ZdK-Präsidentin erwartet von Bischöfen Einsatz für Synodalen Ausschuss

Stetter-Karp: Schmerzt, dass der Papst deutsche Bemühungen nicht sieht

Veröffentlicht am 23.02.2024 um 10:24 Uhr – Von Christoph Paul Hartmann – Lesedauer: 

Berlin ‐ Es sei frustrierend, dass der Vatikan ein synodales Gremium am Amazonas zulasse, in Deutschland aber nicht, sagt ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp im katholisch.de-Interview. Nach dem Brief aus dem Vatikan wünscht sie sich bischöflichen Einsatz für den Fortgang des Synodalen Wegs.

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Es brauchte nur einen Brief aus dem Vatikan und die deutschen Bischöfe setzten bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung die Abstimmung über die Satzung des Synodalen Ausschusses ab. Nach dem Ende der Vollversammlung spricht die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, über die Zukunft des Synodalen Ausschusses und das Verhalten Roms.

Frage: Frau Stetter-Karp, aus Rom kam ein nächster Einwand gegen den Synodalen Ausschuss, gerade ging die Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe zu Ende. Wie blicken Sie nun auf die künftige Arbeit des Synodalen Ausschusses?

Stetter-Karp: Ich bin sehr nachdenklich bei der Frage, ob es uns gelingen wird, die bisherige gemeinsame konstruktive Arbeit zwischen den Laien und den Bischöfen in Deutschland weiterzuführen. Das ist unser gemeinsames Interesse. Der Brief aus Rom hat diese Arbeit aber konterkariert. Rom hat wiederholt Zerrbilder des Synodalen Weges aufgebaut. Unser Ziel, gemeinsam zu beraten und zu entscheiden, will die katholische Kirche in unserem Land stärken und die Teilhabe von Gläubigen als Ressource verstehen und nicht als Bedrohung. Wir werden nun die weiteren Schritte miteinander in unseren Gremien beraten.

Frage: Es gab nun schon einige "Neins" aus dem Vatikan. Einige Beobachter analysieren: Da gibt es kein Vermittlungsproblem, in Rom ist man schlicht gegen dieses Projekt.

Stetter-Karp: Leider hat es den Anschein, dass Synodalität in Rom nur auf abstrakter Ebene bejaht wird, wie etwa bei der Weltsynode. Wenn es aber konkret und handfest wird, dann kommt ohne Dialog auf den letzten Metern mit Macht die Bremse. Dadurch bleibt es konfliktbeladen – und dann gibt es für uns als ZdK auch Grenzen. Es ist bedrückend, dass wir nicht weiterkommen. Viele engagieren sich seit Jahren oder Jahrzehnten in der Kirche und haben für das, was hier geschieht, irgendwann kein Verständnis mehr. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es keine Antworten gibt, dass die Kirche stehen bleibt bei Standpunkten, die nicht zukunftsfähig sind. Die bisherige Antwort auf die Frauenfrage zum Beispiel taugt im 21. Jahrhundert nicht – weder für Frauen noch für Männer!

Frage: Wann würden Sie aus dem Synodalen Ausschuss aussteigen?

Stetter-Karp: Als ZdK-Präsidium haben wir uns verständigt, dass wir nicht weiter mitgehen würden, wenn auf grundsätzlicher Ebene das Ziel, gemeinsam zu beraten und zu entscheiden, fallen gelassen wird

Bischöfe bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Augsburg.
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz wurde nicht über die Statuten des Synodalen Ausschusses abgestimmt.

Frage: Wie viel Vertrauen haben Sie da noch in die Bischöfe?

Stetter-Karp: Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Mehrheit der deutschen Bischöfe unseren gemeinsamen Synodalen Weg weitergehen will. Die Frage ist eher, ob sich diese Haltung auch in Taten der Bischofskonferenz umsetzt.

Frage: Vier Bischöfe machen beim Synodalen Ausschuss bereits nicht mit. Würden Sie am Ende auch nur mit einer "Koalition der Willigen" zusammenarbeiten?

Stetter-Karp: Nach dem Ausstieg der vier Bischöfe tun wir das schon.

Frage: Gäbe es da eine Untergrenze, wie viele Bischöfe dabei sein müssten?

