Jurist: Ampel-Vorstoß zu Abschaffung der Staatsleistungen unklug
Die Ampelkoalition ist nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers Hans Hofmann schlecht beraten, die Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen ohne enge Abstimmung mit den Ländern voranzutreiben. "Man kann die Rechnung nicht ohne den Wirt machen", sagte der Professor für öffentliches Recht an der Berliner Humboldt-Universität am Montag im Deutschlandfunk. Es seien schließlich die Länder, die die hohen Ablösesummen, die mit der Abschaffung der im Grundgesetz verankerten Staatsleistungen verbunden wären, zu tragen hätten.
Es verstoße gegen das Gebot der Klugheit, wenn die Bundesregierung gegen den erklärten Willen der Länder ein solches Gesetz auf den Weg bringen wolle. Ende vergangener Woche war bekanntgeworden, dass die Ampelkoalition noch im Herbst einen Gesetzentwurf zur langfristigen Abschaffung der Staatsleistungen vorlegen will. Diese solle so gestaltet sein, dass der Bundesrat nicht zustimmen müsse. Hofmann erläuterte, dass für eine Umsetzung der Ablösung neben dem Bundesgesetz immer auch noch Gesetze auf Länderebene zwingend notwendig seien. Die Kirchen erhalten jährlich insgesamt rund 600 Millionen Euro von den Bundesländern als Entschädigung für rechtswidrige Enteignungen und Verstaatlichung von Kirchenbesitz zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Historische Begründung weiter gültig
Hofmann sagte, dass diese historische Begründung auch weiter trage und die Entschädigung über den langen Zeitraum noch nicht abgegolten sei: "Der Verlust der Erträge aus dem abgenommenen Grundbesitz besteht ja weiter fort." Eine Ablösung sei rechtlich nicht möglich, indem man die Zahlungen einfach einstelle, sondern sei immer mit einer Entschädigungszahlung verbunden.
Vonseiten der Länder kam Kritik am Vorstoß der Ampel. Angesichts der angespannten Haushaltslage seien Ablösezahlungen an die Kirchen in absehbarer Zeit finanziell nicht machbar. Die Kirchen stehen einer möglichen Ablösung offen gegenüber. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mahnte aber, dass nur eine gemeinsame Lösung mit den Ländern sinnvoll sei.
Hofmann verwies darauf, dass die Kirchen Träger zahlreicher Altenheime, Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen seien, deren Finanzierung durch ein Ende der Staatsleistungen auf der Kippe stünde. Daran könne der Staat kein Interesse haben: "Ich bin ganz sicher, dass die Länder und der Bund klug genug sind, die großen Leistungen der Kirchen als Daseinsvorsorge-Träger zu schätzen." (KNA)