NRW-Landesregierung schafft preußisches Kirchenvermögensgesetz ab
Die nordrhein-westfälische Landesregierung will den Weg für eine Regelung des Kirchenvorstandsrecht durch ein kirchliches Gesetz freimachen. Am 1. Juli soll das preußische Vermögensverwaltungsgesetz außer Kraft gesetzt werden, das bisher die Arbeit der Kirchenvorstände in Nordrhein-Westfalen regelt, wie aus dem am Mittwoch in einer Landtagsdrucksache veröffentlichten Antrag hervorgeht. Das bisherige staatliche Gesetz soll dann in den NRW-Bistümern durch kirchliche Vermögensverwaltungsgesetze ersetzt werden, die ebenfalls am 1. Juli in Kraft treten sollen. Nordrhein-Westfalen ist das letzte Bundesland, in dem die Kirchenvorstände noch durch ein staatliches Gesetz geregelt sind. Der Landtag soll auf seiner Plenarsitzung am 15. Mai über den Gesetzesentwurf beraten.
In den vergangenen Jahren haben die NRW-Bistümer in einem breit angelegten Beteiligungsprozess den Entwurf des neuen kirchlichen Vermögensverwaltungsgesetzes ausgearbeitet. Im vergangenen Frühjahr stellten die Diözesen einen finalen Entwurf vor. Das Erzbistum Paderborn teilte am Mittwoch mit, dass das oberste Ziel der Reform sei, dass die Vermögensverwaltung in den Kirchengemeinden und Gemeindeverbänden flexibler und heutigen Bedürfnissen entsprechend erfolgen könne. "Am bewährten System gewählter Kirchenvorstände wird dabei festgehalten."
Änderungen bei Zusammensetzung und digitalen Sitzungen
Wichtige Änderungen in den neuen Kirchenvorstandsgesetzen sind eine Verkürzung der Amtszeiten von sechs auf vier Jahre, die Wahl aller Mitglieder in einer Wahl statt einer Wahl jeweils der Hälfte der Mitglieder alle drei Jahre sowie eine Verkleinerung der Kirchenvorstände auf mindestens fünf gewählte Mitglieder. Außerdem gehören der Pfarrer und eine Vertretung aus dem Pfarrgemeinderat dem Kirchenvorstand an. Die neuen Gesetze tragen auch der Digitalisierung Rechnung: So kann künftig per E-Mail zu den Sitzungen eingeladen werden und hybride oder rein digitale Sitzungen regulär möglich werden. Eine feste Geschlechterquote gibt es nicht, auf der Vorschlagsliste soll aber auf eine ausgewogene Berücksichtigung der Geschlechter geachtet werden. Wählbar sind in Zukunft auch der Gemeinde verbundene Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht auf dem Gebiet der Gemeinde wohnen.
Der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzesentwurf betont, dass die bisherige Regelung durch ein staatliches Gesetz der grundgesetzlichen Ordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche widerspricht. Die im bisherigen Gesetz vorgesehenen staatlichen Aufsichtsbefugnisse und Genehmigungsvorbehalte sind nach Einschätzung der Landesregierung verfassungswidrig und nichtig. Daher soll mit der Aufhebung der Gesetze "der unbedingten Verfassungspflicht nachgekommen werden, die verfassungswidrigen und damit nichtigen Gesetze deklaratorisch aufzuheben und den von ihnen ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen", so der Antrag.
Kritik an fehlenden Kontrollinstanzen
Zu dem von den Bistümern vorgelegten kirchlichen Gesetzesentwurf gibt es auch Kritik. Eine Petition, die bislang knapp 900 Menschen unterzeichnet haben, sieht durch die neuen Regelungen eine Stärkung der Bistumsleitungen zu Lasten der Kirchenmitglieder. Kritisiert wird eine größere Flexibilität der Bistümer bei der Um- und Neugestaltung von Kirchengemeinden. Der staatliche Genehmigungsvorbehalt für die Errichtung und Erweiterung von Gemeindeverbänden fällt weg. "Es fehlt ein unabhängiges Gremium, das diese große Macht kontrolliert." Nach Willen der Petition soll diese Aufgabe der diözesane Kirchensteuerrat wahrnehmen. Außerdem wird das Fehlen eines kirchlichen Verwaltungsgerichtswegs beklagt. Bisher sieht das Gesetz den Weg zum staatlichen Oberverwaltungsgericht vor. Kirchliche Verwaltungsgerichte gibt es in Deutschland nicht.
Der Kirchenvorstand nimmt die im Universalkirchenrecht vorgesehene Aufgabe eines Vermögensverwaltungsrat wahr. Abweichend vom Universalkirchenrecht und anerkannt durch päpstliches Indult beraten die Vermögensverwaltungsgremien in Deutschland nicht nur den Pfarrer, sondern entscheiden auch über die Mittelverwendung. (fxn)