Olympia-Seelsorger: Athleten fühlten sich wegen Eröffnung verletzt
Der österreichische Priester und Olympia-Seelsorger Johannes Lackner hat auch bei einigen Teilnehmern in Paris Unverständnis über die mutmaßliche Abendmahlsszene bei der Eröffnungsfeier registriert. Athletinnen und Athleten hätten ihm im Olympischen Dorf gesagt, dass sie dadurch in ihren religiösen Gefühlen verletzt worden seien, sagte Lackner am Mittwoch im Interview mit der "Tagespost" (online). Er sei bei der Eröffnungsfeier im Boot des österreichischen Teams auf der Seine gewesen und habe von der Szene zunächst gar nichts mitbekommen. Erst zwei Tage später hätten ihn manche Sportlerinnen und Sportler darauf angesprochen.
"Wenn hier wirklich das Letzte Abendmahl parodiert wurde, war es unpassend, unnötig und unsensibel – ein Widerspruch auch gegen den Olympischen Geist", so Lackner weiter. Eine Veranstaltung, die für Frienden und Toleranz einstehe, könne nicht verspotten, was anderen Menschen heilig, "ja sogar das Heiligste" sei. "Die Freiheit der Kunst kann nicht so weit gehen, schon gar nicht bei Olympia, dass man die Geschwisterlichkeit verletzt und den Olympischen Frieden gefährdet." Hierbei habe das lokale Organisationskomitee wenig Gespür gezeigt und sich als wenig gastfreundlich erwiesen, betonte der Geistliche. Mancher Olympionike leide auch unter der Ambivalenz, dass keine religiösen Meinungsäußerungen erlaubt seien und entsprechende Tattoos abgeklebt werden müssetn, aber gleichzeitig bei der Eröffnungsfeier offenbar das Christentum parodiert worden sei.
Dennoch völkerverbindendes Sportfest
Generell erlebe er die Olympischen Spiele allerdings als ein völkerverbindendes Sportfest, erklärte Lackner. "Ich bin jeden Tag im Olympischen Dorf und stehe für alle zur Verfügung, die das wollen." Mit einem Athleten habe er mehrere Stunden über den Glauben gesprochen und mit mehreren Olympioniken vor ihrem Wettkampf gebetet und sie gesegnet. Der Priester erklärte, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) ein "Multi-Faith-Center" vorschreibe, wo jede Religionsgemeinschaft einen Gebetsraum hab. Dort würden auch täglich in mehreren Sprachen christliche Gottesdienste und Heilige Messen gefeiert. "Die Heiligen Messen sind ganz gut besucht, was mich sehr freut."
Travestiekünstlerinnen und -künstler hatten am vorvergangenen Freitag bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris auf einer Brücke über der Seine eine Szene dargestellt, die vielfach als das letzte Abendmahl Christi mit seinen Jüngern interpretiert wurde. Die Darbietung sorgt seit mehr als einer Woche für Diskussionen und hat vor allem bei Kirchenvertretern Kritik ausgelöst. Der Regisseur der Eröffnungszeremonie, Thomas Jolly, erklärte in der Folge, er habe weder das Christentum verhöhnen wollen noch das Abendmahl gemeint. Es sei viel ihm mehr um die Darstellung des griechischen Gottes Dionysos gegangen. Diese Interpretation wurde von zahlreichen Kirchenvertretern in Zweifel gezogen. Auch einige der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler bestätigten, dass durchaus das Gemälde "Das Letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci parodiert werden sollte.
Zuletzt zeigte sich auch der Heilige Stuhl betrübt über die Szenen. Am Samstagabend teilte er mit, dass er sich den Stimmen anschließe, die in den vergangenen Tagen die Beleidigung vieler Christen und Gläubiger anderer Religionen beklagt hätten. "Bei einem prestigeträchtigen Ereignis, bei dem sich die ganze Welt um gemeinsame Werte versammelt, sollte es keine Anspielungen geben, die die religiösen Überzeugungen vieler Menschen lächerlich machen." 24 Bischöfe und drei Kardinäle forderten in einem Offenen Brief eine Entschuldigung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die deutschen Bischöfe hatten zuvor einen versöhnlicheren Ton angeschlagen. Das IOC habe inzwischen klargestellt, "dass aufseiten der Veranstalter keine Absicht bestanden habe, religiöse Menschen vor den Kopf zu stoßen", erklärte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Nun sollten der Sport und die Leistungen der Athletinnen und Athleten im Mittelpunkt stehen. (mal)