Mara Klein über Synodalen Ausschuss: Hoffe, Symbolwirkung zu haben
Schon bei den Synodalversammlungen in Frankfurt ist Mara Klein als einzige diverse Person augefallen. Von der Versammlung wurde er*sie auch in den Synodalen Ausschuss gewählt. Vor der zweiten Sitzung des Gremiums hat er*sie jetzt eine prominente Rolle bekommen: Zusammen mit Bischof Georg Bätzing, Irme Stetter-Karp und Bischof Peter Kohlgraf bildet Mara Klein das Präsidium des Synodalen Ausschusses. Im katholisch.de-Interview spricht er*sie über die Arbeit des Gremiums und die Hoffnung auf Veränderungen in der Kirche.
Frage: Zwischen der ersten und der zweiten Sitzung des synodalen Ausschusses wurden Sie in das Präsidium des Gremiums gewählt. Warum haben Sie sich zur Wahl aufstellen lassen?
Klein: Wir haben gemeinsam entschieden – das ist auch in der Satzung festgehalten –, dass das Präsidium des Synodalen Ausschusses durch zwei weitere Mitglieder ergänzt werden soll und dass dies möglichst generationen- und geschlechtergerecht geschehen soll. In diesem Sinne habe ich mich in Absprache mit anderen dazu bereit erklärt, zu kandidieren. Ich denke, das ist ein Zeichen ganz im Sinne dessen, wofür der Synodale Weg und der Synodale Ausschuss stehen.
Frage: Was bedeutet es für Sie denn, wenn von vier Personen im Präsidium jetzt eine divers ist?
Klein: Was bedeutet es für Frau Stetter-Karp (Irme Stetter-Karp gehört als Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zum Präsidium, Anm. d. Red.), dass von vier Personen eine weiblich ist und dass zwei Priester und kein nicht-geweihter Mann Teil des Präsidiums ist? Ich denke schon, dass es wegweisend ist für das, was wir zu erreichen versuchen: eine Kirche der Vielfalt und der Partizipation. Das soll zumindest formal auch im Präsidium ersichtlich werden, obwohl diese Vielfalt und Partizipation strukturell in der Kirche noch nicht gegeben sind. Dass das zumindest symbolisch da ist, bedeutet hoffentlich auch etwas für unsere Arbeitsweise.
Frage: Schon bei der Synodalversammlung haben Sie als einzige diverse Person für eine in der Kirche bislang häufig unsichtbare Gruppe gesprochen. Spüren Sie da Druck, dem gerecht werden zu müssen?
Klein: Ja, der Druck ist immer da. Ich bin mir bewusst, dass ich häufig die erste trans Person oder erste non-binäre Person bin, die einem Menschen begegnet und dass von der Begegnung mit mir – ob bewusst oder unbewusst – abhängt, wie diese ganze Gruppe wahrgenommen wird. Ich weiß, dass ich dem nie gerecht werden kann. Ich kann nicht für eine ganze Gruppe sprechen. Ich bin auch nicht repräsentativ für diese Gruppe. Trotzdem hoffe ich, eine Symbolwirkung zu haben, die trans Menschen, diversen Menschen und nicht-binären Menschen in der Kirche mehr Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeitsgefühl gibt.
Frage: Haben Sie bei den Begegnungen beim Synodalen Weg mit anderen Synodalen – und vielleicht auch gerade mit Bischöfen – ein Umdenken wahrgenommen?
Klein: Ja, ich erlebe schon eine Nachdenklichkeit. Vor allem erlebe ich einen großen Respekt vor mir als Person. Ich bin sehr dankbar, einer Atmosphäre des Lernens zu begegnen, einer Atmosphäre, in der ich korrigieren kann und wo das angenommen wird. Das sind alles Dinge, die in einer idealen Welt vorausgesetzt wären, aber in einer Gesellschaft, in der einem häufig eher Aggressionen begegnen, meist nicht so auftreten. Sowohl die CDU, als auch die AfD haben in ihren Programmen, dass nicht gegendert werden soll. Genderverbote wurden zuletzt von CDU/CSU-Regierungen durchgesetzt. Ich finde es daher schon ein Zeichen, wenn das bei einem so herausgehobenen Gremium wie dem Präsidium geschieht. Das gibt mir Mut und Hoffnung.