Stetter-Karp: Ich kann und will mich da nicht auf eine Zahl festlegen, das ist kein Schachspiel. Aber wir sehen ja in der jüngst veröffentlichten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die auch bei der Vollversammlung besprochen wurde: 96 Prozent der repräsentativ befragten Katholiken erwarten Reformen. Da ist die Frage, wo die Bischöfe, die jetzt nicht weiter mitgehen, in Verbindung zu ihren Gläubigen stehen! In "Evangelii gaudium" (2013) hat Papst Franziskus den Satz geprägt: "So haben die Evangelisierenden den 'Geruch der Schafe'." (EG 24) An diesem Satz will ich in dieser Situation gern erinnern.

Frage: Zuletzt gab es ganz verschiedene kritische Wortmeldungen. Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn wandte sich dagegen, dass die bischöfliche Amtsführung von der Entscheidung von Synodalgremien abhängig gemacht werde. Nuntius Nikola Eterović mahnte, die Kirche in Deutschland solle mehr nach außen und weniger nach innen schauen und Kardinal Walter Kasper warnte die Deutschen vor Lehrmeisterlichkeit. Was antworten Sie darauf?

Stetter-Karp: Ich verstehe nicht, woher die Aussage kommt, die Deutschen würden sich als Lehrmeister aufspielen. Ich kenne keine einzige Stimme von den Delegierten aus dem Synodalen Ausschuss, aber auch nicht aus der Synodalversammlung, die geäußert hätten: Wir machen jetzt vor, wie es alle machen sollten in den anderen Ländern und auf anderen Kontinenten. Vielmehr ist es doch so: Wo wäre die Kirche in Amazonien, wenn dort nicht gemeinsam von Laien und Bischöfen Schritte gegangen worden wären? Da gibt es eine Konferenz, die vom Papst genehmigt wurde, die nicht nur berät, sondern auch entscheidet. Es gibt also durchaus andere Länder, die ihre Wege gehen. Wir verbinden uns mit diesen Menschen, wir schreiben ihnen nichts vor. Von daher sehe ich nicht, was diese Kritik soll. Wir suchen für uns einen Weg, wir maßen uns nicht an, den Weg für andere zu kennen.

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Ein Wort scheint bei den aktuellen Reformdiskussionen in der Kirche in aller Munde zu sein: Synodalität. Aber was bedeutet Synodalität und wie kann sie gelebt werden?

Audio: © Brüwer, CHristoph

Frage: Gerade der Vergleich mit der amazonischen CEAMA zeigt es: Dort wird etwas zugelassen, in Deutschland unterbunden. Ist das nicht frustrierend?

Stetter-Karp: Ja, das ist natürlich frustrierend. Wo sind verlässliche Kriterien, die für alle gelten? Ich möchte aber auch daran erinnern, dass die CEAMA ein Jahr lang auf eine Genehmigung des Vatikans drängen musste. Dort hat sich Papst Franziskus zuletzt persönlich für das Projekt eingesetzt. Offensichtlich hat der Papst mit der Kirche in Deutschland ein Problem. Da es leider nie direkte Gespräche gab, haben wir keine Chance, direkt Einfluss zu nehmen. Es schmerzt, dass er unsere wirklich ernsthaften Bemühungen nicht sieht.

Frage: Bald ist nun ein weiteres Treffen von Vatikan-Vertretern mit deutschen Bischöfen geplant. Auch Sie haben um ein Treffen gebeten. Mit welchen Gefühlen schauen Sie darauf?

Stetter-Karp:  Wenn es eines mit uns Laien geben würde, wäre das eine große Überraschung für mich. Bislang waren wir dem Vatikan nicht mal eine Antwort wert, als wären wir nicht existent. Für die Bischöfe wird es in Rom darum gehen, Vertrauen zu bekommen für den Weg, den die katholische Kirche in Deutschland geht.

Frage: Im Juni war eigentlich das nächste Treffen des Synodalen Ausschusses geplant, über dessen Satzung die Bischöfe nun nicht abgestimmt haben. Was passiert jetzt: Würden sie einfach ohne Satzung weiterarbeiten?

Stetter-Karp: Ich kann mir das im Moment nicht vorstellen. Denn ich habe da eine Reihe von grundsätzlichen Bedenken. Wir müssen über das weitere Vorgehen innerhalb des ZdK und mit den Bischöfen diskutieren. Das werden wir zeitnah tun.

Von Christoph Paul Hartmann