Geistliche suchten Sicherheit in Soutane und Alter Messe

Nuntius: Franziskus ist für einige US-Kleriker "Sündenbock für alles"

Veröffentlicht am 03.11.2023 um 11:31 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Der Nuntius in den USA, Christophe Pierre, ist "schockiert" über die Kluft zwischen US-Bischöfen und Papst Franziskus. Der Diplomat äußert sich auch zur Weltsynode und sagt, warum einige junge Priester Sicherheit in Soutane und Alter Messe suchen.

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Einige US-amerikanische Priester, Ordensleute und Bischöfe seien "furchtbar gegen Franziskus", als sei er "der Sündenbock für alles, was in der Kirche oder in der Gesellschaft schiefläuft". Das sagte der Apostolische Nuntius in den USA, Kardinal Christophe Pierre, in einem Interview mit der US-amerikanischen Jesuitenzeitschrift "America Magazine" (Donnerstag).

Um die offensichtliche Kluft zwischen den US-Bischöfen und dem Papst besser zu verstehen, müsse man etwas tiefer graben, so Pierre. Die Kirche befinde sich nämlich in einem Epochenwechsel, den die Menschen heute nicht verstünden. "Das könnte unter anderem der Grund dafür sein, dass die meisten jungen Priester heute noch davon träumen, Soutane zu tragen und die traditionelle alte Messe zu feiern, wie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil", so der Nuntius. Sie fühlten sich "in gewisser Weise verloren" in der heutigen Gesellschaft und suchten nach Sicherheiten: "Aber es sind nicht die Kirche oder die eigenen Gewohnheiten, die einen schützen."

Alte Messe als Zufluchtsort gefährlich

Der Nuntius ging auch auf die Frage nach der Feier der Alten Messe ein: "Man sagt, die jungen Leute mögen die Alte Messe. Das wirft die Frage auf, ob Liturgie nur etwas ist, das gefallen soll?" Wer Kirche und Liturgie als Zufluchtsort verstehe, sei in Gefahr, sich zu isolieren, so Pierre. “Die Kirche ist missionarisch und kein Reservat für Menschen, die sich wohlfühlen", betonte er.

Der Nuntius äußerte sich unter anderem zur Weltsynode, die ein "historischer Moment" für die Kirche sei. "Synodalität bedeutet nicht, die Lehre zu ändern. Sie ist vielmehr eine Methode", erklärte er. Und weiter: "Manche haben eine falsche Vorstellung von Synodalität, aber nicht der Papst". Ein Problem sieht er bei Journalisten, vor allem in den USA, die immer noch von "unterschiedlichen Lehren" zu Homosexualität oder Zölibat sprächen und eine "gewisse Zweideutigkeit aufrechterhalten". Es falle ihm jedoch schwer zu glauben, dass heute noch jemand sagen könne, die Synode sei eine Büchse der Pandora.

Kardinal Christophe Pierre ist seit 2016 Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten und wird diese Funktion auf Wunsch von Papst Franziskus auf absehbare Zeit weiter ausüben. Der im September ernannte Kardinal beschrieb Franziskus als "einen Mann mit Visionen". (mtr)