt, so vielen Menschen zuzuhören, die die Idee der Synodalität, der Synode, ablehnen, weil sie nicht wissen, worum es geht, und denken, dass der Papst zum Papst gewählt wurde, um die Kirche zu zerstören und die Schönheit der Kirche zu zerstören", sagte Pierre in einem Interview mit "Vatican News" (Donnerstag). Das tue der Papst aber nicht. Bischöfe und Laien würden sich nicht treffen, "um eine neue Kirche zu erfinden oder um neue Strukturen zu schaffen". Sie träfen sich vielmehr, um zu untersuchen, was bereits unternommen worden sei, um an der Basis besser zu evangelisieren.

Er sei voller Vertrauen, dass die Synode funktionieren werde. Als Christ müsse man heute einige Risiken eingehen. "Wir gehen Risiken ein, nicht um die Kirche zu zerstören, sondern um die Kirche aufzubauen", erklärte der Nuntius. "Seien wir ehrlich, die heutige Gesellschaft und die Kirche befinden sich in einer Art Krise." Viele vor allem junge Menschen verließen die Kirche und die Weitergabe des Glaubens sei nicht mehr so leicht. "Wir müssen also eine Art von Verbindung neu organisieren, und bei der Synodalität geht es um Verbindung."

"Selbst wenn die Menschen deine Idee nicht teilen, sind sie nicht deine Feinde"

Angesprochen auf die jüngste Kritik des Papstes an konservativen katholischen Gruppierungen in den USA, betonte der Nuntius, dass Polarisierung ein breites Thema sei, dass nicht nur die USA, sondern die ganze Welt betreffe. Die Gesellschaft funktioniere aber nur, wenn Menschen zusammenarbeiteten. Polarisierung entstehe, weil Menschen vor der Realität in ihre eigenen Ideen flüchteten. Diese Ideen würden dann zu Ideologien. Die Polarisierung in der Kirche sei jedoch eine Gefahr, "denn sie kann auch die Kirche töten, und sie bringt die Kirche sehr weit weg von dem, was sie sein sollte", so Pierre. "Selbst wenn die Menschen deine Idee nicht teilen, sind sie nicht deine Feinde." Daher lade Papst Franziskus ein, den Weg der Synodalität zu gehen.

Manchmal würden gute Standpunkte verabsolutiert, etwa beim Thema Lebensschutz. Wer sich nicht für den Lebensschutz einsetze, werde dann direkt zum Feind erklärt. "Wir vergessen, dass Pro-Life zu sein auch bedeutet, den Menschen konkret zu helfen, nicht nur eine Idee zu verteidigen, nicht nur eine politische Partei zu unterstützen, die Pro-Life ist, sondern auch vor Ort zu sein, ein Akteur, der die Werte verteidigt, denn wir sind nicht nur für einige Werte", betonte Pierre. "Die Kirche sollte also ein Ort innerhalb der Gesellschaft sein, ein Ort, an dem wir einen Dialog führen und so der Gesellschaft helfen können, ihre Probleme zu lösen."

Pierre wurde 1946 im französischen Rennes geboren, wuchs in Afrika auf, studierte in Rom und trat 1977 dem diplomatischen Korps des Heiligen Stuhls bei. Seit 2016 ist er Apostolischer Nuntius und damit Botschafter des Vatikan in den USA. Am 30. September wird Pierre von Papst Franziskus zum Kardinal erhoben. (cbr)