Frage: Gesamtkirchlich scheint das aber eher die Ausnahme zu sein. Wie gehen Sie damit um, dass in Vatikan-Dokumenten noch immer von "Gender-Ideologie" die Rede ist?
Klein: Damit gehe ich auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich um. Als Wissenschaftler*in, der*die zu diesem Thema arbeitet, zunächst wissenschaftlich-theologisch. Das erleichtert es mir auch ein bisschen, weil ich das System Vatikan besser verstehen kann. Persönlich sehe ich es aber schon mit Sorge, welche Überschneidungen es da zum Beispiel mit dem AfD-Wahlprogramm gibt, wo dieselbe Terminologie verwendet wird. Ich versuche auch Sichtbarkeit zu schaffen und Aufklärungsarbeit zu leisten, beispielsweise in Workshops. Es muss ein Bewusstsein dafür entstehen, dass das Menschen sind und keine Ideologie.
„Auch eine römische Intervention ist ja ein Ergebnis. Das zeigt, dass wir anstoßen.“
Frage: Wie erleben Sie bisher die Sitzungen des Synodalen Ausschusses im Vergleich zu den Synodalversammlungen des Synodalen Wegs?
Klein: Bei der ersten Sitzung wurde schon deutlich, dass es ein kleineres Format ist. Aber es wurde auch deutlich, dass mittlerweile Synodalität eingeübt ist. Das läuft auf keinen Fall fehlerfrei und ohne Spannungen. Aber es würde mir auch Sorgen machen, wenn das so wäre. Ich glaube, dass sich nur durch die Irritation etwas bewegen kann. Auf der einen Seite haben wir immer die Anspannung auf der Strukturebene, an die wir als Ausschuss ranmüssen. Auf der anderen Seite haben wir zwischenmenschlich eine Grundlage des Vertrauens. Das entspannt auch den Umgang miteinander an vielen Stellen, so ist mein Eindruck. Synodalität wird Normalität.
Frage: Warum liegen Ihnen denn grundsätzlich der Synodale Weg oder auch der Synodale Ausschuss so am Herzen?
Klein: Der Katholizismus ist eine Heimat, in die ich reingetauft wurde, die mir sehr viel gegeben hat, aber mich an vielen Stellen eben auch eingrenzt. Und da bin ich im Vergleich zu vielen anderen noch in einer sehr privilegieren Position. Ich möchte, dass Kirche künftig das, was sie zu bieten hat, auch anderen anbieten kann. Dazu gehören auch Minderheiten. Ich möchte eine Kirche sehen, die vorangeht, wenn es um Menschenrechte geht. Zu sehen, dass sich da etwas bewegt, gibt auch in Bezug auf andere Strukturen Hoffnungen, dass sich etwas ändern kann.
Frage: Der Vatikan wollte im Nachgang der ersten Sitzung des Synodalen Ausschusses verhindern, dass die Bischofskonferenz über Satzung und Geschäftsordnung des Gremiums entscheidet. Das war nicht das erste Mal, dass der Vatikan sich auf diese Weise in den Synodalen Weg eingemischt hat. Wie hoffnungsvoll sind Sie denn, dass es mit dieser Arbeitsweise überhaupt zu konkreten Ergebnissen kommen kann?
Klein: Auch eine römische Intervention ist ja ein Ergebnis. Das zeigt, dass wir anstoßen. Wenn es das nicht gäbe, würde ich sehr stark bezweifeln, dass wir überhaupt auf einem Weg sind, der Strukturen infrage stellt.