Standpunkt

Den Papst mit seinen eigenen Waffen schlagen

Veröffentlicht am 31.01.2024 um 00:01 Uhr – Von Roland Müller – Lesedauer: 

Bonn ‐ Sind die Amazonas-Kirchenkonferenz und der Synodale Ausschuss vergleichbar? Das behauptet jedenfalls Bischof Georg Bätzing. Roland Müller erkennt Unterschiede zwischen beiden Gremien – aber auch Gemeinsamkeiten, die den Papst überzeugen könnten.

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Versucht Bischof Georg Bätzing, den Papst mit seinen eigenen Waffen zu schlagen? Auf diese Idee könnte man kommen, wenn man den Beitrag des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in der Februar-Ausgabe der "Herder Korrespondenz" unter die Lupe nimmt. Dort vergleicht er den Synodalen Ausschuss und den noch zu gründenden Synodalen Rat mit der Kirchenkonferenz CEAMA in Amazonien. Er ist nicht der Einzige Vertreter des deutschen Reformprozesses, der dieses Narrativ verwendet. Auch Thomas Söding hatte vor drei Wochen in einem Online-Beitrag der Zeitschrift "Communio" mit Blick auf Kritik am Synodalen Weg auf synodale Strukturen andernorts verwiesen: "In Lateinamerika gibt es das schon, mit päpstlichem Segen." Die synodalen Gremien sozusagen als deutsche Version der Amazonas-Kirchenkonferenz?

Es muss festgehalten werden: In wesentlichen Punkten unterscheiden sich beide voneinander. Beim künftigen Synodalen Rat werden von Verbänden gewählte Laien gleichberechtigt mit den Bischöfen Entscheidungen treffen können, bei der Kirchenkonferenz Amazoniens ist lediglich eine Bestellung von Nicht-Geweihten durch die Bischofskonferenzen und andere Organisationen vorgesehen. In Deutschland stehen kirchliche Reformen aufgrund der Missbrauchskrise auf der Agenda, am Amazonas geht es um umwelt- und gesellschaftspolitische Themen – die sich jedoch nicht von generellen Fragen rund um die Kirche trennen lassen. Die Deutschen mussten wiederholt Kritik am Synodalen Weg aus Rom einstecken, während Papst Franziskus für Amazonien eine eigene Bischofssynode abhalten ließ und die Gründung des Novums Kirchenkonferenz ausdrücklich unterstützte.

Trotzdem ist der Vergleich beider Gremien seitens der Vertreter des Reformprozesses der Kirche in Deutschland zutreffend – und klug gewählt. Denn er stellt die Bemühungen um Synodalität in den Vordergrund, die es sowohl in Deutschland als auch in der Amazonas-Region in großem Maße gibt. Beide Gremien – der Synodale Ausschuss und die CEAMA – sind mit der in ihnen gelebten Laien-Beteiligung Vorreiter für eine synodale Kirche und respektieren die besonderen Anforderungen der jeweiligen Ortskirchen. Der Vergleich von Bätzing, Söding und Co. ist auch eine Übersetzungshilfe des Synodalen Wegs für die römische Kurie, die in der Vergangenheit immer wieder Vorbehalte geäußert hatte – nicht zuletzt wegen unbegründeter Befürchtungen rund um die Leitungskompetenz von Bischöfen. Den vatikanischen Kirchenmännern sollte einleuchten, dass auch in Deutschland möglich sein muss, was in Amazonien erlaubt ist. Im Ringen um Synodalität und demokratische Kultur in der Kirche könnte der Heiligen Vater also durchaus von seinen eigenen Argumenten überzeugt werden.

Von Roland Müller

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.